|   |                
  
   
    | Bekanntmachung,
    10. Januar 1919[1] |    
  
   
    | • | Einwohner Bremens! Die Entscheidung ist gefallen! Um nicht mit
    in den selbstmörderischen Zusammenbruch der kapitalistischen
    Wirtschaftsordnung hineingerissen zu werden, hat das werktätige Volk
    Bremens, das revolutionäre Proletariat, sein Schicksal in die eigene Hand
    genommen! Über Bremen ist das Standrecht verhängt! Die gesamte wirtschaftliche und politische
    Macht liegt in den Händen der proletarischen Volksregierung. Bremen ist eine selbständige sozialistische
    Republik! Der Senat ist abgesetzt! Alle im Besitz von Waffen befindlichen
    Bürger und Offiziere haben ihre sämtlichen Waffen bis Sonnabend, den
    11. Januar 1919, nachmittags 5 Uhr, im neuen Rathaus abzuliefern.
    Nach diesem Termin in unerlaubtem Besitz von Waffen betroffene Personen
    verfallen dem Standrecht! Alle Rangabzeichen sind sofort abzulegen.
    Diebstahl, Raub und Plünderung sind Verbrechen gegen die sozialistische
    Gemeinschaft! In Ausübung dieser Verbrechen betroffene Personen werden
    sofort erschossen! Jeder gegenrevolutionäre Versuch wird als Hochverrat mit
    sofortigem Erschießen geahndet. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit
    wird die Polizeistunde vorläufig auf 9 Uhr abends festgesetzt und der
    Ausschank von Wein und Spirituosen verboten! Einwohner Bremens! Alle getroffenen
    Maßnahmen dienen dem Schutz der Allgemeinheit. Sorgt selbst für die
    Durchführung der getroffenen Bestimmungen, dann ist der Bürgerkrieg eine
    Unmöglichkeit, dann ist die Durchführung der sozialistischen
    Wirtschaftsordnung gesichert, die Wohlfahrt der Gesamtheit gewährleistet. Bremen, den 10. Januar 1919. Der Rat der Volkskommissariate |   |    
  
   
    | Telegramme, 10. Januar
    1919[2] |    
  
   
    | • | Im Auftrage der am Freitag nachmittag auf
    dem Marktplatz versammelten Demonstranten hat der Rat der Volkskommissare
    Bremens folgende Telegramme abgesandt: An alle A.- und S.-Räte Deutschlands! Das Bremer Proletariat, empört über das
    Blutregiment der mit dem Ausbeutertum verbündeten Ebert-Regierung, hat sich
    heute, am 10. Januar 1919 losgesagt von jeder Gemeinschaft mit dem
    Blutterror der Bourgeoisie, der sich in Berlin im Kampfe gegen das
    Proletariat offenbart. Das Bremer Proletariat hat sein Geschick in die Hand
    einer eigenen proletarischen Volksregierung gelegt. Das Bremer Proletariat
    fordert den dortigen A.- und S.‑Rat auf, sich ihm im Kampfe
    gegen das Blutregiment des Bürgertums anzuschließen. Der Rat der Volkskommissare Bremens. An unsere Kämpfer für den Sozialismus in
    Berlin. Unseren Klassengenossen, die in unerhörtem
    Kampfe gegen das Blutregiment Ebert-Hindenburg stehen, unsern Brudergruß
    und die Sympathieerklärung der revolutionären Bremer Klassengenossen. Das
    Bremer Proletariat hat heute, am 10. Januar 1919, sein Geschick in die
    Hand seiner eigenen proletarischen Volksregierung gelegt und ist bereit,
    für seine Zukunft Seite an Seite mit seinen Berliner Klassengenossen im
    Kampfe gegen alle Ausbeuter sein Blut zu mischen. Rat der Volkskommissare Bremen. |   |    
  
