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Aufruf Präsident und Regierung [1]:
Um so dringender aber ergeht der Ruf an
alle Volksgenossen: Erschwert nicht das Los der am härtesten betroffenen
Landsleute. Erfüllet aufrechten Willens und klaren Kopfes die Forderung des
Tages: Keine Handlung darf geschehen, die unsere gerechte Sache schädigt.
Schwerste Schuld am eigenen Volke würde auf sich laden, wer sich hinreißen
ließe, durch eine unüberlegte Tat dem Gegner in die Hand zu spielen.
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Friedrich Ebert, 12. Januar[2]
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[...] Deutsches Land, von deutschem Volke
bewohnt, bearbeitet und genutzt seit Tausenden von Jahren, ist von fremden
Truppen in willkürlichem Mißbrauch der Macht besetzt worden, das Ruhrgebiet
unter dem Vorwand, Deutschland sei mit einigen Prozenten der uns
diktierten, unerfüllbar hohen Kohlenlieferungen im Rückstande, badisches
Gebiet mit der seltsamen Begründung, Deutschland habe zwei internationale
Luxuszüge eingestellt. Kann man sich einen schärferen Hohn auf das
Völkerrecht denken als diese Begründung? Um einige tausend Tonnen Kohlen
mehr zu bekommen, setzt man gegen die Bergarbeiter der Ruhr ein kriegsmäßig
ausgerüstetes Heer in Bewegung, das Gewalttat und Bedrückung in ein
friedliches, fleißig schaffendes Land trägt, wegen zwei Luxuszügen, die aus
Gründen der Kohlenersparnis ausfielen, wird das schöne und fruchtbare Land
am Hange des Schwarzwaldes unter französische Bajonette gebracht! [...] Wir
legen Verwahrung ein gegen die Bluttaten, die körperliche und geistige
Bedrückung und Bedrängung einer friedlichen, arbeitsamen und hart duldenden
Bevölkerung, wir rufen die Welt zum Zeugen dessen an, was tagtäglich an
Handlungen der Brutalität, an Akten unmenschlicher Willkür in dem besetzten
Gebiet geschieht. ‑ Uns Deutschen aber, die wir alle Söhne einer
Muttererde und eines Vaterlandes sind, ist es heilige Pflicht,
zusammenzustehen mit unseren unterdrückten Brüdern und Schwestern, ihnen
Hilfe zu leisten, wenn sie es ablehnen, den Eindringlingen Sklavendienste
zu leisten, ihnen zu helfen, die harten Tage der Fremdherrschaft zu überwinden.
Mit Gefühlen tiefer Dankbarkeit gedenken wir der Beamten, der Arbeiter und
der Unternehmer, die in aufopfernder Treue ihre Freiheit und ihre Existenz
eingesetzt haben und täglich neu einsetzen, um die gegnerischen Anschläge
zu vereiteln. Was sie damit für das deutsche Volk getan haben, wollen wir
ihnen nie vergessen! In diesen Tagen, wo fremde Gewalt in unser Land
hereingebrochen ist, muß alles zurückstehen, was an Weltanschauung und
politischer Ansicht uns trennt. Die Opferwilligkeit, die sich in den Spenden
zur Ruhrhilfe so glänzend bekundet, soll auch unser Handeln und Denken
beherrschen; wir müssen persönliche Gefühle und Interessen unterordnen dem
Großen und Ganzen, dem deutschen Schicksal. [...] Unerschütterlich ist
allen Deutschen das Bewußtsein, Söhne eines Volkes und Glieder eines
Reiches zu sein; nie wird fremde Gewalt das trennen, was Rasse, Sprache und
Kultur in harter Geschichte zusammengeschmiedet haben. Jeder Deutsche ist
sich heute des Ernstes der Stunde bewußt; jeder von uns weiß, es geht um
die Zukunft des Reiches, um den Bestand der Deutschen Republik. Wenn wir in
diesen Schicksalstagen alle Kräfte zusammenschließen, werden wir auch
dieser Anschläge auf unser nationales Leben Herr werden; in dieser
entschlossenen, zähen Abwehr erhoffen und erwarten wir ‑ trotz
allem ‑ eine bessere Zukunft unseres schwergeprüften Volkes im
Bewußtsein unserer Einigkeit und unseres Rechts, im Kampf um unsere
Freiheit!
