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F. Ebert :
Arbeit ist die Religion des Sozialismus,
arbeiten müssen wir mit aller Kraft, mit ganzer Hingabe, sollen wir nicht
zugrunde gehen und verkommen, sollen wir nicht zum Bettelvolk herabsinken.
(Cf. den Text ►.)
Philipp Scheidemann, am 12.:
Den Frieden konntet Ihr mit all Eurem
Heldenmut gegen die Übermacht einer Welt nicht erkämpfen; jetzt müßt Ihr
ihn in der Heimat uns verschaffen helfen.
(Cf. den Text ►.)
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F. Ebert, 3. Dezember[1]
Truppe ganz zur Verfügung der Reichsleitung
Schutz gegen jede Konterrevolution
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Gesetz zur
Bildung einer Freiwilligen Volkswehr, 12. Dezember 1918[2]
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1. Zur Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist eine freiwillige Volkswehr zu
bilden.
2. Die Vollmachten zur Aufstellung der
Abteilungen dieser Volkswehr erteilt ausschließlich der Rat der
Volksbeauftragten, der auch die Zahl und Stärke der Abteilungen festsetzt.
3. Die Volkswehr untersteht
ausschließlich dem Rat der Volksbeauftragten. Sie verpflichtet sich der
sozialistisch-demokratischen Republik durch Handschlag.
4. In die Volkswehr werden nur
Freiwillige aufgenommen. Sie wird außerhalb des Rahmens des Heeres stehen.
Gerichtliche und Disziplinarverhältnisse werden noch geregelt.
5. Die Freiwilligen wählen ihre Führer
selbst, und zwar etwa 1 00 Freiwillige (Hundertschaft) einen Führer und
drei Zugführer, mehrere Hundertschaften bilden eine Abteilung und wählen
den Abteilungsführer und einen Stab. Ihm steht ein Vertrauensrat von 5
Freiwilligen beratend zur Seite.
6. Jeder Freiwillige ist im Dienste
zum Gehorsam gegenüber seinen selbstgewählten Führern verpflichtet.
7. Für die Annahme der Freiwilligen
ist Vorbedingung:
a) In der
Regel Zurücklegung des 24. Lebensjahres,
b) körperliche
Rüstigkeit,
c) längerer
einwandfreier Frontdienst.
8. Die Freiwilligen haben zunächst
eine Probezeit von 21 Tagen zu leisten. Wird ihre Geeignetheit
festgestellt, so sind sie zunächst auf 6 Monate zu verpflichten. Die
Verpflichtung kann nach Ablauf dieser Zeit von 5 zu 3 Monaten verlängert
werden. Frühere Lösung des Dienstverhältnisses ist bei schwerer Verletzung
der durch dasselbe begründeten Pflichten zulässig; sie erfolgt durch den
Abteilungsführer unter Zustimmung des Vertrauensrats.
9. Die Freiwilligen sind wie Mannschaf
ten des Soldatenstandes zu bekleiden, auszurüsten, zu bewaffnen und
unterzubringen. Wegen besonderer Bekleidung und Abzeichen bleibt Bestimmung
vorbehalten. Gebührnisse und Versorgungsansprüche werden noch festgesetzt.
Früher erworbene Versorgungsansprüche bleiben bestehen.
10. Das Preußische Kriegsministerium
hat mit Zustimmung des Rates der Volksbeauftragten die erforderlichen
Ausführungsbestimmungen zu erlassen.
Berlin, den 12. Dezember 1918.
Der Rat der Volksbeauftragten Ebert Haase
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Generalmajor Georg Maercker][3]:
Aufgabe für das Freiwillige
Landesjägerkorps ist das Aufrechterhalten von Ruhe und Ordnung im Innern
und die Sicherung der Reichsgrenzen.