   
    | Aufruf du Kommunist
    (Bremen), 10. Januar 1919 [3] |    
  
   
    | • | Kämpft mit! Arbeiterinnen und Arbeiter! In Berlin ist der erbittertste Machtkampf
    zwischen Bourgeoisie und Proletariat entbrannt. Zu ungeheuren Massen sind
    die Berliner Arbeiter aufgestanden gegen die heuchlerischste, gegen die
    verräterischste Regierung der Welt ‑ gegen das Regiment
    Ebert-Scheidemann. Die Berliner Arbeiterschaft will die Herrschaft der Sozialdemokraten
    nicht länger mehr dulden. Sie ist fest entschlossen, an ihre Stelle die
    Herrschaft, die Diktatur des Proletariats zu setzen. In Strömen ist Proletarierblut auf den
    Straßen Berlins geflossen, und mehr wird fließen. Die sozialdemokratische
    Regierung sammelt alles, was noch an unaufgeklärten, politisch verhetzten
    Elementen unter der Arbeiterschaft im Lande und was unter der Bourgeoisie
    im Lande bereit ist, für die Herrschaft dieser Klasse sein Leben in die
    Schanze zu schlagen ‑ alle diese Kräfte sammelt die
    sozialdemokratische Regierung, um mit ihrer Hilfe und den ihr zu Gebote
    stehenden schweren Geschützen den proletarischen Befreiungskampf in einem
    Meer von Blut zu ersticken. Die sozialdemokratische Regierung wird vor der
    Anwendung keines Mittels in diesem Kampf zurückschrecken. Sie hat es
    verschiedentlich in Proklamationen erklärt: mit allen Mitteln, mit jeder
    Gewalt werden wir kämpfen. Arbeiter und Arbeiterinnen! Wollt ihr dem Kampf des Berliner
    revolutionären Proletariats gegen die Blutregierung Ebert-Scheidemann müßig
    zusehen? Wollt nicht auch ihr diesen Kampf zu
    gleicher Stunde, mit gleicher Kraft, mit gleichem Feuer aufnehmen? Wollt
    ihr, während die sozialpatriotische Regierung eure Brüder in Berlin
    dahinmordet, mit ihren Vertretern in den Räten friedlich an einem Tisch
    verhandeln? Kann es für euch noch eine Zusammenarbeit
    in irgendeiner Form mit diesen Würgern und Mördern der proletarischen
    Revolution geben? Wollt ihr dulden, daß diese Betrüger und Verräter an euch
    noch irgendwo zu euren Klassengenossen sprechen, um sie zu verwirren und
    für die Verteidigung der Bourgeoisieinteressen zu gewinnen? Arbeiterinnen und Arbeiter! Ihr könnt in dieser Stunde nicht passiv
    bleiben. Ihr müßt in den Kampf, ihr müßt an die Seite der Berliner
    Arbeiterschaft treten. Legt die Arbeit nieder, und nehmt sie nicht
    eher auf, als bis die Regierung Ebert-Scheidemann zurückgetreten und
    gefesselt ist, so daß ihr wißt: sie und alle ihre Vertreter können sich dem
    Arbeitergericht nicht mehr entziehen, das über sie Urteile fällen wird.
    Vertreibt sie aus allen Räten und aus allen Ämtern, duldet keinen von ihnen
    mehr unter euch! Die Berliner Arbeiter kämpfen unter
    gleichen Parolen. Sie werden unterliegen, wenn ihr diesem Kampfe untätig
    zuseht, sie werden siegen, wenn ihr an ihre Seite tretet, wenn ihr ihn mit
    gleicher Leidenschaft, mit gleicher Rastlosigkeit und Unbeugsamkeit im
    Kleinen wie im Großen führt. Wir rufen euch zu: Kämpft mit! Auf zur Demonstration am Freitag, dem
    10. Januar, 4 Uhr nachmittags vor dem Rathaus. Es gilt, durch
    eine wuchtige Massenkundgebung nachstehende Forderungen durchzusetzen : 1.   Sofortige restlose Abdankung des Senats. 2.   Sofortige Einsetzung von Volkskommissariaten. 3.   Sofortiges Ausscheiden der Mehrheitssozialisten aus dem
    Arbeiterrat. (An deren Stelle werden Kommunisten und Unabhängige in ihren
    Mitgliederversammlungen je 30 Vertreter in den Arbeiterrat wählen.) 4.   Ausscheiden aller bürgerlichen Elemente (einschließlich der
    Regierungs- sozialisten) aus dem Soldatenrat. |   |      
  