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Wilhelm Cuno [3]:
Gegen die Gewalt, die hiermit einem
wehrlosen Volke angetan wird, erhebt die deutsche Regierung vor der ganzen
Welt feierlich Protest. Sie kann sich gegen diese Gewalt nicht wehren. Sie
ist aber nicht gewillt, sich dem Friedensbruch zu fügen oder gar, wie ihr
angesonnen wird, bei der Durchführung der französischen Absichten
mitzuwirken.
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Regierung [4]:
Die Aktion der französischen und belgischen
Regierung im Ruhrgebiet stellt eine schwere Verletzung des Völkerrechts und
des Vertrages von Versailles dar. Infolgedessen sind Befehle und
Anordnungen, die im Verfolg dieser Aktion an deutsche Beamte ergehen, rechtsunwirksam.
Es ergeht daher seitens der Regierungen des Reiches, Preußens, Bayerns,
Hessens und Oldenburgs die Anweisung, Anordnungen der besetzenden Mächte
keinerlei Folge zu geben, sondern sich ausschließlich an die Anweisungen
ihrer eigenen Regierung zu halten. Dies gilt auch für die Beamten des
altbesetzten Gebiets allen Maßnahmen gegenüber, die im Widerspruch zu den
Bestimmungen des Rheinlandabkommens stehen2. Cuno. Braun, v. Knilling.
Ulrich. Tantzen.
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Aufruf der
Eisenbahnergewerkschaft, 21. Januar 1923 (Auszüge)[5]
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[...]
1. Jegliche Eingriffe in Verwaltung und Betrieb unserer Eisenbahn
sind sofort einzustellen.
2. Jegliches unseren verwaltungsseitigen Bestimmungen
entgegenhandelnde Betreten unserer Dienststellen durch Unbefugte ist zu unterlassen.
3. Beaufsichtigung durch bewaffnete Militärpersonen hat zu
unterbleiben.
4.) Die Aufenthaltsräume dürfen nicht durch Militärpersonen belegt
werden. Wenn alles dies nicht unterbleibt, ist eine ordnungsmäßige
Ausführungen unseres Dienstes nicht möglich.
5. Daß der Grundsatz beachtet wird: Die deutsche Eisenbahn den
deutschen Eisenbahnern
[...]
Die Verordnungen des RVM sind klar und
deutlich. Unsere Kollegen müssen diese befolgen. Wenn ihnen dieses nicht
möglich ist, dann haben sie eben den Dienst einzustellen und ihren Posten
zu verlassen, bis die oben angeführten Forderungen erfüllt sind.
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Rudolf Breitscheid,
26. Januar 1923 (Auszüge)[6]
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Wir stehen in der Abwehr des Angriffs auf
das Ruhrrevier zurzeit an der Seite der bürgerlichen Parteien. Das heißt
aber ‑ und das muß mit Nachdruck unterstrichen werden ‑
in keinem Falle, daß wir uns mit den bürgerlichen Parteien und mit der
Regierung identifizieren.
Unsere Voraussetzungen, von denen wir bei
unserer Stellung ausgehen, sind andere als Ihre Voraussetzungen, und wir
wissen nicht, ob unsere letzten Ziele in diesem Abwehrkampf dieselben sind
wie die Ihrigen. [...]
Aber wir haben das Recht und die Pflicht,
vor allem auch über die gegenwärtigen innenpolitischen Dinge rückhaltlos
unsere Meinung zu sagen.
Wir hüten uns, irgendwie die Idee des
Burgfriedens wieder aufleben zu lassen, denn Burgfrieden bedeutet nichts
anderes als Kirchhofsruhe.
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Verordnung
Saarland, 2. Mai 1923[7]
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Aufgrund der §§ 19 und 23 des
Kapitels II der Anlage zum Abschnitt IV des Friedensvertrages,
aufgrund namentlich der §§ 30 und 3 desselben Kapitels derselben
Anlage und gemäß ihrem Beschluß vom 30. April 1923 verordnet die
Regierungskommission was folgt:
Artikel 1:
§ 152
der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:
1. Das
Streikpostenstehen unter jedweder Form ist untersagt. Jede Zuwiderhandlung
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis 500
Francs bestraft.