[4]:
Kameraden! Ich stehe zum erstenmal vor
Truppen des Freiwilligen Landesjägerkorps und begrüße Euch deshalb
besonders herzlich. Es liegt mir daran, daß Ihr mich kennen lernt und daß
ich Euch kennen lerne. Denn wir werden nur dann Gutes leisten können, wenn
wir beide, Führer und Truppe, fest zusammenstehen, treu zusammenhalten,
fest aufeinander vertrauen; wenn ich ebenso auf Euch schwören kann, wie
jeder von Euch wird auf mich schwören können. Ich bin ein alter Soldat. Ich
habe 3 Kaisern 34 Jahre lang treu gedient. Ich habe in 5 Kriegen
und 3 Weltteilen für sie gekämpft und geblutet. Gefühle, die man 34 Jahre
lang betätigt hat, die wirft man nicht fort, wie man ein altes schmutziges
Hemd fortwirft. Man würde ein elender, verächtlicher Lump sein, wenn man
das täte! Ich liebe und verehre Wilhelm II. heute noch ebenso wie vor
34 Jahren, als ich ihm die Treue schwor. Aber er ist heute nicht mehr
mein Kaiser und Kriegsherr, sondern nur noch ein Privatmann. An die Stelle
der Kaiserlichen Regierung ist die des Reichskanzlers Ebert getreten. Sie
ist gegenwärtig in schwierigster Lage, denn sie hat keinerlei Machtmittel.
In spätestens 14 Tagen ist das deutsche Heer aufgelöst. Sie braucht
aber Machtmittel ‑ zum Kampf an den Reichsgrenzen wie zum Kampf
im Innern. Im Osten stehen die Bolschewisten Rußlands, stehen die Polen und
Tschechen an den deutschen Grenzen und bedrohen sie. Im Innern des Reiches
geht alles drunter und drüber. Überall Plünderung, überall Unordnung,
nirgendwo mehr Achtung vor Gesetz und Recht, Achtung vor persönlichem und
staatlichem Eigentum. Und vor allem wird die Regierung Ebert bedroht durch
die Gruppe der Spartakusleute, durch Liebknecht und Rosa Luxemburg. Diese
Bedrohung ist eine arge. Die Rosa Luxemburg ist ein Teufelsweib und
Liebknecht ein Kerl, der aufs Ganze geht, und der genau weiß, was er will.
Vor allem will diese Gruppe den Zusammentritt der Nationalversammlung
verhindern, weil die Nationalversammlung das herbeiführen soll, was jene
Leute nicht wollen, nämlich den Frieden, Ruhe und Ordnung im Lande. Rosa
Luxemburg kann das deutsche Reich heute straflos zu Grund« richten, denn es
gibt keine Macht im Reiche, die ihr entgegentreten kann. Da wollen wir
einspringen, sei es, um die Reichsgrenzen zu beschützen, sei es, um im
Innern für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Es hat schon mal in Preußen eine Zeit
gegeben, in der solche Freikorps geschaffen wurden. Als vor 106 Jahren
Preußen in ebenso großer Schmach und tiefer Schande daniederlag wie jetzt
das deutsche Reich, da fanden sich in Breslau unter dem Kommando des Majors
v. Lützow freiwillige Jäger zusammen. zusammen. Das war Lützows wilde,
verwegene Jagd. An jene Schar habe ich gedacht, als ich es übernahm, eine
Freiwilligentruppe zu bilden. Und so wie die Lützowschen Jäger beschaffen
waren, so möchte ich auch das Freiwillige Landesjägerkorps haben. Ich will
eine Truppe befehligen, in der Manneszucht herrscht, nicht weil der
Ungehorsam bestraft wird, sondern weil jeder einzelne davon überzeugt ist,
daß nur die Truppe etwas leisten kann, in der nur ein Wille lebt. Ich will
eine Truppe befehligen, in der jedermann das Staatseigentum als etwas Hohes
und Heiliges ansieht, das nicht vergeudet werden darf, weil daran der Schweiß
des deutschen Arbeiters klebt, weil der Spargroschen der deutschen Frau an
ihm beteiligt ist. Ich will eine Truppe befehligen, in der die Oberen
gegrüßt werden, nicht, weil es so befohlen ist, sondern weil jeder dem
Führer seine Achtung freiwillig darbringen soll, ‑ dem Führer,
der für ihn sorgt, und der für ihn die Verantwortung trügt. Ich will
schließlich eine Truppe befehligen, in der echte Kameradschaft herrscht,
Kameradschaft von Mann zu Mann und zwischen Offizier und Mann. Treue gegen
Treue soll unsere Parole sein, ‑ wir wollen fest zusammenstehen, ‑
einer für alle, alle für einen, ‑ sei es, was für Aufgaben immer
an uns herantreten mögen. Es wird Euch jetzt mein grundlegender Befehl für
das Freiwillige Landesjägerkorps vorgelesen werden. Ich lasse Euch
Bedenkzeit, Euch darüber klar zu werden, ob Ihr unter den darin
niedergelegten Bedingungen Landesjäger werden wollt. Wer damit nicht
einverstanden ist, kann ohne weiteres zurücktreten. Wir wollen nur freudige
Mitarbeiter haben! Der Wortlaut der Treuverpflichtung für die Regierung ist
uns noch nicht bekannt gegeben. Diejenigen, die in die neue Truppe
übertreten wollen, werden deshalb ihrem Führer nachher in die Hand geloben,
den Befehlen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten und sich so zu verhalten,
wie es der Grundbefehl Nr. 1 verlangt.