   
    | Verordnung Gustav Noske, 11 Januar 1919[4] |    
  
   
    | • | Arbeiter! Soldaten!
    Bürger! Heute um ein Uhr sind 3 000 Mann mit
    starker Artillerie und Maschinengewehren durch Berlin und Charlottenburg
    marschiert. Die Regierung hat durch sie gezeigt, daß sie die Macht hat,
    euren Willen durchzusetzen, der von ihr ein Ende der Räubereien und des
    Blutvergießens verlangt. Auch hofft sie noch, daß ihre feste
    Entschlossenheit den Terror abschrecken wird, daß die Spartakisten einen
    Kampf um die geraubten Gebäude nicht aufnehmen, sondern die Schauplätze
    ihrer Schandtaten räumen werden. Täuscht diese Hoffnung auf Besinnung im letzten
    Augenblick, dann ist die Geduld der Regierung ebenso wie eure erschöpft.
    Ihr müßtet sie wegjagen, wenn sie auch nur einen Tag noch zögerte. Im Osten
    plündern spartakistische Banden im Auto mit vorgehaltenem Revolver die
    Straßen, ein Haus ums andere, während die Eichhornschen
    Sicherheitswehrmänner Wache stehen. Die letzte Maske, als handle es sich um
    eine politische Bewegung, ist gefallen. Raub und Plünderung entpuppt sich
    als letztes und einziges Ziel der Aufrührer. Arbeiter! Die Reichsregierung hat mir die Führung der
    republikanischen Soldaten übertragen. Ein Arbeiter steht also an der Spitze
    der Macht der sozialistischen Republik. Ihr kennt mich und meine
    Vergangenheit in der Partei. Ich bürge euch dafür, daß kein unnützes Blut
    vergossen wird. Ich will säubern, nicht vernichten! Ich will euch mit dem
    jungen republikanischen Heer die Freiheit und den Frieden bringen. Die
    Einigkeit der Arbeiterklasse muß gegen Spartakus stehen, wenn Demokratie
    und Sozialismus nicht untergehen sollen. |   |    
  
   
    | Flugblatt, 11. Januar
    1919[5] |    
  
   
    | • | Sieg des
    Sozialismus! Heute sind das Kohlensyndikat und der
    Zechenverband durch unsere Volkskommissare besetzt worden. Damit ist der
    erste Schritt zur Sozialisierung getan. Die Zentrale der kapitalistischen
    Ausbeutung und die Zwingburg der zechen - herrlichen Gewalt sind damit in
    die Hände des Volkes übergegangen. Da auch die Forderungen der
    gewerkschaftlichen Organisationen bewilligt sind, ist jeder Grund zum
    Streik weggefallen. Auf dieser Grundlage hat gestern die Konferenz der Streikausschüsse
    und Vertrauensleute sämtlicher Essener Zechen mit großer Mehrheit die
    Wiederaufnahme der Arbeit beschlossen. Bergarbeiter, der erste Schritt auf
    dem Wege zum Zukunftsstaat ist also getan. Wir werden den Weg entschlossen
    weitergehen. Helft uns durch Disziplin und sozialistische Einsicht. Nehmt
    geschlossen die Arbeit wieder auf! Der A.‑ u. S.‑R[at]
    Essen Die Sozialdemokratische Partei: Limbertz,
    Obermeyer, Trampenau Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei:
    Steinhauer, Baade, Göttmann Der Spartakusbund: Hammer, Triebel, König  |   |    
  
