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Forderungen ADGB Berlin, Oskar Rusch [1]:
1. Völlige Neubildung des Kabinetts, nur sozialdemokratische
Arbeiter als Regierende. Bisher arbeiterfeindliche Regierung. Wir
betrachten eine Verfassung nicht als nichtabänderlich. Also Abänderung der
Verfassung.
2. Sofortige Zurückziehung aller meuternden Truppen und Auflösung
und Entwaffnung. Arbeiter müssen in die Truppenteile mit hinein. Dann
Entwaffnung und Beseitigung der Meuterer.
3. Das bisher militaristische Regime hat dem Kapital als
Schutzgarde gedient, gegen Streikende. Deshalb Auflösung der gesamten
Söldnerscharen, auch der Einwohnerwehren.
4. Auflösung der Technischen Nothilfe. Dafür Arbeiterwehr zur
Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit.
5. Entscheidende Mitwirkung bei der Neuordnung.
6. Sofortige Aufhebung des Ausnahmezustandes.
Erklärung USPD [2]:
Auflösung aller militärischen
Sicherheitswehren, Einwohnerwehr, Entwaffnung des Bürgertums und des
Grundbesitzes, revolutionäre Wehren, Freilassung aller politischen
Gefangenen. Sofortige Sozialisierung, sofortige Wahl revolutionärer
Arbeiterräte, Ausnahmegerichte.
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Programm ADGB,
Afa, DBB, 18. März 1920 [3]
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I. Entscheidender Einfluß der genannten Arbeitnehmerverbände
auf die Umgestaltung der Regierungen im Reich und in den Ländern sowie auf
die Neuregelung der wirtschafts- und sozialpolitischen Gesetzgebung.
II. Sofortige Entwaffnung und Bestrafung aller am Putsch
beteiligten Truppen und Bestrafung aller Personen, die am Sturz der legalen
Regierungen beteiligt waren oder sich als Beamte des Reichs, der Länder
oder Gemeinden ungesetzlichen Regierungen zur Verfügung gestellt haben.
III. Sofortiger Rücktritt des Reichsministers Noske sowie der
preußischen Minister Oeser und Heine.
IV. Gründliche Reinigung der gesamten öffentlichen Verwaltungen
und Betriebsverwaltungen von allen reaktionären Persönlichkeiten, besonders
solchen in leitenden Stellungen, und deren Ersatz durch zuverlässige
Kräfte. Wiedereinstellung aller in öffentlichen Diensten gemaßregelten
Organisationsvertreter.
V. Schnellste Durchführung der Demokratisierung der
Verwaltungen unter Zuziehung und Mitbestimmung der wirtschaftlichen
Organisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
VI. Sofortiger Ausbau der bestehenden und Schaffung neuer
Sozialgesetze, die den Arbeitern, Angestellten und Beamten volle soziale und
wirtschaftliche Gleichberechtigung gewährleisten. Schleunige Einführung
eines freiheitlichen Beamtenrechts.
VII. Sofortige Sozialisierung des Bergbaus und der Kraftgewinnung,
Übernahme des Kohlen- und Kalisyndikats durch das Reich.
VIII. Sofortige Vorlegung eines Enteignungsgesetzes gegen
Grundbesitzer, die die verfügbaren Lebensmittel nicht abführen oder ihren
Betrieb nicht im Interesse des Volksganzen bewirtschaften, damit die
produktiven Kräfte zur Gewinnung von Nahrungsmitteln restlos ausgenutzt werden.
IX. Auflösung aller konterrevolutionären-militärischen
Formationen, Übernahme des Sicherheitsdienstes durch die organisierte
Arbeiterschaft.
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Aufruf ADGB, Afa,
DBB, 18. März 1920[4]
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Arbeiter, Angestellte und Beamte! Der
Generalstreik hat bisher den Erfolg gezeitigt, daß die Kapp und Lüttwitz
beseitigt sind. Damit ist aber der Kampf noch nicht beendigt. Die
Soldateska beherrscht noch die Straßen Berlins. Die von verschiedenen
Seiten gebrachte Nachricht, daß Noske als Oberbefehlshaber der Truppen nach
Berlin zurückkehren soll, erscheint uns nach den bisherigen Verhandlungen
mit der verfassungsmäßigen Regierung ausgeschlossen. Zunächst sind alle
unzuverlässigen Truppen restlos zu entfernen und zu entwaffnen. Die
Neuorganisation der Truppen muß so erfolgen, daß für die Zukunft jeder
militärische Putsch unmöglich ist. Wir fordern entscheidende Mitwirkung bei
der Neuordnung der Verhältnisse. Die Erfüllung dieser Forderungen halten
wir zur Sicherung einer gesunden Fortentwicklung unseres Wirtschaftslebens
für unerläßlich. Diese Bedingungen sind der verfassungsmäßigen Regierung
gestellt. Jede Mitteilung darüber, daß wir in irgendwelche Verbindung mit
Kapp und Genossen getreten wären, ist unwahr. Wir haben von vornherein jede
Verhandlung mit den Volksfeinden abgelehnt. Der Generalstreik ist
fortzusetzen, bis unsere Forderungen erfüllt sind! Vermeidet Ansammlungen
und bewahrt die Ruhe!