2. Wer
es unternimmt, durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch
Ehrverletzungen oder Verrufserklärungen
a. Arbeiter
oder Arbeitgeber zur Teilnahme an Verabredungen der in § 152
bezeichneten Art zu bestimmen oder am Rücktritt von solchen Verabredungen
zu hindern,
b. Arbeiter
zur Einstellung der Arbeit zu bestimmen oder an der Fortsetzung oder
Annahme der Arbeit zu hindern
c. Arbeitgeber
zur Entlassung von Arbeitern zu bestimmen oder an der Annahme von Arbeitern
zu verhindern, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Ist die
Handlung gewohnheitsmäßig begannen, so tritt Gefängnis nicht unter einem
Jahr ein.
Artikel 2:
Diese
Verordnung tritt sofort in Kraft.
Saarbrücken, den 2. Mai 1923
Im Namen der Regierungskommission des
Saargebietes
Der Präsident gez. V. Rault, Staatsrat
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Erklärung Erich
Zeigner, 10. April 1923 (Auszüge)[8]
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[...]
Alle diese für unseren wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Wiederaufbau notwendige Arbeit kann nur geleistet
werden auf dem Boden der Republik. Diese aber ist bedroht. Sie wird es aus
Jahre hinaus sein. Gerade die fortgesetzten außenpolitischen
Schwierigkeiten des Reiches sind es, die einem Teile des deutschen Volkes
immer wieder einen Vorwand geben, die Republik anzugreifen, sie zu
unterminieren. (Sehr richtig! links.) In diesen. Kreisen wird die Republik,
werden die Führer der republikanischen Entwicklung verantwortlich gemacht
für unsere ungeheuren politischen Schwierigkeiten. Mit äußerster Schärfe
wird die Republik abgelehnt, die Führer der Republik werden “vaterlandslose
Schurken, Verräter, Novemberverbrecher” genannt, ihre Beseitigung sei nicht
Bürgerkrieg, sondern “ein gerechtes Strafgericht”, dort wird ständig
verlangt: “Richte Galgen auf, deutsches Volk!” Die Größe der Gefahr, die
von diesen Kreisen droht, ist im Reiche lange Zeit nicht erkannt worden.
Erst die politischen Morde an Erzberger und Rathenau, der Mordversuch an
Scheidemann, die großen politischen Prozesse vor dem Reichsgericht und dem
Staatsgerichtshof haben klar gezeigt, daß diese Kreise durchaus nicht so
klein sind, wie lange Zeit geglaubt worden ist, und daß hinter ihnen
offenbar sehr kapitalkräftige Schichten stehen. Die außenpolitischen
Schwierigkeiten des Reiches werden nur als Vorwand für dieses Treiben
benutzt. Die wahre Ursache der Maulwurfsarbeit liegt darin, daß diese
Kreise die Macht im Staatsapparat verloren haben oder zu verlieren fürchten
und sich in ihrer wirtschaftlichen Machtstellung bedroht fühlen.
Der Kampf um die Festigung des
republikanischen Gedankens in Deutschland hat also in erster Linie
wirtschaftliche Hintergründe. Die Republik ist aber für den weitaus größten
Teil des deutschen Volkes die einzige Staatsform, die einen Weg dafür
eröffnet, daß in einem Jahre dauernden, mühseligen Prozeß schrittweise
diejenige Umstellung des Rechts und der wirtschaftlichen Machtverhältnisse
erfolgt, die not- wendig ist, um den Massen staatsbürgerliche Freiheit,
Anteil an den Kulturgütern der Nation und eine auskömmliche Existenz zu
sichern. Zu diesem Kampfe hat die Arbeiterschaft leider immer wieder sehen
müssen, daß das Reich gegenüber dem Treiben dieser Kreise nicht jene
Festigkeit gezeigt hat, die nötig gewesen wäre. Über ganz Deutschland haben
sich zahlreiche Organisationen verbreitet, die verborgen oder offen gegen
die Republik, gegen die Arbeiterschaft hetzen. Mit Bitterkeit haben wir
feststellen müssen, daß die Reichswehr sich nicht freigehalten hat von engen
Beziehungen zu diesen reaktionären, faschistischen Organisationen. Sie, die
der Republik dienen, sie schützen sollte, die gedacht ist als ein
Machtinstrument der Republik, hat sich mehr und mehr zu einer Bedrohung der
Republik entwickelt. Der Herr Reichsminister Dr. Gehler hat im Reichstag in
den Sitzungen vom 22. Februar dieses Jahres und den folgenden Tagen
schon zugegeben, daß Teile der Reichswehr mit den verbotenen Geheimorganisationen
in enger Fühlung gestanden haben und wohl noch jetzt stehen. Der Chef des
deutschen Heeres Herr General v. Seeckt hat am 23. März dieses Jahres
in einem Erlaß an die Reichswehr selbst ausgeführt, daß Versuche gemacht
worden seien, die Reichswehr für die politischen Ziele dieser
rechtsputschistischen Organisationen zu gewinnen, und diese Versuche leider
nicht immer vergeblich gewesen seien.