   
    | Aufruf,
    15. Januar 1919[6] |    
  
   
    | • | An die Bevölkerung
    des Ruhrkohlengebietes! Die Konferenz der A.‑ u. S.‑Räte
    des Ruhrkohlengebietes, die am 13. Januar unter Teilnahme von
    Vertretern aller gewerkschaftlichen Bergarbeiterorganisationen in Essen
    tagte, beschloß, die sofortige Sozialisierung des
    Kohlenbergbaues selbst in die Hand zu nehmen. In diesen kurzen Worten liegt
    eine Tatsache von ungeheurer Bedeutung. Damit ist die Revolution von der
    politischen zur sozialen, zur wirtschaftlichen Revolution geworden.
    Sozialisierung, das ist ein Wort, unter dem sich nicht jeder etwas
    vorstellen kann. Es bedeutet, daß die Ausbeutung des Arbeiters durch den
    Unternehmer ein Ende haben soll, daß die großen Betriebe dem Kapitalisten
    genommen und Eigentum des Volkes werden sollen. Niemand soll sich mehr
    mühelos an der Arbeit anderer bereichern können, allen Arbeitenden sollen
    die Früchte ihrer Arbeit selbst zugute kommen. Der Anfang soll gemacht
    werden bei den Bergwerken, bei den Bodenschätzen, die noch mehr als alles
    andere von Rechts wegen dem ganzen Volke und nicht einzelnen Bevorzugten
    gehören. Zur Durchführung der Sozialisierung ist von
    der Konferenz ein Volkskommissar, Landrichter Ruben, eingesetzt worden; ihm
    sind von jeder sozialistischen Partei, von der Mehrheitspartei, den Unabhängigen
    und der Spartakusgruppe, je drei Beisitzer zur Seite gegeben worden, die
    gemeinsam an die Aufgaben der Sozialisierung herangehen werden. Dieses selbe Bild, die gemeinsame
    ernsthafte Arbeit aller sozialistischen Gruppen an den praktischen Aufgaben
    der Sozialisierung, zeigte die ganze Konferenz, und es ist dringend
    notwendig, daß sich die gesamte sozialistische Arbeiterschaft des
    Industriegebiets und darüber hinaus zusammenfindet, um gemeinsam an diesem
    großen Ziel des Sozialismus zu arbeiten. Der Volkskommissar und seine Beisitzer
    sollen aber nicht wie die alten Behörden von oben herab alles anordnen,
    sondern sie sollen getragen sein von dem Vertrauen der ganzen Arbeiterschaft. Deshalb ist beschlossen worden, das Werk
    der Sozialisierung auf dem Rätesystem aufzubauen. Ihr braucht über dies
    Wort nicht zu erschrecken und dabei an Bolschewismus oder andere graulichen
    Sachen denken. Das Beschlossene bedeutet nichts anderes als die Erfüllung
    dessen, was die Bergarbeiter seit Jahrzehnten für ihre Vertretungen auf den
    Zechen gefordert haben. Ob man die Vertretung Ausschuß oder Rat nennt, ist
    gleichgültig. In jedem Steigerrevier soll ein Vertrauensmann der
    Arbeiterschaft gewählt werden, der die Angelegenheiten des Reviers,
    insbesondere die Festsetzung der Gedinge und die Überwachung der
    Arbeiterschutzvorschriften, zu überwachen hat. Sämtliche
    Reviervertrauensleute einer Schachtanlage wählen den Zechenrat, der mit der
    Betriebsleitung zusammen sämtliche Angelegenheiten der Schachtanlage
    regelt. Der Zechenrat soll bestehen aus einem technischen Beamten, einem
    kaufmännischen Beamten und bis zu drei Belegschaftsmitgliedern. Für jedes
    Bergrevier wird ein Bergrevierrat gewählt. Die 20 Bergrevierräte des
    Kohlengebiets wählen den Zentralzechenrat, der die Tätigkeit des Volkskommissars
    und seiner Beigeordneten überwacht. Durch diesen Ausbau der
    Arbeitervertretung ist die Mitbestimmung der Arbeiterschaft in den
    kleinsten wie in den größten Fragen gesichert. Eine der ersten Aufgaben des
    Volkskommissars wird es sein, in Gemeinschaft mit den Berufsverbänden der
    Bergleute tarifmäßig geregelte Lohnverhältnisse für das ganze Gebiet zu schaffen. Das kann
    natürlich nicht im Handumdrehen geschehen. Neben der Regelung der Lohnfrage
    muß auch auf eine Senkung der Preise für Lebensmittel Bedacht genommen
    werden, da ja Lohnsteigerungen zwecklos sind, wenn sie wie bisher von einem
    anhaltenden Steigen der Lebensmittelpreise begleitet sind. Im eigenen Interesse muß die Arbeiterschaft
    Disziplin und Solidarität beweisen, auch dann, wenn in der ersten Zeit nach
    dem ungeheuren Zusammenbruch des Krieges sich die Verhältnisse nicht so
    glänzend entwickeln, wie wir alle das wünschen möchten. Wir haben nunmehr
    die Gewißheit, daß wir nicht mehr für die Kapitalisten, sondern für uns und
    für die Volksgesamtheit arbeiten und daß nach gewissenhafter Prüfung der
    Verhältnisse durch die Beauftragten der Arbeiter selbst der Arbeiterschaft
    jede Verbesserung ihres Loses zuteil wird, die praktisch möglich ist. Unserem ganzen Volke geht es wie dem
    einzelnen kleinen Geschäftsmann, der aus dem Kriege zurückkehrt und sein
    Geschäft neu aufbauen muß. Unser Land steht vor einem ungeheuren
    wirtschaftlichen Trümmerhaufen, und nur ernste Arbeit und gewissenhafte
    Selbstzucht kann es aus dem Elend hinausführen. Wir treten nun an euch mit der Aufforderung
    heran, sofort überall dem Streik ein Ende zu machen. Die allergrößte und
    wichtigste Forderung ist erreicht: Die Bergwerke sind Volkseigentum
    geworden. Es gilt jetzt, das Erreichte auszubauen, damit jedem einzelnen
    Arbeiter die Früchte der Sozialisierung zugute kommen. Dieser Ausbau kann
    nur gelingen, wenn das Wirtschaftsleben in Gang bleibt. Wer heute, nach
    erfolgter Sozialisierung, noch streikt, schädigt sich selber und seine
    Arbeitskollegen. Er fällt uns in den Arm in dem Augenblick, wo wir
    endgültig aufräumen wollen mit dem Kapitalismus, er unterstützt den
    Kapitalismus und schädigt den Sozialismus. Arbeiter, haltet die Augen offen! Der Kapitalismus hat nur noch eine
    Hoffnung, daß das Werk der Sozialisierung an eurer Uneinigkeit zusammenbricht.
    Er wird bestochene Agenten unter euch schicken, die euch klarmachen sollen,
    mit der Sozialisierung sei euch nicht gedient, die euch unüberlegte
    Forderungen einblasen und euch zu wilden Streiks aufhetzen. Seht euch die Leute an, die jetzt noch nach
    der Sozialisierung zum Streik auffordern! Sie können nicht euer Gutes wollen. Alle
    eure Organisationen: die freien Gewerkschaften, die syndikalistischen
    Gewerkschaften und die christlichen Gewerkschaften, die Hirsch‑Dunckerschen
    und die polnischen, sind nach den Erklärungen ihrer Vertreter auf der
    Essener Konferenz für die Sozialisierung und gegen den Streik. Alle
    sozialistischen Parteien: die sozialdemokratische Mehrheitspartei, die
    Unabhängigen und der Spartakusbund fordern euch auf, die Arbeit aufzunehmen. Wer jetzt noch zum Streik auffordert, ist
    entweder ein gefährlicher Wirrkopf oder ein bestochener Agent des
    Kapitalismus. Nehmt euch in acht vor diesen Leuten und
    weist sie mit allem Nachdruck zurück! Laßt euch nicht terrorisieren von
    einer unaufgeklärten Minderheit, von unreifen Burschen, Wirrköpfen und
    Kapitalsknechten! Besinnt euch, daß ihr Männer seid, die wissen, was sie
    wollen! Verteidigt selbst eure neuerrungene
    sozialistische Freiheit! Wo es not tut, werden die Arbeiter- und
    Soldatenräte euch Schutz und Hilfe gewähren. Wir wollen keinen
    Militarismus; eure eigenen Volkswehren sind stark genug, den Sozialismus zu
    verteidigen. Geht unverzüglich an die Wahl der Betriebsräte. Die
    Wahlordnung wird in den Zeitungen bekanntgegeben. Die Betriebsräte sichern
    euch die Durchsetzung aller vernünftigen Forderungen. Der Streik wird
    dadurch zu einem veralteten Hilfsmittel. Rätesystem ist besser als Streik. Eine der ersten Aufgaben des Rätesystems
    wird eine gleichmäßige, gerechte Lohnregelung für das ganze Gebiet sein.
    Habt Vertrauen zu euren selbstgewählten Führern! Einigkeit, Entschlossenheit und Einsicht
    tut not. Es ist uns gleich, zu welcher gewerkschaftlichen Organisation, zu
    welcher politischen Gruppe ihr gehört. Jeden klassenbewußten, jeden
    sozialistisch aufgeklärten Volksgenossen rufen wir auf zur gemeinsamen
    Arbeit. Wir wollen uns hindurchringen durch diese schwere Zeit. Wir wollen
    uns herausarbeiten aus dem Elend, in das der Kapitalismus und der
    Militarismus uns gestürzt haben. Wirkliche Freiheit, Wohlstand des ganzen
    Volkes, dauernder Völkerfriede, das sind die Ziele unserer gemeinsamen
    Arbeit. Die Arbeiter- und Soldatenräte des
    Industriegebietes IA : Arbeiter- und Soldatenrat, Essen Baade (Unabh. Soz.) König (Spartakusbund) Limbertz (Soz. -Dem. Partei)  |   |      
  
