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Einwohnerwehren
in Magdeburg
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Februar 1919, Vollmacht von Gustav Noske für
Franz Seldte[1]:
Der Inhaber dieses, Herr Fabrikbesitzer
Oberleutnant der Reserve Seldte, beabsichtigt, für Magdeburg die
listenmäßige Aufstellung einer Einwohnerwehr aus allen Schichten der
Bevölkerung, insbesondere der Arbeiter, im Einverständnis mit den örtlichen
Behörden durchzuführen und die Ausrüstung derselben mit Hilfe des
Generalkommandos IV, AK vorzubereiten und sicherzustellen. Die
Einwohnerwehr ist militärisch an die Gardekavallerie-Schützendivision angegliedert.
gez. Noske, Reichswehrminister.
gez. Pabst, Hauptmann und 1. Adjutant in
der Gardekavallerie-Schützendivision.
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[2]:
"Freiwillige vor! Eilet zu den Waffen!"
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Aufruf des Rats
der Volksbeauftragten von Braunschweig, April 1919[3]
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Die Gefahr für Braunschweig naht! Wenn auch
nur ein Schuß beim Einmarsch der Regierungstruppen fällt, wird das zur
Folge haben, daß großes Blutvergießen und unendliches Verderben über die
Stadt Braunschweig hereinbricht. Arbeiter, Bürger und alle Personen müssen
es als ihre heiligste Pflicht ansehen, den anrückenden Truppen keinen
Widerstand entgegenzusetzen. Damit kein Schuß losgehen kann, gewollt oder
ungewollt, ist es erforderlich, daß sofort alle Waffen, die sich in Händen
einzelner Personen befinden, abgeliefert werden. Beachtet diese Mahnung!
Niemand behalte eine Waffe im Haus! Jede Waffe in unberufener Hand kann zum
Verhängnis für die ganze Stadt werden. Nochmals, liefert jede Waffe ab!
Liefert die Waffen ab bei der Polizeidirektion, Münzstraße, und in den
Kasernen! Folgt dieser Mahnung unverzüglich! Wartet keine Minute! Liefert
alle Waffen ab!
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Gesetz über den
1. Mai[4]
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7. April, Theodor Lewald, Entwurf:
Der 1. Mai gilt im Sinne reichs- und
landesrechtlicher Vorschriften als allgemeiner Feiertag. [...]
10. April, veränderter Entwurf:
Der 1. Mai wird zum Nationalfesttage
erklärt […]. Es ist jetzt die Zeit gekommen, den ideellen Wünschen der
Volksmassen, einmal im Jahre einen Tag feiern zu dürfen zu Ehren der großen
Gedanken der Arbeiterwohlfahrt und des Völkerfriedens, gerecht zu werden
[…]. Geboren aus den Nöten und aus den stürmischen Wünschen dieser schweren
Zeit soll der von der Republik Deutsches Reich jetzt einzuführende
Weltfeiertag ein Signal sein für alle Völker, ihre Aufwärtsbewegung
lediglich zu suchen auf den Bahnen fortschreitender Kultur und Gesittung.
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Eduard David, 15. avril 1919[5]
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Wir fordern einen allgemeinen Feiertag, der
den hohen Idealen des internationalen Arbeiterschutzes und des Weltfriedens
geweiht sein soll. Dem internationalen Charakter dieses Tages entsprechend
soll dahin gewirkt werden, daß dieser Feiertag ein Weltfeiertag werde. Als
geeigneter Tag dafür wird der 1. Mai in Vorschlag gebracht. Der 1. Mai ist
ein uralter Naturfesttag, ein hohes Kulturideal ist hineingelegt: die
Befreiung von der Fron einer übermäßigen Arbeitszeit als der Voraussetzung
eines hohen Kulturdaseins. Die moderne kapitalistische
Wirtschaftsentwicklung bedrohte Millionen von Menschen mit gesundheitlichen
Schädigungen und persönlicher Versklavung, Dagegen bäumte sich der Wille
der zum Kulturbewußtsein erwachten Arbeiterschaft auf. Das Kantsche Sittengesetz,
daß der Mensch seinen Mitmenschen nicht als bloßes Mittel zum Zweck
mißbrauchen dürfe, rang nach Anerkennung. Diese hohen Gedanken lagen der
Forderung des Achtstundentages zugrunde. Die Revolution hat der deutschen
Arbeiterschaft mit einem Schlage die Erfüllung dieser Forderung gebracht.