Zu dieser Situation kann es zunächst einmal
der Arbeiterschaft nicht verdacht werden, wenn sie zum Schutze ihrer
Versammlungen ihrer Einrichtungen, ihrer Führer Abwehrmaßnahmen gegen Übergriffe
putschistischer Elemente beschlossen hat. Aber nicht nur der Arbeiterschaft
und ihren Einrichtungen droht Gefahr, die Republik selbst ist bedroht, sie
kämpft um ihre Existenz. Solange diese Situation besteht, kann die
sächsische Regierung es den Arbeiterparteien nicht verbieten, nein, sie muß
es begrüßen, wenn sich die Arbeiter den Organen der Republik zur Verfügung
stellen, um im Bedarfsfalle unter der Leitung staatlicher Polizei mit ihrem
Leben alle gewalttätigen und ungesetzlichen Angriffe gegen die Republik
abzuwehren. Das Proletariat hat generationenlang mit Geduld und Disziplin schwerste
Entbehrungen ertragen, ohne die Nerven zu verlieren. Es hat gesehen, daß es
‑ trotz seiner Treue gegenüber dem Staat und trotz allen seinen
Opfern an Gut und Blut, Lebensfreude und Lebensaussichten ‑
weiterhungern mußte. Und trotzdem ist das Proletariat auch heute noch die
stärkste und zuverlässigste Sicherung der Republik. Die Regierung hat zur
Arbeiterschaft das feste Vertrauen, daß sich kein Mitglied des
Ordnungsdienstes an irgendeiner provokatorischen Handlung beteiligt oder
sich Exekutivbefugnisse beimißt, die ihm nicht zukommen, und die kein Staat
einer privaten Organisation überlassen könnte.
Davon, daß diese Abwehrorganisationen gegen
strafrechtliche Bestimmungen verstoßen, kann gar keine Rede sein, denn der
sächsische proletarische Ordnungsdienst ist nicht bewaffnet. Und damit
entfallen alle Argumente.
Nur einen Weg gibt es, um diese Abwehrorganisationen
überflüssig zu machen: das Reich mag endlich eingreifen gegen die
faschistischen Organisationen! In Nord- und Mitteldeutschland ist die Deutsch-völkische
Freiheitspartei, ist die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
verboten. Vor dem Staatsgerichtshof schwebt das Verfahren gegen die
Organisation Consul. In Bayern aber sind jene Organisationen noch heute
erlaubt. Dort halten sie in voller Waffenausrüstung, sozusagen unter den
Augen der Behörden, ihre Übungen ab. Das Reich kann helfen, es braucht nur
zuzugreifen. Der Erlaß neuer Gesetze und neuer Verordnungen ist nicht
nötig. Würden jetzt neue Verordnungen erlassen, die sich gegen unbewaffnete
Selbstschutzorganisationen richten, niemand würde sich des Eindrucks
erwehren können, daß das Reich nur die linksrepublikanischen
Abwehrorganisationen erdrosseln will, gegen die rechtsradikalen
Angriffsformationen aber doch nicht einschreite. Das Reich hat es in der
Hand, diese Abwehrorganisationen gegenstandslos zu machen, wenn es dafür
sorgt, daß die reaktionären Angriffsformationen mit aller Energie
zerschlagen werden.