   
    | Aufruf Gustav
    Noske, 14. Januar 1919[7] |    
  
   
    | • | An die Bewohner
    Berlins! Der gestrigen Besetzung des Stadtteils
    Moabit folgt heute in breiter Front der Einmarsch beträchtlicher
    Truppenmengen in die Stadt. Alle westlichen Vororte sind gleichfalls besetzt
    oder durch Bürger- und Volkswehren geschützt. Arbeiter, Soldaten, Bürger! Die von mir
    geführten Divisionen sind nicht Werkzeuge der Konterrevolution, dienen
    nicht der Unterdrückung, sondern werden die Befreiung von unerhörtem
    terroristischen Druck bringen, unter dem die Masse der Bevölkerung Berlins
    zu leiden hatte. Sicherheit der Person und des Eigentums, Freiheit der
    Presse und ungehinderte Ausübung des höchsten staatsbürgerlichen Rechts,
    der Wahl zur Nationalversammlung, will ich unbedingt sicherstellen. Neuen Gewalttätigkeiten der Spartakusleute
    und verbrecherischer Elemente muß durch die Waffengewalt vorgebeugt werden.
    Ich fordere die Bevölkerung Berlins auf, die Truppen nach Kräften zu
    unterstützen und den Anordnungen der militärischen Leiter Folge zu leisten. Dazu ist erforderlich: 1.   Die von dem Rat der Volksbeauftragten angeordnete Übergabe der
    Waffen wird vom 15. Januar ab durch die in Berlin einrückenden
    beziehungsweise dort bereits vorhandenen Truppen und Wehren in Verbindung
    mit der Polizei durchgeführt werden. Hierzu werden Durchsuchungen von
    Häusern und Wohnungen stattfinden. 2.   Jede Ansammlung auf der Straße ist untersagt. Den Anweisungen
    der Posten und Straßenpatrouillen für das Freihalten der von den Posten
    begangenen Räume und der von geschlossenen Truppenteilen zu beschreitenden
    Straßen ist unbedingt Folge zu leisten. 3.   Der Verkehr auf den Straßen bei Dunkelheit, aber auch während
    der Tagesstunden ist auf das unbedingt nötige zu beschränken. 4.   Das städtische Fernsprechnetz wird in nächster Zeit in weitem
    Umfange zu militärischen und politischen Zwecken ausgenützt werden. Ich
    ersuche daher das Publikum, den Fernsprecher nur zu dringend nötigen Dienst
    und Geschäftsgesprächen zu benutzen. 5.   Im Hinblick auf die unerhörten Zustände der letzten Zeit
    ersuche ich alle Mitbürger, dahin einzuwirken, daß die Waffenabgabe schnell
    und reibungslos durchgeführt wird, damit die Ruhe und Ordnung in der
    Hauptstadt wiederhergestellt wird. Der Oberbefehlshaber Noske |   |      
  