Aber diese Forderung muß wie alle anderen sozialpolitischen Forderungen
auch international gesichert werden. Der 1. Mai, bisher ein Kampffeiertag
der proletarischen Arbeiterschaft, soll nunmehr ein allgemeiner Volksfeiertag
werden. Das Gefühl politischer Gleichberechtigung und sozialer
Ebenbürtigkeit aller Diener der Volksgemeinschaft soll an ihm gepflegt
werden. Noch werden erbitterte Kämpfe geführt zwischen Parteien und
Schichten in unserem Volke. Aber der ernste Wille, auf der neuen
politischen Grundlage die Gegensätze zu überwinden, sollte von allen Seiten
gefördert und am 1. Mai zum Ausdruck gebracht werden. Ein in diesem Geiste
gefeierter 1. Mai wäre ein Volksfeiertag im edelsten Sinne des Wortes. Und
noch einem zweiten Ideal gilt der 1. Mai: dem Ideal einer dauernden
Gemeinschaft der Völker. Auch dafür hat die Arbeiterschaft aller Länder
seit Jahrzehnten am 1. Mai demonstriert. Die Forderung eines dauernd
gesicherten Weltfriedens ist heute eine der dringendsten und brennendsten
Forderungen der internationalen Politik geworden. Die lebende Generation,
die draußen oder in der Heimat diesen Krieg durchlebt hat, will keinen
Krieg mehr. Sie will aber auch, daß ihre Kinder und Kindeskinder vor
ähnlichen Katastrophen bewahrt bleiben. Das deutsche Volk in seiner
überwältigenden Mehrheit ist einig in dem Willen, keinen Krieg mehr
zuzulassen. Anders steht es freilich noch mit den siegreichen Völkern. Dort
sind Machtpolitiker an der Arbeit. Würden ihre Pläne durchgesetzt, so wäre
ein dauernder Weltfriede unmöglich. Nur aus der Grundlage eines gerechten,
auch für das deutsche Volk annehmbaren Friedens kann die Gewähr seiner
Dauer geschaffen werden. Das soll am 1. Mai als der entschlossene Wille des
gesamten deutschen Volkes allen Feinden eines dauernden Völkerfriedens zum
Bewußtsein gebracht werden. Die werktätigen Volksmassen in allen um Kriege
beteiligten Ländern haben furchtbar gelitten, auch in den siegreichen
Ländern. Wir rufen sie auf den Plan als die starken Träger und Schützer des
Gedankens eines aus dem gleichen Recht für alle Völker aufgebauten
Weltfriedensbundes. Jetzt ist die weltgeschichtliche Stunde. Der Krieg hat
bankerott gemacht für alle Zeiten. Die Regierung nimmt den demokr.-soz.
Antrag an. So möge das deutsche Volk sich rüsten zur allgemeinen Feier des
1. Mai. Möge es sie gestalten zu einer machtvollen Bekundung des Willens
zum Frieden im Innern unserer Volksgemeinschaft zum dauernden Frieden von
Volk zu Volk.