Ich fasse zusammen: die breiten Volksteile,
auf deren Vertrauen sich die sächsische Regierung glaubt in erster Linie
stützen zu können, wollen keine Zuspitzung der politischen Gegensätze, die
zu Katastrophen führen könnte. So sehr wir überzeugt sind, daß sich die in
unserem heutigen Wirtschaftssystem wurzelnden Klassengegensätze nicht
überbrücken lassen und die treibenden Kräfte des politischen Kampfes sind, so
sehr müssen wir und werden wir alle Kräfte der Vernunft mobilisieren, um
blutige Entladungen der sich täglich verschärfenden Gegensätze zu
verhindern. Denn solche Erschütterungen würden das Elend und die Not des
gesamten Volkes nur unendlich vermehren. Ich betone nochmals: Ich habe am
21. März vor dem Landtage den Eid auf die sächsische Verfassung
geleistet. Meine Herren Kollegen haben den gleichen Eid geleistet. Wir
werden diesen Eid halten! Wir betrachten es als unsere Aufgabe, die
Republik zu sichern, aufzubauen, nicht zu zerstören. Die Anerkennung der
Ehrlichkeit des Wollens darf die Regierung auch von denen fordern, von
denen sie weiß, daß sie andere Wege für richtig halten. Diejenigen aber,
die den republikanischen Aufbau in fort- schriftlichem Sinne billigen,
fordere ich auf: unterstützen Sie uns bei unserer Arbeit!
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Erklärung RDI [9]:
I. Nach dem Vertrage von Versailles
haften für die Reparationen ausschließlich Vermögen und Einnahmequellen des
Reiches und der Länder. Eine Verhaftung des Privateigentums hat gemäß
völkerrechtlichen Grundsätzen nicht stattgefunden. Der Zugriff des Staates auf
seine Bürger, insbesondere die Wirtschaft, ist eine rein innerdeutsche
Angelegenheit; die unmittelbare Haftbarmachung gegenüber dem Auslande ist
ausgeschlossen. Im innerdeutschen Verhältnis ist der Staat Erstschuldner
für die Reparationen. Er ist deshalb gegenüber den Bürgern ‑ wie
auch gegenüber der Entente ‑ verpflichtet, zunächst die ihm
gehörenden Pfandobjekte des Reiches und der Länder im Rahmen der
Möglichkeit auszuwerten. Reicht dies nicht aus, so hat er die Gesamtheit
des Volkes nach Maßgabe der Kräfteverhältnisse heranzuziehen, ehe er
begrenzte Volkskreise zur Tragung von Sonderlasten auffordert. Dies gilt
auch für eine etwaige Sonderbelastung der Wirtschaft, d. h.
insbesondere des landwirtschaftlichen und städtischen Grundbesitzes, der
Industrie, des Handels und des Bankgewerbes.
Die industrielle Wirtschaft bekennt sich zu
der für jeden Bürger selbstverständlichen Verpflichtung, für das im Staat
verkörperte Vaterland bis an die Grenze der Tragfähigkeit einzutreten. Das
Ziel aller Bemühungen ist die Wiedergewinnung der politischen und
wirtschaftlichen Freiheit. Deshalb kann eine Bereitschaft zur Übernahme von
großen Sonderlasten auch durch die Industrie nur ausgesprochen werden, wenn
gleichzeitig das Gesamtproblem der Reparationen sowohl nach außen wie auch
innerhalb Deutschlands eine wirkliche Lösung erfährt.
II. Im Rahmen des Gesamtproblems ist
vorab zweierlei erforderlich: Erhaltung der vollen Substanz der staatlichen
Vermögensobjekte, ohne welche eine gesunde Wirtschaft unmöglich ist, und
aus dem gleichen Grunde die Wahrung der Zollhoheit.
Eine erfolgversprechende Haftbarmachung der
(alleinigen) staatlichen Pfandobjekte kann nur vor sich gehen, wenn die
Reichs- und Staatsbetriebe nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen
regeneriert und dauernd betrieben werden. Nach Meinung der Industrie wird
es möglich sein, auf diesem Wege aus diesen Betrieben in absehbarer Zeit
jährlich etwa 600 Millionen Goldmark, bei günstiger Entwicklung der
Wirtschaft eine Milliarde und mehr herauszuwirtschaften.