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Aufruf zentrale
Streikleitung Berlin, Afa, 18. März 1920[5]
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Angestellte! Beamte! Der Generalstreik geht
weiter! Die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (Afa)
verhandelt mit den maßgeblichen Stellen über folgende Mindestforderungen:
1. Fort mit der Militärdiktatur!
2. Sofortige Zurückziehung der Truppen und ihre Entwaffnung!
3. Übertragung des Sicherheitsdienstes an die organisierte
Arbeitnehmerschaft
4. Entscheidende Mitwirkung der Gewerkschaften bei der Neuordnung
der Verhältnisse
Wir streiken nicht umsonst! Diese Zustände
dürfen nicht wiederkehren. Bevor nicht Garantien gegeben sind, darf die
Arbeit nicht wieder aufgenommen werden.
Hört nur auf uns! Der Generalstreik geht
weiter!
Unterzeichnet: Die Zentralstreikleitung der
Afa Bezirk Groß-Berlin. Baumann, Bernard, Hugo Cohn, Daubert, Ehrecke,
Flatau, Dr. Greil , Noerpel, Reder, Schroeder, Schindler, Fr. Schmidt
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Beschluß
Arbeiterrat Sachsen, 18. März 1920[6]
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Die am 18. März 1920 im
"Kaufmännischen Vereinshaus" zu Chemnitz versammelten
Arbeiterräte Sachsens und angrenzender bayerischer und thüringischer
Ortschaften stimmten geschlossen folgenden Forderungen zu:
1. Sofortige Entwaffnung und Aufhebung der Reichswehr, der
Sicherheitswehr, der Einwohnerwehr und der Zeitfreiwilligen. Die Bewaffnung
des Proletariats ist in Angriff zu nehmen. Als erster Schritt dazu ist die
Bildung einer Arbeiterwehr unter Kontrolle der Arbeiterräte durchzuführen.
2. Die Arbeiter in Stadt und Land, die Angestellten, werktätigen
Männer und Frauen treten sofort in allen Fabriken, Werkstätten, Gruben und
Kontoren zusammen und wählen revolutionäre Betriebsräte. Die Betriebsräte
schließen sich zusammen zu örtlichen und Bezirksräten. Die Bezirksräte
wiederum müssen zusammengefaßt werden zu einem Zentralrätekongreß.
3. Die in den Betrieben und Werkstätten gewählten Arbeiterräte
schließen sich zusammen zu Vollversammlungen. Die Vollversammlung des
Arbeiterrats muß zu allen wichtigen Fragen Stellung nehmen. Sie wählt einen
Vollzugsrat und beauftragt diesen, alle Beschlüsse durchzuführen und
notwendige Aktionen zu leiten. Die neugewählten Betriebsräte üben die
Kontrolle über die Produktion aus. Sie haben das Recht, Einstellungen und
Entlassungen von Arbeitern vorzunehmen.
4. Alle politischen Gefangenen und Inhaftierten, die in deutschen
Gefängnissen sitzen, sind sofort zu entlassen.
5. Alle Maßnahmen der Arbeiterräte seit der Erhebung der
Kapp-Lüttwitze sind Abwehrmaßnahmen gegen die Erhebungen der
Konterrevolution. Maßregelungen von Arbeitern und Beamten, zivilrechtliche
Verfolgungen und Bestrafungen irgendwelcher Art aus diesem Anlaß haben zu
unterbleiben. Wo trotzdem der Versuch unternommen wird, ist es Aufgabe des
Arbeiterrates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln derartige Versuche
zu unterbinden.
6. Der Generalstreik war eine notwendige Abwehrmaßnahme gegen die
Erhebung der Konterrevolution. Der dadurch entstandene Lohnausfall ist von
den Unternehmern allen Arbeitern auszuzahlen. Unternehmern, die sich
weigern, die Streiktage zu zahlen, wird die Zufuhr von Rohstoffen und
Produktionsmitteln jeder Art gesperrt. In ihren Betrieben wird solange
gestreikt, bis sie sich bereit erklären, alle Streiktage zu bezahlen.
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Anweisung
Reichswehrgruppenkommandos 1, (wahrscheinlich) 18. März 1920[7]
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1. Es ist sicher, daß wir vor einem
Versuch größten Stils zur Einführung der Räterepublik stehen. Der Gegner
hat die Absicht, die Reichswehr durch Aufstände in den großen Städten in
deren Innern zu fesseln und sie dann durch Heranführen roter Truppen von
außen einzuschließen. Es liegen Anzeichen vor, daß der Gegner gut,
vielleicht von fachkundigen Militärs, geführt wird. Auch seine die Truppen
zermürbende Propaganda scheint gut organisiert zu sein.
2. Den militärischen Befehlshabern
wird, um die Absichten des Gegners zu durchkreuzen, dringend empfohlen, so
schnell wie möglich starke, kampfkräftige Verbände aller Waffen außerhalb
der größten Städte zusammenzuziehen, um mit diesen zunächst den Gegner im
freien Felde anzugreifen. Ist im freien Felde kein Gegner mehr vorhanden,
so müssen die verlorengegangenen Städte mit zusammengefaßten Kräften eine
nach der anderen von außen her konzentrisch angegriffen und zurückerobert
werden. Angriffe mit zu geringen Kräften sind zu vermeiden. Überall, wo die
Truppe Widerstand findet, ist die Waffengewalt der Truppe sofort mit
rücksichtsloser Energie und schwersten Kampfmitteln zur Anwendung zu bringen.
Verhandlungen, die der Gegner nur anknüpft, um Zeit zu gewinnen und die
Truppe zu verwirren, sind peinlichst zu vermeiden. Es wird nochmals darauf
hingewiesen, daß das Vaterland sich in schwerster Gefahr befindet und nur
durch rücksichtslosen Einsatz der Truppe und zielbewußte energische Führung
aller Militärbefehlshaber gerettet werden kann.