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Beschluß, angenommen von der außerordentlichen Versammlung der USPD
von Groß-Berlin, 15. Dezember 1918[5]
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Resolution Rosa Luxemburg:
Die
außerordentliche Verbandsversammlung der U.S.P. von Groß-Berlin am
15. 12. 1918 fordert:
1. den sofortigen Austritt der Vertreter der U.S.P. aus der
Regierung Ebert-Scheidemann.
2. die Verbandsversammlung lehnt die Einberufung der
Nationalversammlung ab, die nur dazu führen kann, die Gegenrevolution zu
stärken und die Revolution um ihre sozialistischen Ziele zu betrügen.
3. die sofortige Übernahme der ganzen politischen Macht durch die
Arbeiter- und Soldatenräte, Entwaffnung der Gegenrevolution, Bewaffnung der
Arbeiterbevölkerung, Bildung der Roten Garde zum Schutze der Revolution,
Auflösung des Ebert-Rates der Volksbeauftragten, Ausstattung des
Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte mit der höchsten Staatsgewalt.
4. Die Verbandsgeneralversammlung fordert die sofortige
Einberufung des Parteitages der U.S.P.
Resolution Rudolf Hilferding:
Die
Verbandsgeneralversammlung erklärt:
Die wichtigste politische Aufgabe der
U.S.P. ist augenblicklich die Organisation der Wahlen zur
Nationalversammlung. Es handelt sich darum, alle Kraft des Proletariats
aufzubieten, um den Sieg des Sozialismus über die Bourgeoisie zu erringen.
Die U.S.P. betrachtet sich als die Trägerin der Revolution und als ihre
vorwärtstreibende Kraft. Sie ist gewillt, alle daraus entstehenden
Pflichten, wie es die Situation jeweils erfordert, sei es in der
sozialistischen Regierung, sei es in entschlossener Opposition gegen jede
konterrevolutionäre Bewegung zu erfüllen. Sie fordert ihre Vertreter in der
Regierung auf, mit aller Entschiedenheit und ohne schwächliche
Rücksichtnahme an der Sicherung und Vermehrung der revolutionären
Errungenschaften zu arbeiten.
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Aufruf zur
Gründung einer Demokratischen Partei, 16. November 1918 (Auszüge)[6]
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[...]
Wir stellen heute kein Programm auf, aber
durch gemeinsame Grundsätze müssen diejenigen, die sich uns anschließen
wollen, verbunden sein.
Der erste Grundsatz besagt, daß wir uns auf
den Boden der republikanischen Staatsform stellen, sie bei den Wahlen
vertreten und den neuen Staat gegen jede Reaktion verteidigen wollen, daß
aber eine unter allen nötigen Garantien gewählte Nationalversammlung die
Entscheidung über die Verfassung treffen muß.
Der zweite Grundsatz besagt, daß wir die
Freiheit nicht von der Ordnung, der Gesetzmäßigkeit und der politischen
Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen zu trennen vermögen und daß wir
jeden bolschewistischen, reaktionären oder sonstigen Terror bekämpfen,
dessen Sieg nichts anderes bedeuten würde als grauenvollstes Elend und die
Feindschaft der ganzen zivilisierten, vom Rechtsgedanken erfüllten Welt.