III. Die unter II. genannten
Verpflichtungen können nur übernommen und die daraus entspringenden
Leistungen nur erfüllt werden, wenn Deutschland durch entsprechenden
Aufschub der Zahlungen die Möglichkeit erhält, seine innere Lage zu
stabilisieren und wenn der deutschen Wirtschaft die volle Bewegungsfreiheit
im Verkehr mit dem Auslande und im Auslande selbst, so wie sie allen
anderen Staaten gewährt ist, wieder zugebilligt wird. Die deutsche
Wirtschaft kann ferner bei der bestehenden inneren Wirtschaftslage
keinerlei Verpflichtungen übernehmen und Leistungen vollbringen und wird es
niemals können, wenn nicht folgende unerläßliche Voraussetzungen in bezug
auf innere Wirtschaftsreformen erfüllt werden, welche auch die Deutsche
Regierung in[512] ihrer am 14. November 1922 an die
Reparationskommission gerichteten Note im wesentlichen als notwendig
bezeichnet hat:
1) Grundsätzliche Fernhaltung des Staates von der privaten
Gütererzeugung und -verteilung, unbeschadet schärfster Bekämpfung
wirklichen Wuchers, mithin
a) Aufhebung der Kriegs- und Zwangswirtschaft einschließlich des
Abbaues der Außenhandelskontrolle, soweit letztere nicht zur Sicherstellung
einiger weniger lebenswichtiger Erzeugnisse für Volksernährung und
dergleichen erforderlich und tatsächlich durchführbar ist.
b) Aufhebung aller Demobilmachungsvorschriften und Beschränkung
der Staatsgewalt auf das Schiedsrichteramt bei Wirtschaftsstreitigkeiten
von allgemeiner Bedeutung.
2) Erhaltung des Betriebskapitals und Ermöglichung angemessener
Neubildung von Privatkapital zum Zwecke der Erhaltung und Entwicklung der
Wirtschaftsbetriebe, mithin entsprechende Umgestaltung der heute vielfach
willkürlichen Steuergesetzgebung (z. B. Gewerbesteuer), insbesondere
Hebung der Steuermoral und Schaffung eines klaren, den Sparsinn anregenden
Steuersystems.
3) Voller Einsatz der vorhandenen Arbeitskraft für quantitative
und qualitative Hebung der Produktion, also Steigerung der allgemeinen
Arbeitsleistung. Dies setzt voraus: Bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung
des Achtstundentages Erhöhung der Tariffreiheit im Sinne der Vorarbeiten
des Reichswirtschaftsrates, Schaffung eines Arbeitszeitgesetzes; ferner
Entlastung der Wirtschaft von unproduktiven Löhnen. Offenes Bekenntnis von
Regierung und Volk zu derartigen Grundsätzen sowie sofortige Verwirklichung
derselben durch alle beteiligten Faktoren – insbesondere Regierung – ist
unerläßlich. Im anderen Falle werden alle Opfer des Volkes, einschließlich
der Wirtschaft fruchtlos sein und nur die letzte Hoffnung Deutschlands auf
eine bessere Zukunft vernichten. Die Mitverantwortung für einen derartigen
Fehlschlag zu übernehmen, ist die Wirtschaft nicht in der Lage.
gez. Sorge Bücher
Ernst von Borsig Carl Bosch Duisberg Frank Hans
Kraemer
Peter Klöckner Lammers Piatscheck Reusch Riepert Silverberg
Fritz Thyssen Carl
Friedrich von Siemens Hans Jordan Hugo Stinnes
Vögler
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Bericht Otto
Hörsing, 15. August 1923 (Auszüge)[10]
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Herr Oberpräsident Hörsing-Magdeburg teilt
über die Lage in der Provinz Sachsen folgendes fernmündlich mit:
Die Lage hat sich wesentlich gebessert. Die
kommunistische Generalstreikpropaganda darf als fehlgeschlagen angesehen
werden. Gegen die Streikhetzer und die Streikleiter sei der Oberpräsident
durch zahlreiche Verhaftungen vorgegangen. So zum Beispiel ist die
Zentralstreikleitung der Landarbeiter festgenommen; ferner die
Streikleitungen der Kreise Calbe und Genthin. Infolge dieser Verhaftungen
sind die Streiks, vor allem im Reg. Bezirk Magdeburg, in der Auflösung.