3. Sämtliche Hilfsmittel zur
Verstärkung der Reichswehr (Einwohnerwehren, Zeitfreiwillige, Technische
Nothilfe) sind in vollem Umfange nutzbar zu machen, die gesamte
nationalgesinnte Bevölkerung, einschl. nationalgesinnter Arbeiter, ist zur
Mitwirkung aufzubieten.
4. Letzte Nachrichten besagen, daß
beträchtliche Teile der Gewerkschaften, Beamten- und
Angestelltenvereinigungen in der augenblicklichen politischen Verwirrung
sich der Bewegung für Einführung der Räterepublik anzuschließen scheinen,
also feindlich sind.
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Erklärung ADGB
Berlin, 19. März 1920[8]
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Der Ausschuß der Gewerkschaftskommission
Berlins und Umgegend hat folgende Beschlüsse angenommen:
1. Der Streik geht weiter.
2. Die Gewerkschaftskommission fordert die Einsetzung einer
sozialistischen Arbeiterregierung.
3. Die sofortige Zurückziehung der meuternden Truppen, deren
Auflösung und Entwaffnung, Auflösung der Reichswehr, Sicherheits- und
Einwohnerwehr und Errichtung einer Arbeiterwehr zur Aufrechterhaltung der
Ordnung.
4. Die Gewerkschaftskommission fordert entscheidende Mitwirkung
der Gewerkschaften bei der Neuordnung der wirtschaftlichen und politischen
Verhältnisse.
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Sekretär USPD Hagen, J. Ernst, Telegramm
an Gustav Bauer[9]:
Die drei sozialistischen Parteien des
Industriegebietes, die heute morgen zu einer Konferenz hier vereinigt
waren, stellten sich einmütig auf den Standpunkt, daß alle Kräfte
eingesetzt werden müssen, um die Reaktion niederzuschlagen. In keiner Weise
kann sie General v. Watter Vertrauen entgegenbringen, der als
reaktionärer monarchistischer Offizier heute morgen die Arbeiter zur Abgabe
der Waffen aufforderte, bis heute aber noch nichts tat, um das Bataillon
Schulz, das auf dem Boden der Kapp-Regierung steht, zu entwaffnen. Wir
verlangen sofortige Einstellung der Truppenbewegung, da wir sonst gezwungen
sind, in berechtigter Abwehr zum Angriff zu schreiten, um zu verhindern,
daß zusammengezogene reaktionäre Truppenkörper im Industriegebiet den
weißen Schrecken einfuhren. Die Konferenz lehnt einstimmig die Einführung
der Rätediktatur ab und stellt sich in ihrem Vorgehen auf durchaus legalen
Boden, verlangt aber Garantien, um vor der Reaktion gesichert zu sein. Im
Gegensatz zu allen anderen Behauptungen erklären wir, daß im
Industriegebiet größte Ruhe und Ordnung herrscht und die Arbeit mit
Ausnahme der unter den Waffen stehenden Arbeiter voll aufgenommen wurde.
Wir bitten sofortige Entscheidung zu treffen.
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Aktionsausschuß Mülheim, Erklärung ][10]:
die diktatorische Macht nur solange
ausüben, bis aus den Reihen der revolutionären, auf dem Boden der
proletarischen Diktatur stehenden Betriebsräte ein endgültiger Arbeiterrat
gewählt ist.
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Abkommen,
20. März 1920[11]
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1. Die anwesenden Vertreter der
Regierungsparteien werden bei ihren Fraktionen dafür eintreten, daß bei der
bevorstehenden Neubildung der Regierungen im Reich und in Preußen die
Personenfrage von den Parteien nach Verständigung mit den am Generalstreik
beteiligten gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter, Angestellten
und Beamten gelöst und daß diesen Organisationen ein entscheidender Einfluß
auf die Neuregelung der wirtschafts- und sozialpolitischen Gesetze
eingeräumt wird, unter Wahrung der Rechte der Volksvertretung.
2. Sofortige Entwaffnung und
Bestrafung aller am Putsch oder am Sturz der verfassungsmäßigen Regierungen
Schuldigen sowie der Beamten, die sich ungesetzlichen Regierungen zur
Verfügung gestellt haben.
3. Gründliche Reinigung der gesamten
öffentlichen Verwaltungen und Betriebsverwaltungen von gegenrevolutionären
Persönlichkeiten, besonders solchen in leitenden Stellen, und ihren Ersatz
durch zuverlässige Kräfte. Wiedereinstellung aller in öffentlichen Diensten
aus politischen und gewerkschaftlichen Gründen gemaßregelten
Organisationsvertreter.
4. Schnellste Durchführung der
Verwaltungsreform auf demokratischer Grundlage unter Mitbestimmung auch der
wirtschaftlichen Organisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
5. Sofortiger Ausbau der bestehenden
und Schaffung neuer Sozialgesetze, die den Arbeitern, Angestellten und
Beamten volle soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung gewährleisten.
Schleunige Einführung eines freiheitlichen Beamtenrechts.
6. Sofortige Inangriffnahme der
Sozialisierung der dazu reifen Wirtschaftszweige unter Zugrundelegung der
Beschlüsse der Sozialisierungskommission, zu der Vertreter der
Berufsverbände hinzuzuziehen sind. Die Einberufung der
Sozialisierungskommission erfolgt sofort. Übernahme des Kohlen- und des
Kalisyndikats durch das Reich.