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Karl Hildenbrand,
15. April 1919 (Auszüge)[6]
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Meine Herren, wir begrüßen mit großer
Genugtuung und mit Freude, daß die neue Reichsregierung die Initiative
ergriffen hat, den seit 30 Jahren von weiten Volkskreisen geforderten
Weltfeiertag der Arbeit für das neu erstandene Deutsche Reich zu einem allgemeinen
gesetzlichen Feiertag zu machen; wir begrüßen es auch, daß die Herren
Konservativen diese Gelegenheit wahrnehmen, durch eine namentliche
Abstimmung vor dem ganzen deutschen Volke zu demonstrieren, wie ablehnend
sie den großen idealen Gedanken des 1. Mai gegenüberstehen. (Sehr gut!
bei den Sozialdemokraten.) Der Internationale Sozialistische Arbeiterkongreß
vom Jahre 1889 in Paris hatte die Arbeiter aller Länder aufgefordert, dafür
zu wirken, daß die grundlegenden Kulturforderungen des Proletariats ‑ die
Verkürzung der Arbeitszeit in der Industrie auf acht Stunden und die
Durchführung des internationalen Arbeiterschutzes im Interesse der gesamten
Arbeiterschaft ‑ alljährlich den Behörden aller Länder zur
Erfüllung unterbreitet würden. Die deutschen Arbeiter haben diese, nach
ihrer Meinung außerordentlich wichtigen Forderungen mit heiligem Ernste
aufgenommen; sie haben beschlossen, für diese Forderungen alljährlich am
1. Mai öffentlich Zeugnis abzulegen. [...]
Wir hätten gewünscht, daß alle bürgerlichen
Parteien mit uns zusammen den Gesetzesvorschlag der Regierung akzeptiert
hätten. Wir hätten dadurch erreicht, daß jeder Grund für die Arbeiterschaft
in Wegfall gekommen wäre, auch in Zukunft den l. Mai auf dem Wege des
Kampfes zu einem allgemeinen Weltfeiertag zu machen. Leider hat sich diese
unsere Hoffnung nicht erfüllt. Die Rechte ist auch heute noch nicht
willens, die in unseren Bestrebungen enthaltenen idealen Wünsche, die wir
am 1. Mai seither zum Ausdruck gebracht haben, anzuerkennen. [...]
Wir bedauern außerordentlich, daß es nicht
möglich war, den Gesetzentwurf der Regierung ohne wesentliche Debatte
einstimmig in diesem Hause zur Annahme kommen zu lassen und bedauern, daß
wir gezwungen sind, uns Zur Herbeiführung einer Mehrheit für die gesetzliche
Festlegung des 1. Mai als Feiertag mit den anderen Parteien auf dem
Wege des Kompromisses zu verständigen. Uns kommt es darauf an, in der
gegenwärtigen Zeit, in der die Mitwirkung des gesamten Volkes nötig ist,
jede Entzweiung des Volkes die größte Gefahr für unseren Wiederaufbau ist,
auch den 1. Mai als ein Mittel zur Vereinigung und Zusammenführung des
gesamten Volkes zu benutzen. [...]
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major Ernst Hesterberg,[7]:
Mit einem Staatskommissar wie Hörsing läßt
sich in solchen Augenblicken gut militärisch arbeiten. Mühsam ist es
zunächst nur, ihm seine politischen Bedenken auszureden.
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[8]
"die Erlösung von Preußen und die Vereinigung mit
unseren Stammesbrüdern"
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Präsidium des Großen Rats[9].
"Irreführung der Arbeiterschaft"
[...] Die Generalstreikaufforderung geht
nicht von der Leitung des Großen Arbeiter- und Soldatenrates aus. Er
fordert die Arbeiter auf, sich nicht in Verwirrung bringen zu lassen und
nur der Aufforderung ihrer berufenen Instanzen Folge zu leisten [...]
Nosketruppen sind nicht da. [...]
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Oberschlesien, O. Hörsing, Verbot [10]:
in der Öffentlichkeit die Frage der
Loslösung Oberschlesiens vom Deutschen Reich oder die Selbständigmachung
Oberschlesiens zu erörtern oder in der Presse darüber zu schreiben.
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Gustav Noske
(SPD), 25. Juni 1919[11]
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Die Aufstände in Hamburg, die Wühlereien
und schweren Streikausschreitungen in Berlin und anderen Orten veranlassen
mich zu folgendem Befehl:
1. Aufstände sind mit allen Mitteln schnellstens
niederzuschlagen, wenn nötig unter rücksichtsloser Anwendung von
Waffengewalt.