Wir wissen, daß heute nur kühne Mittel
helfen können und daß von allen Besitzenden große Opfer zu fordern sein
werden, wenn aus dem Trümmerfelde eine glücklichere Zukunft sich erheben
soll. Die Zeit erfordert die Gestaltung einer neuen sozialen und wirtschaftlichen
Politik. Sie erfordert, für monopolistisch entwickelte Wirtschaftsgebiete
die Idee der Sozialisierung aufzunehmen, die Staatsdomänen aufzuteilen und
zur Einschränkung des Großgrundbesitzes zu schreiten, damit das Bauerntum
gestärkt und vermehrt werden kann. Notwendig sind stärkste Erfassung der
Kriegsgewinne, einmalige progressive Vermögensabgabe, andere tiefgreifende
Steuermaßnahmen, gesetzliche Garantierung der Arbeiter-, Angestellten- und
Beamtenrechte, Sicherung der Ansprüche der Kriegsteilnehmer, ihrer Witwen
und Waisen, Stützung der selbständigen Mittelschicht, Freiheit für den
Aufstieg der Tüchtigen und die internationale Durchführung eines
sozialpolitischen Mindestprogramms. Wir verwerfen den lebensfremden,
tötenden Doktrinarismus und sind überzeugt, daß alle Stände, Arbeiter wie
Bürger und Bauern, sich nur dann wieder emporraffen können, wenn man die
deutsche Wirtschaftspolitik vor bolschewistischen und bureaukratischen
Experimenten bewahrt.
[...]
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Wahlaufruf der
DDP, 14. Dezember 1918 (Auszüge)[7]
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[...]
Die Bahn zum freien Volksstaat ist offen.
Aber allzu lange schon dauert die mit der Revolution verbundene Unordnung
und Gesetzlosigkeit. Erleben wir nicht die tägliche Bedrohung durch die
Spartakusleute, die Zerrüttung unseres Wirtschaftslebens durch politische
Streiks und sinnlose Lohnforderungen, die Losreißung deutscher
Reichsgebiete durch die Polen, die würdelose Zersplitterung des Reiches im
Innern? Wahrlich, die Geschicke Deutschlands sind schlecht aufgehoben,
solange nicht Ordnung und Gesetzmäßigkeit wiederkehren.
[...]
Der ordentlichen Arbeit gebührt als Lohn
ein auskömmliches, lebenswertes Dasein und Teilnahme an den Gütern der
Kultur. Staatliche Anerkennung der Arbeiter- und Angestelltenverbände,
obligatorisches Schiedsgericht sowie Gewährleistung der durch Tarifverträge
festgesetzten Arbeitsbedingungen, insbesondere auch der vereinbarten
Mindestlöhne und Mindestgehälter, müssen hierzu verhelfen. [...]
Solche Lasten aber können nur getragen
werden bei Aufrechterhaltung des Privateigentums und einer Wirtschaftsordnung,
die das Interesse des Einzelnen am Erwerb lebendig hält und ihn zu höchster
Tätigkeit anspornt. [...] Die Frage der Sozialisierung ist rein sachlich
für jeden Einzelfall danach zu entscheiden, ob eine Steigerung der
Erwerbsmöglichkeiten der breiten Massen und eine Erhöhung des
Produktionsertrages erzielt werden kann. Keinesfalls dürfen Staatseingriffe
in der Form der Bureaukratisierung des Wirtschaftslebens erfolgen.
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Wahlaufruf der DVP,
18. Dezember 1918 (Auszüge)[8]
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Wir verlangen volle Koalitionsfreiheit, ein
neues sozialgestaltetes Arbeiter- und Angestelltenrecht, energische
Weiterführung der Sozialpolitik, insbesondere auch Ausbau der Frauen-,
Wöchnerinnen- und Kinderschutzgesetze, Anerkennung und Einfügung der
Berufsverbände in das öffentliche Recht, die internationale Regelung der
sozialpolitischen Gesetzgebung ist zu erwirken.
Wir halten fest an dem Grundsatz des
Privateigentums und des Erbrechts, wir halten fest an der leitenden
Stellung des Unternehmers in seinem Betrieb wie in der Volkswirtschaft,
jedoch unter angemessener Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten durch
ihre Ausschüsse und ihre Vertretung. Wir stellen uns in bewußten Gegensatz
zu denjenigen, welche in einer Vergesellschaftung aller Produktionsmittel
und in der Aufhebung des Privateigentums ihr politisches und
wirtschaftliches Ziel sehen. Einer Überführung dazu geeigneter
Betriebszweige in die Leitung und das Eigentum der öffentlichen Gewalt sind
wir bereit, zuzustimmen, sofern dadurch für die Allgemeinheit ein höherer
Ertrag und für die Arbeitnehmer bessere Lebensbedingungen geschaffen
werden.