7. Auflösung aller der Verfassung
nicht treugebliebenen konterrevolutionären militärischen Formationen und
ihre Ersetzung durch Formationen aus den Kreisen der zuverlässigen
republikanischen Bevölkerung, insbesondere der organisierten Arbeiter,
Angestellten und Beamten, ohne Zurücksetzung irgendeines Standes. Bei
dieser Reorganisation bleiben erworbene Rechtsansprüche treugebliebener
Truppen und Sicherheitswehren unangetastet.
8. Wirksame Erfassung, gegebenenfalls
Enteignung der verfügbaren Lebensmittel und verstärkte Bekämpfung des
Wuchers und Schiebertums in Stadt und Land. Sicherung der Erfüllung der
Ablieferungsverpflichtung durch Gründung von Lieferungsverbänden und
Verhängung fühlbarer Strafen bei böswilliger Verletzung.
Ferner erklärten sich die Vertreter der
Regierungsparteien bereit, in ihren Fraktionen auf unverzügliche Aufhebung
der Schutzhaft der in ihr Befindlichen zu dringen. Im weiteren wurde in
dieser Sitzung mitgeteilt, daß die Minister Noske und Heine bereits ihr
Abschiedsgesuch eingereicht hätten.
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Erklärung ADGB,
Afa, DBB, 20. März 1920[12]
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An alle Arbeiter,
Angestellten und Beamten!
Die Vertreterkonferenz der am Generalstreik
beteiligten gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter, Angestellten
und Beamten erklärt, daß sie von den durch ihren Verhandlungsausschuß mit
den Fraktionsvertretern der Regierungsparteien erzielten Vereinbarungen
zwar nicht restlos befriedigt ist, ihnen aber gleichwohl zustimmt und
hiermit den Generalstreik mit dem heutigen Tage als beendet erklärt.
Berlin , den 20. März 1920, morgens
7.05 Uhr
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, C. Legien
Arbeitsgemeinschaft freier
Angestelltenverbände, S. Aufhäuser
Deutscher Beamtenbund, Kugler, Scherff
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Brief Noske an Göring, 29. September 1934 [13]:
Hiermit beantrage ich zum morgigen letzten
Termin die Aufhebung der Verfügung vom 21.September 1933, die mir am 26. September,
4 Tage vor Erreichung der Altersgrenze, zugestellt wurde, durch die
mit sofortiger Wirkung meine Entlassung aus dem Preußischen Staatsdienst
auf Grund des § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des
Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 ausgesprochen wurde. Die
Möglichkeit eines Einspruches ist mir damals nicht eröffnet, während in der
Regel den zu entlassenden Beamten Einspruchsfrist zugestanden worden ist.
Der Vorwurf mangelnder nationaler Zuverlässigkeit ist ungerechtfertigt. Lange
Zeit vor dem Kriege ist meine vaterländische Gesinnung anerkannt und
während des Krieges gerühmt worden. Ich verweise nur auf die Wirkung meiner
sog. Baralong-Rede* im Reichstage am 15. Januar 1916. Meine
erfolgreiche Tätigkeit besonders zur Wiederherstellung der Ordnung in
Deutschland und zur Niederwerfung des Kommunismus als Reichswehrminister
steht vor der Geschichte fest. Danach habe ich als Oberpräsident die
Provinz 13 Jahre lang pflichttreu verwaltet, so daß mich breiteste
Kreise der Bevölkerung schätzten, wofür mir zahlreiche Beweise erbracht
wurden. Der Herr Preußische Ministerpräsident Göring hat mich deshalb durch
Erlaß vom 17. Februar 1933 beurlaubt, nachdem er mir mündlich
versichert hatte, er wünsche, daß ich keine Schmälerung meiner Pensionsbezüge
erleiden solle. Gründe für die kränkende Entlassung habe ich nicht erfahren
können. Ich bitte, besonders den Herrn Finanzminister Dr. Pop[p]itz zu
hören, der mir versichert hat, er sehe meine Entlassung nach § 4 nicht
als angebracht an angesichts meiner Verdienste für das Reich und für
Preußen.
Noske
* Am 15. Januar 1916. Cf. nachstehend.
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Gustav Noske,
Rede, 15. Januar 1916 (Auszüge)[14]
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Mit heller Empörung haben alle Kreise des
deutschen Volkes von dem Wortlaut der englischen Note in der "Baralong"-Affäre
Kenntnis genommen. Als vor Monaten die ersten Nachrichten darüber kamen,
daß die Mannschaft eines deutschen Unterseebootes durch die Besatzung eines
englischen Hilfskreuzers in geradezu bestialischer Weise getötet worden
sei, habe ich und mit mir wohl viele andere eine Zeitlang an der
Richtigkeit der Angaben starke Zweifel gehegt. Es erschien geradezu
ungeheuerlich, daß Seeleute es sollten fertiggebracht haben, auf hilflos im
Wasser treibende Männer zu schießen und sie zu töten und schon gerettete
Mannschaften, die wehrlose Gegner geworden waren, meuchlings zu erschlagen.