2. Bei Streiks in gemeinnützigen Betrieben, deren Fortführung für
die Allgemeinheit lebensnotwendig ist, kann mit militärischen Machtmitteln
der Betrieb aufrechterhalten werden. Die Freiheit zur Arbeit ist überall zu
schützen.
3. Bei Streiks auf Eisenbahnen ist die Durchführung der
notwendigsten Transporte nötigenfalls unter Anwendung von Waffengewalt zu
erzwingen.
Ich behalte mir vor, gegen Aufständische
das verschärfte Standrecht zu verhängen.
Noske, Reichswehrminister.
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Versailler
Vertrag, 28. Juni 1919 - Friedensbedingungen (Auszüge)[12]
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Die Vereinigten Staaten von Amerika, das
Britische Reich, Frankreich, Italien und Japan,
die in dem gegenwärtigen Vertrag als die
alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet sind,
Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Cuba,
Ecuador, Griechenland, Guatemala, Haiti, Hedschas, Honduras, Liberia,
Nicaragua, Panama, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der
serbisch-kroatisch-slovenische Staat, Siam, Tschecho-Slowakien und Uruguay,
die mit den oben erwähnten Hauptmächten die
alliierten und assoziierten Mächte bilden,
einerseits
und Deutschland
andererseits
in Anbetracht, daß auf den Antrag der
Kaiserlich Deutschen Regierung am 11. November 1918 von den alliierten und
assoziierten Hauptmächten Deutschland ein Waffenstillstand zum Zweck eines
Friedensschlusses bewilligt worden ist,
daß die alliierten und assoziierten Mächte
gleicherweise den Wunsch haben, anstelle des Krieges, in den sie
nacheinander mittelbar oder unmittelbar verwickelt worden sind, und der in
der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien vom 28. Juli 1914 und in
den Kriegserklärungen Deutschlands an Rußland vom 1. August 1914 und an
Frankreich vom 3. August 1914 sowie in dem Einfall in Belgien seinen
Ursprung hat, einen festen, gerechten und dauerhaften Frieden treten zu
lassen;
[...]
über die folgenden Bestimmungen
übereingekommen:
Mit dem Inkraftreten des gegenwärtigen Vertrags
nimmt der Kriegszustand ein Ende.
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Versailler
Vertrag, 28. Juni 1919 - Bestimmungen über die Land-, See- und
Luftstreitkräfte. (Auszüge)[13]
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Um den Anfang einer allgemeinen
Beschränkung der Rüstungen aller Nationen zu ermöglichen, verpflichtet sich
Deutschland zur genauen Befolgung nachstehender Bestimmungen über die
Land-, See- und Luftstreitkräfte.
[...]
Alle in diesem Vertrag enthaltenen
Bestimmungen über die Land-, See- und Luftstreitkräfte, für deren
Ausführung Fristen vorgesehen sind, werden von Deutschland unter der
Kontrolle von interalliierten Kommissionen ausgeführt, die zu diesem Zweck
von den alliierten und assoziierten Hauptmächten ernannt werden.
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Versailler
Vertrag, 28. Juni 1919 - Wiedergutmachungen (Auszüge)[14]
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Die alliierten und assoziierten Regierungen
erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten
als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche
die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge
des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten
aufgezwungenen Krieges erlitten haben.
Die alliierten und assoziierten Regierungen
erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands nicht ausreichen, um die
vollständige Wiedergutmachung aller dieser Verluste und aller dieser
Schäden sicherzustellen, indem sie der ständigen Verminderung dieser
Hilfsmittel Rechnung tragen, die sich aus den anderen Bestimmungen dieses
Vertrages ergibt.