[...]
Von der derzeitigen Regierung verlangen
wir, daß sie endlich energisch für Ruhe und Ordnung sorgt. Wir sind bereit,
dafür unter der jetzigen Regierungsform mitzuarbeiten und alle Bestrebungen
der tatsächlichen Regierung nach diesem Ziele zu unterstützen. Wir
verlangen aber die Beseitigung der Eingriffe unberufener Personen in die
Tätigkeit der Gerichte, Behörden und Kommunalverwaltungen, in die
Koalitions- und Preßfreiheit. Wir verlangen die Beseitigung der
Mißwirtschaft und maßlosen Verschleuderung öffentlichen Gutes und
öffentlicher Gelder. Wir verlangen die Beseitigung der unverantwortlichen
Eingriffe in das Wirtschaftsleben, die uns mit Hungersnot, Anarchie und Staats
bankrott bedrohen.
[...]
Wir fordern den alsbaldigen Abbau der
bureaukratischen Zwangswirtschaft. Wir verlangen die sofortige Überführung
der jetzigen, lediglich auf den Tatsachen der Revolution beruhenden
Regierungsgewalt in eine neue Rechtsordnung; wir verlangen daher die
unverzügliche Einberufung einer Nationalversammlung als verfassungs- und
gesetzgebender Körperschaft; ohne deren Zustimmung entbehrt jede
Gesetzgebung der rechtlichen Grundlage.
[...]
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Forderungen der Delegation der von der
Spartakus-Gruppe organisierten Demonstration[9]:
1. Deutschland
eine einheitliche sozialistische Republik.
2. Die
ganze Macht den Arbeiter- und Soldatenräten.
3. Der
vom Rätekongreß gewählte Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte als
höchstes Organ der Gesetzgebung und Regierungsgewalt, durch das auch die
Volksbeauftragten und alle Zentralreichsbehörden zu ernennen und abzusetzen
sind.
4. Beseitigung
des Ebertschen Rates der Volksbeauftragten.
5. Sofortige
energische Durchführung aller zum Schutze der Revolution erforderlichen
Maßnahmen durch den Zentralrat, vor allem Entwaffnung der Gegenrevolution,
Bewaffnung des Proletariats, Bildung der Roten Garde.
6. Sofortiger
Aufruf des Zentralrats an die Proletarier aller Länder zur Bildung von
Arbeiter- und Soldatenräten zwecks Durchführung der gemeinsamen Aufgaben
der sozialistischen Weltrevolution.
Beschluß der Vertreter der Berliner Garnison[10]:
Wir stehen nach wie vor der jetzigen
Regierung, als der Regierung, die auf ihrem Programm als endgültiges Ziel
die Schaffung einer sozialistischen Republik stehen hat, zur Verfügung.
Gegen die von reaktionärer Seite geplante Entfernung der
Volksmarinedivision protestieren wir auf das energischste. Die Kameraden
der Marine sind die ersten Träger und Schützer der Revolution gewesen. Ihre
Anwesenheit in Berlin ist deshalb unbedingt erforderlich. Die Soldaten
beantragen bei der im Abgeordnetenhaus tagenden gesetzgebenden
Körperschaft, folgende Dringlichkeitsanträge sofort zum Beschluß zu erheben:
1. Ein
oberster Soldatenrat, zusammengesetzt aus gewählten Delegierten aller
deutschen Soldatenräte, übt die Kommandogewalt über alle Truppen des Heeres
aus analog der Marine*
2. Die
Rangabzeichen aller Dienstgrade sind verboten. Sämtliche Offiziere sind zu
entlassen. Das Verbot der Rangabzeichen aller Dienstgrade tritt für die
heimkehrenden Truppen in Kraft, nachdem die Niederlegung der Waffen in den
Kasernen erfolgt ist.