Wir haben während des Krieges mit Genugtuung davon Kenntnis genommen, daß
englische Seeleute bei anderen Gelegenheiten deutsche Matrosen nach
ritterlichem Kampfe mutig gerettet haben. Es ist selbstverständlich, daß
deutsche Seeleute in ähnlichen Fällen ebenso handeln würden und gehandelt
haben. Retteten bisher englische Schiffe mehr deutsche Seeleute als
deutsche Schiffe englische Mannschaften aufnehmen konnten, worauf die englische
Regierung wiederholt und auch jetzt wieder prahlerisch hingewiesen hat, so
geschah es doch deswegen, weil die Umstände es eben bisher nicht anders mit
sich gebracht haben. Im Falle "Baralong" kann nun schon lange
nicht mehr daran gezweifelt werden, daß die Aussagen der amerikanischen
Zeugen vollen Glauben verdienen. Wäre es anders, würden die englische
Regierung und die englische Presse sehr bald mit der Entrüstung, die sie so
gut zur Schau zu tragen wissen, den amerikanischen Aussagen und den Erörterungen
der deutschen Presse entgegengetreten sein. Dies Schweigen kann nur als
Schuldbekenntnis bewertet werden. Danach habe ich mir selbstverständlich
die Frage vorgelegt, was die deutsche Regierung wohl tun werde, um Sühne
für den feigen Mord an deutschen Soldaten zu erlangen. Das deutsche Volk
verspürt keine Neigung, seine U‑Bootleute so von den Engländern
behandeln zu lassen. Es hatte allgemeine Genugtuung erregt, als die
englische Regierung durch die Maßregeln der deutschen Regierung gezwungen
wurde, die U‑Bootleute als Kriegsgefangene zu behandeln. Etwas
absolut Selbstverständliches war es, daß die deutsche Regierung im Falle "Baralong"
die Bestrafung der Schuldigen verlangte. Allen Ungeheuerlichkeiten in dem
an sich furchtbaren Kriege entgegenzutreten hat jedes Volk und jede
Regierung Anlaß, schon um das Zusammenarbeiten der Nationen nach dem Kriege
nicht unnötig zu erschweren. Die Neigung dazu läßt die englische Regierung
in Beantwortung der Note im Falle "Baralong" vollkommen
vermissen. Diese Antwort ist das Empörendste, was wir in diesem Kriege an
Zynismus auf diplomatischem Gebiete erlebt haben. Die Ausflüchte der
englischen Regierung laufen mittelbar auf eine Billigung des Mordes an
deutschen Seeleuten hinaus. Dafür hat das deutsche Volk absolut kein
Verständnis. Mit Genugtuung haben wir wiederholt während der Dauer des
Krieges davon Kenntnis nehmen können, daß neutrale Mächte, die dänische,
die schwedische, die norwegische und die holländische Regierung,
anerkannten, daß die deutsche Regierung vorgekommene Ungehörigkeiten
mißbilligte und sofort Genugtuung gewährte. Die englische Regierung
erdreistet sich erneut, die Soldaten des deutschen Heeres und der Flotte zu
beschimpfen, gegen die sie den Vorwurf verbrecherischer Kriegführung
erhebt. Wir verwahren uns für unsere Volksgenossen im Waffenrock gegen
solche Beschimpfungen. Wir Sozialdemokraten haben schon einmal in der Öffentlichkeit
betont, daß das deutsche Volk kein Barbarenvolk ist. Wir wissen, daß unsere
Brüder im Felde sich an menschlicher Gesittung und kulturellen Empfindungen
von den Soldaten feindlicher Länder ganz gewiß nicht übertreffen lassen.
Schließlich find doch die deutschen Soldaten keine Abkömmlinge von
Afrikanern, deren Väter sich noch mit Menschenfleisch ernährten und die
jetzt von Frankreich und England gegen uns ins Feld geführt werden*. Unsere
Soldaten stammen zum großen Teil aus unserer Mitte, sie gingen durch
unsere politische und gewerkschaftliche Schulung, und sie wissen, daß sie
diesen Kampf für ihr Vaterland, ihre eigene Existenz und die Zukunft ihrer
Kinder führen. Auch die Männer, die den harten Dienst auf den U‑Booten
tun, verdienen nicht den Vorwurf, Barbaren zu fein. England hat den
Aushungerungskrieg gegen unsere Frauen und Kinder begonnen, weil es uns
militärisch nicht niederringen konnte. Es freut mich, feststellen zu
können, daß die deutsche Armee und die deutsche Flotte die Grundsätze des Krieges
und der Menschlichkeit achten, und ich hoffe, daß die leitenden Stellen
weiter darauf halten werden, daß alle vorkommenden Verstöße genau
untersucht und scharf geahndet werden. Beim Lesen der deutschen Antwort
habe ich mich zunächst gefragt, ob nicht auf den Zynismus der englischen
Note mit stärkeren Tönen hätte geantwortet werden können. Ich billige aber
dann die vornehme Zurückhaltung, mit der die deutsche Regierung geantwortet
hat. Die deutsche Antwort ist nach meinem Empfinden durchaus ernst und würdig,
und Deutschlands gutes Recht ist in diesem Falle ein viel besseres
Argument, als es Worte sein könnten. Der "Baralong"-Fall kann nun
durch den papiernen Protest seine Erledigung nicht finden. Es ist zu
billigen, wenn die Regierung selbst die Sühne für diesen feigen Mord zu
erlangen suchen wird. Wohl bedauern meine Freunde und ich jede weitere
Verschärfung des Krieges. Der Krieg ist wahrhaftig schon hart genug. Aber
das deutsche Volk verspürt keine Neigung, Selbstmordpolitik zu treiben oder
zu dulden, daß England mit dem deutschen Heer und der deutschen Flotte
Schindluder treibt! Von unseren U-Bootleuten, die wir lebhaft bewundern,
darf nicht erwartet werden, daß sie sich ruhig dem feigen Mord aussetzen,
der ihnen von feindlichen Franktireur-Schiffen und Schiffen unter falscher
Flagge droht. Vorschläge über Vergeltungsmaßregeln zu machen, habe ich
keine Veranlassung. Ich habe die Überzeugung, daß unsere Armee- und
Marineverwaltung so empfindliche Schläge zu führen weiß, wie sie notwendig
sind. Wir haben aber auch die Überzeugung, daß sie es verstehen werden,
stets das Ansehen Deutschlands als einer Kulturmacht dabei zu wahren.