Verhaftet sind bisher ca. 40 Personen aus den Kreisen der kommunistischen
Hetzer und Führer. Im Reg.Bezirk Merseburg war eine Verhaftung der
kommunistischen Drahtzieher nicht möglich, weil sich diese der drohenden
Festnahme entzogen haben. Die Verhaftungen werden fortgesetzt. Im Kreise
Genthin versuchten kommunistische Banden gestern Brandstiftungen. In einem
Falle wurde eine Scheune in Brand gesetzt; von den Tätern ist einer
erschossen, 2 verhaftet. In einem zweiten Falle mißlang die
Brandstiftung. Sämtliche Beteiligten, insgesamt 5 Personen, wurden verhaftet.
Kommunistische Plündererkolonnen suchten im Reg.Bezirk Merseburg den
Landkreis Eisleben heim. Zwei dieser Kolonnenführer wurden verhaftet, zwei
sind geflüchtet. [...]
Die in den Betrieben bestehenden
Organisationen der republikanischen Notwehr haben sich gegen die
Kommunisten gewendet, die mit dem Versuch, die Stillegung der Betriebe zu
erzwingen, von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle zogen. Durch die Abwehrtrupps
wurden die kommunistischen Streikhetzer vertrieben bzw. verprügelt.
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Carl Severing,
20. August 1923 (Auszüge)[11]
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[...] Zurückdrängen der kommunistischen
Bewegung [...] In Neurode, Zeitz, Gelsenkirchen, Hannover, Aachen und
einigen anderen Orten hat es neben zahlreichen Verwundeten auch eine nicht
unbeträchtliche Anzahl von Toten gegeben.
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Lage in der
Gegend von Aachen (Nordrhein Westfalen), 15. August 1923[12]
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Vertreter des Arbeitsministeriums :
Die ohne Entlöhnung dastehenden
Bergarbeiter haben sich in großen Scharen auf das Land begeben und ziehen
plündernd umher. Die Landbevölkerung wehrt sich, und es ist bereits zu
regelrechten Feuergefechten gekommen.
Oberpräsident Aachen:
Ernährung Aachener Bevölkerung bei augenblicklichen
Verkehrsverhältnissen unmöglich. Fortgesetzte blutige Zusammenstöße.
Bereits über hundert Tote und Verwundete. Plünderung aller Läden und Läger
unterschiedslos innerhalb und außerhalb der Stadt. Lebensmitteltransporte
werden auf Zuführstraßen ausgeraubt.
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12. September[13]:
Die letzten fünf Wochen sind nicht genügend
genützt worden. In vierzehn Tagen werden wir den Bürgerkrieg haben.
Hilferdings Programm kann ihn nicht hindern. Mehr arbeiten, Zahlungsmittel
schaffen, Sachsen und Thüringen exekutieren. Kein Tag darf verlorengehen,
sonst wird die Strasse das Kabinett Stresemann stürzen.
Frühjahr 1924 Prozeß gegen Adolf Hitler[14]:
sympathische Menschen
Was sie gewollt, haben wir alle gewünscht.
Was sie gemacht, war nicht moralisch "schlecht", sondern
unaussprechlich dumm! Mit so wenig Überlegung, daß sie um ein Haar
Deutschland in den Abgrund gestürzt hätten.
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Lage in Sachsen,
22. September 1923[15]
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Abgeordneter von
Brüninghaus an den Reichskanzler. [Betrifft: Sächsische Industrielle.]