   
    | • | G. Noske, Telegramm [8]: Seiner treuen Stütze und dessen jungen
    Gemahlin sendet die herzlichsten Glückwünsche Reichswehrminister Noske
    nebst Chef des Stabes Major v. Gilsa. |   |    
  
   
    | Vorläufige
    Regelung der Kommandogewalt, 19 Januar 1919 (leicht gekürzt)[9] |      
  
   
    | • | Vorläufige Regelung
    der Kommandogewalt und Stellung der Soldatenräte im Friedensheer. ‑ Für mobile Verbände bleiben
    besondere Regelungen vorbehalten. ‑ 1. Die oberste Kommandogewalt hält der
    vom Zentralrat der deutschen sozialistischen Republik gewählte Rat der
    Volksbeauftragten inne.  2. Die Ausübung der Kommandogewalt
    überträgt der Rat der Volksbeauftragten, soweit er nicht unmittelbare
    Befehle erteilt, dem preußischen Kriegsminister. Die Festsetzungen der
    Reichsverfassung finden auf ihn sinngemäß Anwendung. Dem Kriegsminister ist
    ein Unterstaatssekretär beigeordnet.  3. Der Kriegsminister ist dem Rat der
    Volksbeauftragten für die Art der Kommandoführung verantwortlich. Alle
    militärischen Dienststellen Preußens und die gemeinsamen des Reiches
    unterstehen dem Kriegsminister. Seinen Verfügungen und Anordnungen, die vom
    Unterstaatssekretär gegenzuzeichnen sind, haben alle Heeresangehörigen
    (einschließlich der Soldatenräte) des preußischen Kontingents Folge zu
    leisten. Für das bayrische Heer, sowie das württembergische und sächsische
    Kontingent kommt vorläufig die Reichsverfassung sinngemäß auch in dieser
    Hinsicht zur Anwendung.  4. Bei den höheren Verbänden, wie bei
    Truppen und sonstigen Formationen, üben die Führer die Befehlsgewalt aus.
    Sie sind der Reichsregierung und ihren unmittelbaren Vorgesetzten für ihre
    Tätigkeit verantwortlich.  5. Bei den Regimentern, selbständigen
    Bataillonen und gleichgestellten Formationen sind Soldatenräte zu wählen.
    Sie überwachen die Tätigkeit der Führer in der Richtung, daß die letzteren
    ihre Dienstgewalt nicht zu Handlungen gegen die bestehende Regierung
    mißbrauchen. Beim Erlaß allgemeiner, für die Dauer gültiger Anordnungen,
    die sich auf die Fürsorge für die Truppe, auf soziale und wirtschaftliche
    Fragen, auf Urlaub und Disziplinarsachen beziehen, wirken die Soldatenräte
    mit und zeichnen mit verantwortlich. Die rein militärischen Befehle, die
    sich auf Ausbildung, Führung und Verwendung der Truppen beziehen, gehen von
    den Führern allein aus; sie bedürfen keiner Gegenzeichnung eines
    Soldatenrates.  Bei den kleineren Einheiten (Kompagnien,
    nicht selbständigen Bataillonen usw.) wirken Vertrauensleute nach näherer
    Anordnung des Führers und des Soldatenrates des Regiments usw. bei der
    Fürsorge für die Truppe und Aufrechterhaltung der Manneszucht und Ordnung
    und des gegenseitigen Vertrauens mit.  6. Jedem Generalkommando steht ein
    Korpssoldatenrat für den Korpsbezirk zur Seite. Die Korpssoldatenräte
    stehen für die Truppenangelegenheiten des ganzen Korpsbezirks zu den
    Generalkommandos in gleichem Verhältnis, wie die Regimentssoldatenräte zu
    den Regimentsführern. Dem Korpssoldatenrate müssen alle Klagen der
    Truppensoldatenräte des Korpsbezirks zur Mitprüfung zugestellt werden. Die
    Entscheidung über Beschwerden trifft das Generalkommando nach Anhören des
    Korpssoldatenrates. Wird die Entscheidung von letzterem für schädlich
    gehalten, so kann er unmittelbar an den Unterstaatssekretär im Kriegsministerium
    berichten, der die Entscheidung des Kriegsministeriums herbeiführt. Gegen
    die Entscheidung kann Berufung bei der Regierung eingelegt werden.
    Korpssoldatenräte dürfen sich auch jederzeit an den Zentralrat wenden.  7. In Standorten mit mehreren
    Truppenteilen oder Formationen tritt ein Garnisonsoldatenrat zusammen. Er
    wirkt nach den Befehlen des örtlichen Generalkommandos mit dem Gouverneur,
    Kommandanten, oder Garnisonältesten in gleicher Weise zusammen wie ein
    anderer Truppensoldatenrat mit seinem Kommandeur, jedoch haben
    Garnisonältester und Garnisonsoldatenrat sich des Eingreifens in die
    Angelegenheiten der Truppenteile zu enthalten. Garnisonbefehle, die sich
    auf die militärische Fürsorge, Straßenordnung und Wachtdienst im Standort
    beziehen, sind von einem vom Garnisonsoldatenrat zu bestimmenden Mitgliede
    des Garnisonsoldatenrates mitzuzeichnen.  8. Den augenblicklichen örtlichen
    Verschiedenheiten des Wahlverfahrens und der Zusammensetzung der Räte sowie
    der Formen ihres Wirkens kann vorläufig weiter Rechnung getragen werden,