* Andere Quellen[15]:
Schließlich sind doch die deutschen
Soldaten nicht Abkömmlinge, nicht Söhne von Afrikanern, die sich von Menschenfleisch
ernährten, wie farbige Truppen, die von Frankreich und England ins Feld
geführt werden, um nach Deutschland Kultur und Gesittung zu tragen.
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Gustav Noske,
Rede, 24. Oktober 1918 (Auszüge)[16]
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Abg. NoSkc (Soz.): Der Kriegsminister hat
offenbar noch nicht erfaßt, um was es sich handelt. Über die Tankfrage hätte
der Kriegsminister besser geschwiegen. Hoffentlich bringt schon die nächste
Stunde den Beweis dafür, daß die neue Regierung allen Völkern den Frieden
beträchtlich näher gebracht hat. Die gestrigen Reden waren das trübste, was
wir je erlebt haben. Haase hat Öl ins Feuer gegossen. Das Haus brennt, und
er hat dazu beigetragen, daß die Rettungsmannschaften sich in die Haare
geraten. Wir wollen, daß dem deutschen Proletariat das Dach über dem Kopf
erhalten bleibt. Die Polen sollten erkennen, daß die poln. Freiheit mit
deutschem Blut bezahlt worden ist. Nach den Argumenten Stychels gehört
Amerika den Indianern und Wilson müßte aus dem Weißen Haufe auswandern. Auf
Danzig können wir nicht verzichten. Deutschland und Polen sind aufeinander
angewiesen. Die Annexion der deutschen Kolonien wäre unvereinbar mit einem
Rechtsfrieden. Die Nachwelt wird es nicht fassen) daß das kleine Deutschland
sich gegen die ganze Welt behaupten konnte. Jetzt kämpfen wir für unsere
nackte Existenz. Es heißt für jeden Ernst machen, der nicht nur auf den
Lippen das Wort trägt, daß er für die Verteidigung seines Landes eintritt.
Wir verlangen einen Unterstaatssekretär für das Kriegsministerium und für
das Marineamt. Der Berliner Polizeipräsident hat gestern eine Versammlung
der Friedensgesellschaft verboten. Er muß von seinem Posten entfernt
werden. Deutschland muß baldigst das Frauenwahlrecht bekommen.
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"Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang
einer Demokratie", 1947[17].
Anfang Oktober sagte die Oberste
Heeresleitung, d. h. Hindenburg, nach Lage aller Umstände "ist es
geboten, den Kampf abzubrechen [...] Jeder versäumte Tag kostet Tausenden
von tapferen Soldaten das Leben". Bis dahin war von der Zermürbung der
deutschen Front durch Agitation nie im Haushaltsausschuß die Rede. Bei der
Vereidigung der neuen parlamentarischen Reichsminister sagte der Kaiser: "Ein
Volk, das so heldenhaft gekämpft, so Übermenschliches geleistet hat, steht
für alle Zeiten in Ehren da [...] In umfassender Weise soll das deutsche
Volk berufen sein, an der Gestaltung seiner Geschicke mitzuwirken, an
politischer Freiheit keinem Volk der Erde nachstehen, an innerer
Tüchtigkeit und fester Staatsgesinnung keinen Vergleich scheuen." Revolution
zu machen, sei unsinnig. Das habe ich in der letzten Rede, die ich als
Abgeordneter im Reichstage hielt*, betont. Prinz Max von Baden berichtet
auf Seite 490/91 seines Buches über diese Rede: "Noske war voller
Kritik [...] Allerdings war sein Protest gegen den Kultus der “Sachverständigkeit”
wertvoll und sein Hinweis auf die wunderbaren Leistungen, die Zivilisten in
England bei der Organisation des Heeres vollbracht hätten [...] Immer
wieder aber brach das Nationalgefühl des Mannes durch; wenn er den Polen
sagte: Nach ihren Argumenten müßte Amerika den Indianern gehören; wenn er
gegen den drohenden Raub unserer Kolonien protestierte oder dem
Abgeordneten Haase vorwarf, er hätte öl in das brennende Haus geschüttet: “Meine
Fraktion will, daß dem deutschen Proletariat das Dach über dem Kopfe
erhalten bleibe. ”" Das Unheil war nicht mehr aufzuhalten. Von der
Flotte, der Lieblingsschöpfung des Kaisers, nahm es seinen Ausgang. In den
ersten Novembertagen verbreitete sich die revolutionäre Erhebung über ganz
Deutschland. [...]