Vor etwa 14 Tagen nahm ich
Gelegenheit, Ihnen die überaus schwierige Situation darzustellen, in welche
die sächsische Industrie im besonderen die des Bezirkes Annaberg-Buchholz
durch den Terror der Straße gekommen ist. Leider hat sich meine Voraussage,
daß ohne scharfes Zugreifen eine weitere Verschlechterung nicht zu
vermeiden wäre, als zutreffend erwiesen. Wie mir Herr Fabrikbesitzer Adler
aus Annaberg-Buchholz heute mitgeteilt hat, haben sich die Verhältnisse
derart zugespitzt, daß von irgendwelcher staatlichen Ordnung eigentlich
keine Rede mehr sein kann. Für den gesamten Bezirk Chemnitz mit dem daran
anschließenden Erzgebirgischen Industriebezirk stehen nur 180 Mann
Schutzpolizei zur Verfügung, die naturgemäß nicht entfernt ausreichen, um
bei etwaigen Unruhen eingreifen zu können. Unter dem Druck der Straße haben
die Fabrikanten für die vorige Woche bereits mehr als das Doppelte der
Reichstariflöhne bewilligen müssen (15 Millionen pro Stunde, anstelle
von 5,4 Millionen). Naturgemäß sind bereits starke
Arbeiterentlassungen eingetreten. So in Buchholz bei einer Einwohnerzahl
von 8000 ‑ 200 Arbeitslose. Diese sind nunmehr dazu
übergegangen, unter Zuhilfenahme von kommunistischen Hundertschaften die
Fabrikbesitzer ihrerseits zu zwingen, ihnen neben der staatlichen
Erwerbslosenunterstützung private Zuwendungen zu machen. Am vorigen
Donnerstag wurden die Fabrikbesitzer in das Rathaus berufen unter der
Androhung, daß sie von den mobil gemachten Hundertschaften sonst mit Gewalt
hingebracht werden würden und es wurden Unterstützungen von 60 bis 100 Millionen
pro Kopf und außerdem die sofortige Beschaffung von verbilligten
Lebensmitteln und Kohlen von den Unternehmern erpreßt. Die sächsische
Regierung macht nicht die geringsten Anstalten, irgendwie den Schutz der
Arbeitgeber zu übernehmen. Da die Industrie am Ende ihrer finanziellen
Leistungsfähigkeit angekommen ist und die Arbeitslosigkeit immer mehr
zunimmt, steht zu erwarten, daß in kürzester Frist, wenn nicht irgendetwas
geschieht, in Sachsen die Herrschaft der Straße, alias der Kommunismus,
sich ausbreiten wird. Leben und Sicherheit der Unternehmer sind, wie sich
die Verhältnisse entwickelt haben, nur noch davon abhängig, ob sie zahlen
können oder nicht.
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30. September, A. Frölich [16]:
Maueranschläge, die zum Bürgerkrieg
auffordern, sind zu entfernen, Flugblätter, Zeitungen oder sonstige
Presseerzeugnisse, die Aufforderungen zum Bürgerkrieg enthalten sind zu
beschlagnahmen. [...] Alle antirepublikanischen Versammlungen in
geschlossenen und gedeckten Räumen sind verboten, insbesondere ist die
Veranstaltung sogenannter “Deutscher Tage” untersagt.
[...]
Eine Aufforderung zum Generalstreik ist
dann strafbar, wenn mit der Verordnung strafbare Tatbestände erfüllt werden
(siehe insbesondere Verordnung des Reichspräsidenten vom 30. Mai
1920). Danach ist jede Betätigung verboten, die darauf gerichtet ist, durch
Wort, Schrift oder andere Maßnahmen lebenswichtige Betriebe stillzulegen.
Als lebenswichtige Betriebe gelten insbesondere die öffentlichen
Verkehrsmittel sowie alle Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Gas,
Wasser, Elektrizität, alle Bergwerke, z. B. Kohlen- und Kaliwerke,
sowie die damit in Zusammenhang stehenden Anlagen, ferner Stickstoffwerke,
Brot-, Teig-, Zuckerfabriken. Wird eine solche Betätigung beobachtet, so
ist alsbald gegen die Betreffenden Strafanzeige bei der zuständigen
Staatsanwaltschaft zu erstatten. Die Staatsanwaltschaften sind durch das
Justizministerium angewiesen, Anschläge und Aufrufen dieser Art besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.
W. Reinhardt über die "antirepublikanischen
Versammlungen"[17]:
Unter diesen Begriff fallen in
Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse alle diejenigen
Versammlungen, welche es sich zur Aufgabe machen, eine Veränderung der
staatsrechtlichen Grundlagen, auf denen die heutige Reichsverfassung
aufgebaut ist, herbeizuführen. Es würden also darunter beispielsweise auch
alle diejenigen Versammlungen verstanden werden müssen, welche an Stelle
des parlamentarischen Systems das Räteprinzip einführen wollen, somit jede
Versammlung der Kommunistischen Partei.
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