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Versailler
Vertrag, 28. Juni 1919 - Arbeit (Auszüge)[15]
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Da der Völkerbund die Begründung des
Weltfriedens zum Ziele hat und ein solcher Friede nur auf dem Boden der
sozialen Gerechtigkeit aufgebaut werden kann,
da ferner Arbeitsbedingungen bestehen, die
für eine große Anzahl von Menschen mit so viel Ungerechtigkeit, Elend und
Entbehrungen verbunden sind, daß eine den Weltfrieden und die Welteintracht
gefährliche Unzufriedenheit entsteht, und da eine Verbesserung dieser
Bedingungen dringend erforderlich ist, zum Beispiel hinsichtlich der
Regelung der Arbeitszeit, der Festsetzung einer Höchstdauer des
Arbeitstages und der Arbeitswoche, die Regelung des Arbeitsmarktes, der
Verhütung der Arbeitslosigkeit, der Gewährleistung von Löhnen, welche
angemessene Lebensbedingungen ermöglichen, des Schutzes der Arbeiter gegen
allgemeine und Berufskrankheiten sowie gegen Arbeitsunfälle, des Schutzes
der Kinder, Jugendlichen und Frauen, der Alters- und Invalidenversicherung,
des Schutzes der Interessen der im Ausland beschäftigten Arbeiter, der
Anerkennung des Grundsatzes der Freiheit gewerkschaftliche
Zusammenschlusses, der Gestaltung des beruflichen und technischen
Unterrichts und ähnlicher Maßnahmen,
da endlich die Nichtannahme einer wirklich
menschlichen Arbeitsordnung durch irgendeine Regierung die Bemühungen der
anderen, auf die Verbesserung des Loses der Arbeiter in ihrem eigenen Lande
bedachten Nationen hemmt,
haben die Hohen vertragschließenden Teile,
geleitet sowohl von den Gefühlen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit als
auch von dem Wunsche, einen dauernden Weltfrieden zu sichern, folgendes
vereinbart:
Es wird ein ständiger Verband begründet,
der an der Verwirklichung des in der Einleitung dargelegten Planes zu
arbeiten berufen ist.
Die ursprünglichen Mitgliedstaaten des
Völkerbundes sind zugleich die ursprünglichen Mitgliedstaaten dieses
Verbandes, später bringt die Mitgliedschaft im Völkerbunde die
Mitgliedschaft in dem genannten Verbände mit sich.
Der ständige Verband soll umfassen:
1. eine Hauptversammlung von Vertretern der Mitgliedstaaten,
2. ein Internationales Arbeitsamt unter Leitung des im Artikel
393) vorgesehenen Verwaltungsrats.
[...]
Die Hohen vertragschließenden Teile haben
in Anerkennung dessen, daß das körperliche, sittliche und geistige
Wohlergehen der Lohnarbeiter vom internationalen Standpunkt aus von höchster
Bedeutung ist, zur Erreichung dieses erhabenen Zieles die in Abschnitt I.
vorgesehenen und dem Völkerbund angegliederte ständige Einrichtung
geschaffen.
Sie erkennen an, daß die Verschiedenheiten
des Klimas, der Sitten und Gebräuche, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit
und industriellen Überlieferung die sofortige Herbeiführung der
vollständigen Einheitlichkeit in den Arbeitsverhältnissen erschweren. Aber
in der Überzeugung, daß die Arbeit nicht als bloße Handelsware betrachtet
werden darf, glauben sie, daß Verfahren und Grundsätze für die Regelung der
Arbeitsverhältnisse sich finden lassen, die alle industriellen
Gemeinschaften zu befolgen sich bemühen sollten, soweit ihre besonderen
Verhältnisse dies gestatten.
Unter diesen Verfahren und Grundsätzen
erscheinen den Hohen vertragschließenden Teilen die folgenden von
besonderer und Beschleunigung erheischender Wichtigkeit:
1. Der oben erwähnte leitende Grundsatz, daß die Arbeit nicht
lediglich als Ware oder Handelsgegenstand angesehen werden darf;
2. das Recht des Zusammenschlusses zu allen nicht dem Gesetz
zuwiderlaufenden Zwecken sowohl für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber;
3. die Bezahlung der Arbeiter mit einem Lohn, der ihnen eine nach
der Auffassung ihrer Zeit und ihres Landes angemessene Lebensführung
ermöglicht;
4. Annahme des Achtstundentages oder der 48-Stunden-Woche als zu
erstrebendes Ziel überall da, wo es noch nicht erreicht ist;
5. die Annahme einer wöchentlichen Arbeitsruhe von mindestens 24
Stunden, die nach Möglichkeit jedesmal den Sonntag einschließen soll.