Später haben mir pensionierte Admirale und
Generale zum Vorwurf gemacht, ich hätte nicht verstanden, die revolutionäre
Welle aufzuhalten, ich, der bis zum 6. November 1918 weder ein Amt,
noch einen militärischen Rang, noch eine Waffe besaß; 10 Jahre danach
konnte in Zeitungen und Versammlungen behauptet werden, daß ich der Urheber
der Revolution sei, die unter meiner Leitung in Kiel begonnen habe und sich
wegen meiner klug berechneten Mäßigung durchzusetzen vermochte. Die
Meuterei auf der Flotte begann, weil die Mannschaft glaubte, daß trotz der
Waffenstillstandsforderung der Obersten Heeresleitung von der
Flottenleitung eine große Seeschlacht gesucht werde. Die Reichsregierung
und der Staatssekretär des Reichsmarineamts wußten von einer solchen
Absicht nichts. Scheidemann hat, wie bewiesen ist, am 5. November
Revolution und Bürgerkrieg nicht gewollt. [...]
Der Prinz schreibt weiter auf Seite 584:
"Es war klar; Noske war im letzten Augenblick eingetroffen, um in Kiel
ein bolschewistisches Chaos zu verhindern. Die Macht war den Marinebehörden
entglitten [...] Da erkannte Noske blitzschnell Chance und Verpflichtung,
die seine Volkstümlichkeit ihm gab. Ich habe, so sagte er am Telefon, den
Posten eines Gouverneurs annehmen müssen und bereits gute Erfolge erzielt.
In Wahrheit hatte der Mann Übermenschliches geleistet." Der Prinz
schließt eine Schilderung dessen an, was ich in Kiel in kurzer Frist
erreicht hatte. Die Reichsregierung beschloß (Seite 588), "freie
Hand für Noske bei dem Versuch, den lokalen Ausbruch zu ersticken".
Schließlich seien noch folgende Zitate aus dem Buche des Prinzen angeführt:
(Seite 599) "Kiel selbst beruhigte sich allmählich. Noske war am
Rande seiner Kräfte, aber er hielt aus, und die Stadt und Garnison fügten
sich seiner Autorität. Die Absperrung des Herdes aber war mißlungen: Der
Aufruhr griff auf die ganze Wasserkante über [...] Der Kriegsminister hatte
noch immer keine Fronttruppen, die allein für ein offensives Unternehmen in
Betracht kamen." [...] Auf Seite 603: "Die Haltung der
Matrosen des dritten Geschwaders war ein lebendiger Beweis für das, was
Noske in Kiel vollbracht hatte. Das Schicksal Deutschlands hing daran, daß
Ebert die Leistung seines Parteigenossen im großen wiederholte, d. h.
die Bewegung im ganzen Land zurückrollte." Über die am 7. November
geplante Umbildung der Reichsregierung sagt der Prinz Seite 618: "Es
könnten unbedenklich mehr Sozialdemokraten in die Regierung aufgenommen
werden, aber vielleicht andere, die weniger das Redetalent als solide Tüchtigkeit
emporgetragen hätte: wir dachten an Noske." [...]
Es wäre unmöglich gewesen, in den
Novembertagen 1918 das deutsche Geschick anders zu gestalten, als es sich
dann abgespielt hat. [...]
Wiederholt habe ich vor der Wahl gestanden,
ob ich mich für eine friedliche Entwicklung in Deutschland einsetzen oder
die Revolution weitertreiben solle. Von Kiel aus wäre, wenn ich die rote
Sturmfahne ergriffen und vorangetragen hätte, eine Flut über Deutschland
hinweggebraust, deren Ausmaß man sich heute kaum ausdenken kann. Erlebt
habe ich, daß frühere Admirale, die ich davor bewahrte, totgeschlagen zu
werden, 1933 erklärten, sie könnten mit mir nicht an einem Tisch sitzen.
* Am 24. Oktober 1918. Cf. vorangehend.
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Proklamation
Severing, 21. März 1920 [18]:
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1. Sobald die Verhältnisse wieder
ihren normalen Gang angenommen haben, soll der Ausnahmezustand aufgehoben
werden. Die Aufhebung des Ausnahmezustandes bedeutet selbstverständlich die
Freilassung der in Schutzhaft befindlichen Personen.
2. Amnestierung für alle politischen
Vergehen und Freilassung aller politischen Gefangenen, soweit sie an dem
Kampf gegen die Rechtsputschisten mit teilgenommen haben.
3. Von der Nationalversammlung und der
Reichsregierung wird verlangt, daß sie alle Personen, die an dem verbrecherischen
Putsch von Kapp und Konsorten beteiligt sind, in schärfster Weise zur
Rechenschaft ziehen.
4. Alle in der Reichswehr und in den
Verwaltungsbehörden vorhandenen unzuverlässigen Elemente sollen entfernt
und die Wehrmacht der deutschen Republik soll entsprechend den
Erfordernissen der Demokratie organisiert werden.
5. Die sozialistischen Fraktionen der
National- und preußischen Landesversammlungen sind aufgefordert, sich mit
allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln für die Durchführung dieser Forderungen
einzusetzen. Der Reichskommissar hat Beauftragte nach Berlin entsandt, die
die obenstehende Forderung der Regierung vorzulegen und zu vertreten haben.
Arbeiter und Bürger! Die furchtbare Gefahr,
in der wir jetzt stehen, der Hunger und der Zusammenbruch, der uns droht,
machen es notwendig, daß wir die ruhige Besonnenheit bewahren und gemeinsam
daran arbeiten, Ruhe und Ordnung wieder aufzurichten, damit jeder einzelne
ungehindert seiner Tätigkeit nachgehen kann.