    aber unter Durchführung der Grundsätze der Ziffern 4 bis 7. Die
    Generalkommandos berichten unter Beifügung von Berichten einzelner Truppen-
    und Garnisonsoldatenräte über den tatsächlichen und den erwünschten
    zukünftigen Aufbau zum 1. Februar 1919 an das Kriegsministerium. Die
    Zahl der Mitglieder der Soldatenräte wird später bestimmt. An der Wahl der
    Soldatenräte beteiligen sich grundsätzlich alle Angehörigen der
    betreffenden Formationen, wählbar sind alle Heeresangehörigen. Entlassene
    und unrechtmäßig beim Heere Verbliebene sind weder wählbar noch
    wahlberechtigt [...]  9. Die Stellenbesetzung ist Sache des
    Kriegsministeriums. Sobald die Soldaten ihre Führer kennen, frühestens nach
    14 Tagen, spätestens nach 4 Wochen tatsächlich gemeinsam
    geleisteten Dienstes, melden die Soldatenräte schriftlich dem Führer, ob
    die Unterführer, oder der nächsthöheren Dienststelle, ob die eigenen Führer
    das Vertrauen der Angehörigen der Formation besitzen, oder aus welchem
    Grunde der einzelne dies nicht hat. Die Gehorsamspflicht wird vor einer von
    höherer Stelle getroffenen Entscheidung nicht unterbrochen. Die Soldatenräte
    sind nicht befugt, Führer selbst abzusetzen oder auszuschalten, sie können
    aber die Absetzung beantragen. Die Entscheidung trifft innerhalb des
    Regiments der Führer, soweit dies möglich, weiterhin das Generalkommando,
    oder das Kriegsministerium. Bei jeder dieser Dienststellen werden die
    Einsprüche geprüft und danach entschieden. Gegen die Entscheidung steht dem
    Soldatenrat und dem Betroffenen die Berufung an die nächsthöhere
    Dienststelle bis zum Zentralrat der Deutschen Republik zu, im gleichen
    Sinne wie bei Beschwerden (vgl. Ziffer 6).  10. Wahl von Unteroffizieren, oder
    Mannschaften als Zugführer in Offizierstellen: Als solche Führer kommen nur
    Angehörige der eigenen Einheit und des eigenen Truppenteils in Frage. Sie
    müssen im Felde die gleichartige oder nächstniedrige Einheit mindestens 6 Monate
    lang einwandfrei geführt haben. Entscheidung und etwaiger Einspruch gegen
    die Entscheidung wird gemäß Ziffer 9 behandelt. Die Entscheidung über
    endgültige (auch rechnerische) Beleihung mit der Führerstelle trifft der
    Kriegsminister.  11. Die Soldatenräte und
    Vertrauensleute haben ernste Aufgaben, politisch hinsichtlich der
    Überwachung der Befehlsführung im Sinne der Regierung, militärisch
    hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Vertrauens und der Kameradschaft im
    republikanischen Heere. Sie sind in ihrer Tätigkeit an die Gesetze,
    Verordnungen und Dienstvorschriften gebunden. Bei strafbaren Handlungen in
    Ausübung der Tätigkeit als Soldatenrat wird das Strafverfahren wie bei
    anderen Heeresangehörigen gehandhabt, ebenso ohne weiteres bei
    Dienstvergehen außerhalb der Tätigkeit als Soldatenrat. Die Soldatenräte
    sind nicht befugt, sich in Angelegenheiten zu mischen, die anderen
    militärischen Dienststellen, oder der Zivilverwaltung obliegen, sowie im
    Namen ihrer militärischen Dienststelle selbständig und allein
    Schriftwechsel zu führen. Etwaige von ihnen allein gegebene Richtlinien,
    Befehle usw. haben keine Gültigkeit.  12. Jedem Heeresangehörigen steht der
    Weg zur Anzeige oder Beschwerde an seinen Soldatenrat offen. Dieser Weg
    darf durch keinen Befehl versperrt werden. Beschwerden jedes Angehörigen
    und Einsprüche der Soldatenräte müssen zur Entscheidung im Sinne der
    Ziffern 5‑8 gebracht werden. Sie heben aber, während die Entscheidung
    schwebt, die Gehorsamspflicht nicht auf.  Jeder Soldat, Führer, Unterführer, mag er
    Offizier, Unteroffizier oder Mann sein, ist während seiner Dienstzeit der
    Regierung der Republik zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Jeder
    Heeresangehörige, der die von der Regierung unmittelbar, oder durch das
    Kriegsministerium oder durch die Kommandostellen ergehenden Befehle nicht
    befolgt, macht sich strafbar, ebenso derjenige, der seine Dienstgewalt zu
    Handlungen gegen die Regierung mißbraucht. Unberührt hiervon bleibt jedem
    Heeresangehörigen das Recht und die Freiheit der eigenen Überzeugung, und
    damit Wahlrecht und Wählbarkeit. Die damit zusammenhängenden Handlungen
    müssen vom militärischen Dienst auf das strengste geschieden werden.  Die Reichsregierung: Ebert, Noske.  Der Kriegsminister: Reinhardt. Der Unterstaatssekretär: Göhre Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte
    der deutschen sozialistischen Republik: Max Cohen, Hermann Müller.  |   |        
  