6. die Beseitigung der Kinderarbeit und die Verpflichtung, für
die Arbeit Jugendlicher beiderlei Geschlechts so einzuschränken, wie es
notwendig ist, um ihnen die Fortsetzung ihrer Ausbildung zu ermöglichen und
ihre körperliche Entwicklung sicherzustellen;
7. der Grundsatz gleichen Lohnes ohne Unterschied des Geschlechts
für eine Arbeit von gleichem Werte;
8. die in jedem Lande über die Arbeitsverhältnisse erlassenen
Vorschriften haben allen im Lande sich erlaubterweise aufhaltenden
Arbeitern eine gerechte wirtschaftliche Behandlung zu sichern;
9. jeder Staat hat einen Aufsichtsdienst einzurichten, an dem
auch Frauen teilnehmen, um die Durchführung der Gesetze und Vorschriften
für den Arbeiterschutz sicherzustellen.
Die Hohen vertragschließenden Teile
verkünden nicht die Vollständigkeit oder Endgültigkeit dieser Grundsätze
und Verfahren, erachten sie jedoch für geeignet, der Politik des
Völkerbunds als Richtschnur zu dienen und, im Falle ihrer Annahme durch die
dem Völkerbund als Mitglieder angehörenden industriellen Gemeinschaften
sowie der Sicherstellung ihrer praktischen Durchführung durch eine
entsprechende Aufsichtsbehörde, dauernde Wohltaten unter den Lohnarbeitern
der Welt zu verbreiten.
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Versailler
Vertrag, 28. Juni 1919 - Arrangement [Vereinbarung] (Auszüge)[16]
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Vereinbarung
zwischen den Vereinigten Staaten von
Amerika, Belgien, dem Britischen Reiche und Frankreich
einerseits
und Deutschland
andererseits,
betreffend die militärische Besetzung der
Rheinlande
Auf Grund der ihnen durch ihre Regierungen
verliehenen Vollmachten sind die Unterzeichneten nach Maßgabe des Artikel
432 des am heutigen Tage unterzeichneten Friedensvertrags über folgende
Bestimmungen übereingekommen:
Artikel 1.
Gemäß Artikel 428 ff. des am heutigen Tage
unterzeichneten Vertrags halten die Streitkräfte der alliierten und
assoziierten Mächte als Bürgschaft für die Ausführung des genannten
Vertrags durch Deutschland die deutschen Gebiete weiter besetzt (so wie
diese Besetzung durch Artikel 5 des Waffenstillstandsabkommens vom 11.
November 1918 festgelegt und durch Artikel 7 des Zusatzabkommens vom 16.
Januar 1919 weiter ausgedehnt worden ist.).
Kein deutscher Truppenkörper, mit Ausnahme
der auf der Rückbeförderung begriffenen Kriegsgefangenen, hat zu den
besetzten Gebieten Zutritt, auch nicht im Durchgangsverkehr; doch können
Polizeikräfte in einer von den alliierten und assoziierten Mächten
bestimmten Zahl in diesem Gebieten zwecks Aufrechterhaltung der Ordnung
beibehalten werden.
Artikel 2.
Es wird eine Zivilbehörde unter der
Bezeichnung "Interalliierter Hoher Ausschuß für die Rheinlande",
die nachstehend als "Hoher Ausschuß" bezeichnet wird, errichtet;
sie ist, falls der Vertrag nichts Gegenteiliges bestimmt, in den besetzten
Gebieten der oberste Vertreter der alliierten und assoziierten Mächte. Sie
besteht aus vier Mitgliedern als Vertretern Belgiens, Frankreichs,
Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.
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