3. Für
die Zuverlässigkeit der Truppenteile und für die Aufrechterhaltung der
Disziplin sind die Soldatenräte verantwortlich.
* wo
der 53er Ausschuß die Kommandogewalt hatte.
Antrag Ernst Däumig[11]:
1. Die
Delegiertenversammlung erklärt, daß unter allen Umständen an dem Rätesystem
als Grundlage der Verfassung der sozialistischen Republik festgehalten
wird, und zwar derart, daß den Räten die höchste gesetzgebende und
Vollzugsgewalt zusteht.
2. Die
Delegiertenversammlung beauftragt eine Kommission mit der schleunigen
Ausarbeitung eines allgemein gültigen Wahlsystems für die Arbeiter- und
Soldatenräte und Bauernräte1 Deutschlands.
3. Auf
Grund dieses Wahlrechts werden Wahlen zu einem Nationalkongreß der
Arbeiter- und Soldatenräte vorgenommen, der die Entscheidung über die
künftige Verfassung Deutschlands zu fällen hat.
4. Solange
die endgültige Verfassung der sozialistischen Republik nicht beschlossen
ist, bildet ein Zentralrat von 53 Mitgliedern, die allen Teilen
Deutschlands zu entnehmen sind, die höchste Kontrollinstanz des Rates der
Volksbeauftragten und der Reichsämter.
Hugo Haase im Namen der Volksbeauftragten[12]:
Unter parlamentarischer Bewachung versteht
der Rat der Volksbeauftragten, daß alle Gesetzentwürfe dem Zentralrat
vorgelegt und alle wichtigen Gesetzesvorlagen mit ihm beraten werden. Er
hält es für ganz ausgeschlossen, daß bei dieser Regelung Zerwürfnisse
zwischen ihm und dem Zentralrat entstehen können. Es muß in dieser
revolutionären Periode rasch auf gesetzgeberischem Wege gearbeitet werden.
Sollte in irgendeinem Falle es nicht zu einer Übereinstimmung kommen, dann
darf ein Vakuum nicht entstehen, sondern es muß dann der Rat der
Volksbeauftragten selbst entscheiden können, solange er das Vertrauen des
Vollzugsrats hat, der ihn ja jederzeit abberufen kann.
Antrag Geye [13]:
Der Zentralrat hat
das volle Recht der Zustimmung oder Ablehnung von Gesetzen vor ihrer
Verkündung.
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Ernst Däumig über
die Grundprinzipien des Rätegedankens (1920)[14]
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Das Wesen des
Rätegedankens beruht auf folgenden Grundsätzen:
1. Träger des Rätegedankens kann nur
das Proletariat sein, d. h. alle die Hand- und Kopfarbeiter, die gezwungen
sind, ihre Arbeitskraft dem Kapital zu verkaufen, um leben zu können. Damit
steht der Rätegedanken in einem ebenso scharfen wie natürlichen Gegensatz
zu dem landläufigen demokratischen Gedanken, der die Staatsbürger als eine
einheitliche Masse wertet, ohne Rücksicht auf den großen Gegensatz zwischen
Kapital und Arbeit und die aus diesem hervorgehenden Klassenscheidungen zu
nehmen.
2. Da das dem Rätegedanken folgende
Proletariat ausgesprochen antikapitalistische Ziele verfolgt, kann es in
seinen Räteorganisationen keine kapitalistischen Vertreter dulden.
3. Da die den formalen demokratischen
Gedanken verkörpernden Parlamente solange kapitalistischen Tendenzen
dienstbar gemacht werden, solange die kapitalistische Produktionsform
besteht, kann der Rätegedanke nicht mit den Mitteln des Parlamentarismus
verwirklicht werden, sondern muß in den Keimzellen der kapitalistischen
Produktion, den Betrieben, dann aber auch in verschiedenen Einrichtungen
des Obrigkeitsstaates, der auf der Grundlage der kapitalistischen
Produktion errichtet ist, zur Anwendung gebracht werden.
4. Da die Verwirklichung des
Rätegedankens die ständige aktive Anteilnahme des Proletariats an allen
wirtschaftlichen und politischen Fragen erfordert, können die Organe der
Räteorganisation nicht langbefristete Vollmachten erhalten, sondern müssen
stets der Kontrolle ihrer Wähler unterstehen und jederzeit abberufen werden
können, wenn sie das Vertrauen ihrer Wähler nicht mehr haben.