   
    | • | Zentral-Arbeiter- und Soldatenrat
    Oberschlesien [10]: Achtung! Hochverrat! Wer.es unternimmt. Oberschlesien
    gewaltsam vom Deutschen Reiche loszureißen und einem fremden Staate
    einzuverleiben oder selbständig zu machen, und jeder der ein solches
    Unternehmen vorbereitet, begeht Hochverrat. |   |    
  
   
    | Aufruf in Der
    Kommunist, KPD Bremen, 21 Januar 1919[11] |    
  
   
    | • | Aufruf zum
    Generalstreik! Das revolutionäre Proletariat wird von
    einem Kampfe in den anderen getrieben. Es gilt dem schamlosen Treiben des
    Kapitalismus und seiner Söldlinge, es gilt den Anstiftern der Meuchelmorde,
    den Ebert-Scheidemann-Landberg-Noske ein Ende zu bereiten. Vor einigen
    Tagen noch standen die Arbeiter der Bourgeoisie mit der blanken Waffe in
    der Hand gegenüber. Heute soll die Waffe gewechselt werden, denn nicht nur
    mit Pulver und Blei kann das Proletariat den Sieg erringen, sondern viel
    wuchtiger ist die Waffe des Generalstreiks. In ganz Deutschland erheben
    sich die Arbeiter, von dem gemeinsamen Willen beseelt, den Kapitalismus mit
    seiner Schreckensherrschaft auf alle Fälle niederzuringen. Lieber Hunger
    und Tod, als weiterhin unter der Diktatur des Kapitals leben. Das
    revolutionäre Proletariat im Reiche steht vor der Erringung der Macht.  Am Dienstag morgen will es Heerschau über
    seine verfügbaren Kräfte halten. Bremer! Ihr seid immer die Vorkämpfer
    gewesen um die Revolution. Alle Augen sind auf Euch gerichtet. Wir wissen,
    daß Euer fester Wille, den Ihr im Kampfe immer bewiesen habt, auch heute
    zum Durchbruch kommen wird unter der Parole: Alles heraus aus den Betrieben! |   |      |   |