5. Da der Rätegedanke die Befreiung
des gesamten Proletariats von der kapitalistischen Ausbeutung zum Ziele
hat, kann die Räteorganisation nicht die Domäne einer einzelnen Partei oder
einzelner Berufsgruppen sein, sondern muß das Proletariat als Ganzes
umfassen.
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Beschluß du Congrès national de conseils, concernant le
pouvoir législatif et exécutif, 18‑20 décembre 1918[15]
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1. Der Reichskongreß der Arbeiter- und
Soldatenräte Deutschlands, der die gesamte politische Macht repräsentiert,
überträgt bis zur anderweitigen Regelung durch die Nationalversammlung die
gesetzgebende und die vollziehende Gewalt dem Rat der Volksbeauftragten.
2. Der Kongreß bestellt ferner einen
Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte, der die parlamentarische
Überwachung des deutschen und preußischen Kabinetts ausübt. Er hat das
Recht zur Überwachung der Volksbeauftragten des Reiches und - bis zur
endgültigen Regelung der staatlichen Verhältnisse - auch der
Volksbeauftragten Preußens.
3. Zur Überwachung der
Geschäftsführung in den Reichsämtern werden vom Rat der Volksbeauftragten
Beigeordnete der Staatssekretäre bestimmt. In jedes Reichsamt werden zwei
Beigeordnete entsandt, die aus den beiden sozialdemokratischen Parteien zu
entnehmen sind. Vor der Berufung der Fachminister und Beigeordneten ist der
Zentralrat zu hören.
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Beschluß des
Reichsrätekongresses, 18.‑20. Dezember 1918[16]
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Text, angenommen am 18. Dezember:
1. Die Kommandogewalt über Heer und
Marine und Schutztruppen üben die Volksbeauftragten unter Kontrolle des
Vollzugsrats aus.
2. Als Symbol der Zertrümmerung des
Militarismus und der Abschaffung des Kadavergehorsams wird die Entfernung
aller Rangabzeichen und des außerdienstlichen Waffentragens angeordnet.
3. Für die Zuverlässigkeit der
Truppenteile und für die Aufrechterhaltung der Disziplin sind die
Soldatenräte verantwortlich. Der Kongreß der A.- und S.-Räte ist der
Überzeugung, daß die unterstellten Truppen den selbstgewählten
Soldatenräten und Vorgesetzten im Dienste den zur Durchführung der Ziele
der sozialistischen Revolution unbedingt erforderlichen Gehorsam erweisen.
Vorgesetzte außer Dienst gibt es nicht mehr.
4. Entfernung der bisherigen
Achselstücke, Unteroffizierstressen usw., Kokarden, Achselklappen und
Seitengewehre ist ausschließlich Angelegenheit der Soldatenräte und nicht
einzelner Personen. Ausschreitungen schädigen das Ansehen der Revolution
und sind zur Zeit der Heimkehr unserer Truppen unangebracht. Der Kongreß
verlangt Abschaffung aller Orden und Ehrenzeichen und des Adels.
5. Die Soldaten wählen ihre Führer
selbst. Frühere Offiziere, die das Vertrauen der Mehrheit ihres
Truppenteils genießen, dürfen wiedergewählt werden.
6. Offiziere der militärischen
Verwaltungsbehörden und Beamte im Offiziersrange sind im Interesse der
Demobilisation in ihren Stellungen zu belassen, wenn sie erklären, nichts
gegen die Revolution zu unternehmen.
7. Die Abschaffung des stehenden
Heeres und die Errichtung der Volkswehr sind zu beschleunigen.
Paragraphe im ursprünglichen Vorschlag:
8. Vorstehende Sätze sind Richtlinien.
Die endgültigen Ausführungsbestimmungen werden von den sechs
Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrates und im Einvernehmen mit
den Soldatenräten von Heer und Marine festgesetzt.
Zusatz zum Punkt 1, 20. Dezember:
1. In den Garnisonen wird die
militärische Kommandogewalt in ständigem Einvernehmen mit der obersten
Kommandogewalt von den örtlichen Arbeiter- und Soldatenräten ausgeübt. 2. Militärische
Angelegenheiten, die allen Garnisonen gemeinsam sind, werden von den
Trägern der obersten Kommandogewalt im Verein mit einem Delegiertenrat der
Garnisonen erledigt.
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Friedrich
Stampfer, 24. Dezember[17]
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[Titel:] Volksherrschaft oder
Verbrecherherrschaft?
[...] Daß ein paar junge Wirrköpfe und
verschiedene unlautere Elemente sich einem wüsten Radaufritzentum hingeben
und in der Aufrichtung einer asiatischen Hunger- und Schreckensherrschaft,
wie in Rußland, ihr Ziel erblicken, das ist noch nicht das Schlimmste. Das
Schlimmste ist, daß Tausende Berliner Arbeiter den Kompaß im Gehirn
verloren zu haben scheinen, daß sie nicht wissen, wie sie sich zu den
Ereignissen stellen sollen und den blödesten Schlagworten besinnungslos
nachlaufen. [...]
Die Ereignisse des gestrigen und des
heutigen Tages sprechen eine eindeutige Sprache. Es muß ein scharfer Strich
gezogen werden zwischen hüben und drüben, [...]
Wer die Regierung in dieser notwendigen
Arbeit hindert, wer dem Volk das Recht nehmen will, in freier Abstimmung
über sich selbst zu entscheiden, der ist kein Revolutionär, kein
Republikaner, kein Sozialist, sondern ein Verbrecher an der Revolution, an
der Republik und am Sozialismus, und muß dementsprechend behandelt werden.
[...]
Anzeige[18]:
"Generalsekretariat Antibol",
"Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des
Bolschewismus". [Vandalismus und Terror einer kleinen Menge, die sich
Gewalt angemaßt hat] "deutsche Haus" ["am Tor lauernde
russische Seuche"].
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Darstellung durch
Gustav Noske[19]
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Wenn ich in Berlin etwas für die
Herstellung geordneter Zustände leisten sollte, mußte ich rasch in Fühlung
mit den Soldaten kommen, um sie in der Hand zu haben. Darin hatte das ganze
Geheimnis meines Kieler Erfolges gelegen, daß ich das unbedingte Vertrauen
aller Schichten der Soldaten besessen hatte. Aber in der Reichskanzlei saß
ich in Sitzungen und beim Empfang von Deputationen wie eingekeilt. Es war
meinen Kollegen in den beiden verflossenen Monaten zum Verhängnis geworden,
daß sie zu wenig in die Kasernen gekommen waren. Den ersten Besuch machte
ich in früher Morgenstunde der Volksmarine-Division im Schloß und Marstall.
Im Schloß war man bei der Räumung; ich blickte in einige der freigemachten
unteren Zimmer, in denen es wüst aussah. Von den Führern war niemand da. Im
Marstall wurde ich in die Wachtstube geführt. Sie war gestopft voller
Menschen, die eine schlaflose Nacht hinter sich hatten, ungewaschen und
ungepflegt, einen ziemlich wilden Eindruck machten. Im Nu war ich, nachdem
ich meinen Namen genannt hatte, von der ganzen Schar umringt und in eine
lebhafte Auseinandersetzung verwickelt, bei der ich anfänglich wenig zu
Worte kam. Gemütlich war der Empfang, den man mir bereitete, gerade nicht.
Dafür fehlte es mir aber nicht an Verständnis. Vor einigen Tagen erst
hatten meine jetzigen Regierungskollegen Marstall und Schloß mit Kanonen
beschießen lassen, und es hatte Tote und Verwundete gegeben. Die Erregung
darüber zitterte noch nach und machte sich in wenig freundlichen
Bemerkungen Luft. Als ein kleiner wilder Kerl mir gegenüber drohende
Äußerungen tat, wurde er von Kameraden ernstlich zurechtgewiesen. Die
Mehrzahl in der Division waren brave Menschen, die nur mißbraucht wurden.
Man gab mir schließlich einen Führer mit, um einen der Kommandeure
aufzusuchen. Ich schied mit der Bemerkung, nach meinen Kieler Erfahrungen
hoffe ich auch in Berlin mit den Marineleuten bald in ein gutes Verhältnis
zu kommen. Das ist leider nicht gelungen. Wo der Befehlshaber steckte,
wußte niemand.
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