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Antwort
G. Bauer an J. Ernst[19]:
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An den Vorsitzenden des Aktionsausschusses
in Hagen i. Westf. Ernst:
Die Reichsregierung nimmt mit Dank davon
Kenntnis, daß die drei sozialistischen Parteien alle Kräfte zur
Niederschlagung der Reaktion eingesetzt haben. Dieses Ziel ist in Berlin
durch Zusammenbruch der Kappschen Gruppe erreicht. Entwaffnung der
Kapptruppen, auch im Ruhrrevier, wird durchgeführt. General von Watter
gehört jedoch nicht zu den reaktionären Offizieren, sondern hat sich
nachweisbar loyalsterweise hinter die Reichsregierung gestellt.
Voraussetzung ist, daß Ablehnung der Rätediktatur nicht nur versprochen,
sondern in die Tat umgesetzt wird, daß insbesondere die verfassungsmäßigen
Organe und Behörden dort in ihr Recht eingesetzt werden und daß die
Arbeiter die Waffen niederlegen. Die sofortige Durchführung dieser
Maßnahmen ist unerläßlich. Andernfalls ist die Reichsregierung außerstande,
Nahrungsmittel von der Entente oder Holland zu erreichen, auch Einrücken
der Entente zu verhindern. Am Dienstag werden zwei Minister des Reiches und
Preußens im dortigen Revier den Standpunkt der Regierung darlegen.
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General Walther
von Watter an Gustav Bauer[20]:
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Die gestern hier eingetroffenen
Reichsminister waren in voller Erkennung der hiesigen ernsten Lage für
scharfes Eingreifen gegen die kommunistische Bewegung, lehnten alle
Verhandlungen mit den Aufrührern ab und betonten, daß der Reichspräsident
auf demselben Standpunkt stehe. Im Gegensatz dazu veröffentlicht heute
Münsterische Presse folgendes Telegramm des Herrn Reichskanzlers: "An
den Vorsitzenden des Aktionsausschusses in Hagen i. Westf. Ernst: Die
Reichsregierung nimmt mit Dank davon Kenntnis, daß die drei sozialistischen
Parteien..."* Mit Rücksicht auf die oben angeführte Stellungnahme der
Reichsminister kann ich nur annehmen, daß es sich um eine überholte Sache
handelt, bitte aber dringend um Aufklärung, um Richtigstellung in der
Presse veranlassen zu können. Um falschen Auffassungen zu begegnen, muß von
hier gemeldet werden: Es kommt darauf an, daß Freiheit des Handelns für
Wehrkreiskommando nicht beschränkt wird, daß Waffen wirklich abgegeben,
nicht nur niedergelegt, daß Gefangene befreit und zur Verfolgung der
Schuldigen eine Basis geschaffen wird. Zur Zeit greift Gegner weiter an.
Reichswehr kämpft bis letzten Mann für Regierung. Bitte stark bleiben.
General von Watter."
* Cf. vorangehend.
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Unterredung SPD, USP, Kanzler [21].
Forderungen Legien
1. Verhandlung mit den bürgerlichen Parteien über Bildung einer
reinen Arbeiterregierung und
2. Säuberung der Truppen und der Sicherheitswehr und ihre
Entfernung aus den Berliner Straßen
Versicherungen Kanzler:
1. er werde dafür eintreten, daß die Reichswehr aus Berlin
zurückgezogen werde und nur das Regierungsviertel besetzt bleibe;
2. er werde ferner dafür eintreten, daß die Sicherheitswehr durch
Arbeiter ergänzt werde;
3. er werde mit der Fraktion und den bürgerlichen Fraktionen über
Bildung einer reinen Arbeiterregierung verhandeln;
4. er werde für die Aufhebung des verschärften
Belagerungszustandes in Berlin eintreten.
Debatte Regierungsmitglieder [22]:
1. Aufhebung des verschärften Belagerungszustandes,
2. Eintritt von Arbeitern in die Sicherheitswehr,
3. Zurückziehung der Truppen aus Berlin.
4. Bildung einer reinen Arbeiterregierung.
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Beschluß ADGB,
Afa, ADGB Berlin, USPD, SPD, 22. März 1920[23]
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Die gemeinsam tagenden Vorstände des
Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Arbeitsgemeinschaft freier
Angestellten- Verbände, der Berliner Gewerkschaftskommission, der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Unabhängigen
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands beschließen:
Nachdem die
Vertreter der Regierungsparteien sich verpflichtet haben, für die
Durchführung der acht gewerkschaftlichen Forderungen, die das Ergebnis des
Generalstreiks zusammenfassen, in ihren Fraktionen einzutreten, und die
Sozialdemokratische Reichstagsfraktion sich geschlossen hinter diese
Forderungen gestellt, der Vorstand der Unabhängigen Sozialdemokratischen
Partei sie als Mindestforderungen anerkannt hat,
nachdem weiter
die Reichsregierung die bindende Erklärung abgegeben hat,
1. daß die Truppen in Berlin bis auf die Spreelinie zurückgezogen
werden,
2. der verschärfte Belagerungszustand sofort aufgehoben wird,
3. daß die bewaffneten Arbeiter, insbesondere im Ruhrrevier,
nicht angegriffen werden sollen,
4. mit den gewerkschaftlichen Verbänden über die Einreihung der
Arbeiter in die Sicherheitswehren in Preußen verhandelt werden soll,
daß sie auf Grund der Anerkennung dieses
gewerkschaftlichen Programmes und der besonderen Zugeständnisse der
Regierung den Arbeitern, Angestellten und Beamten im ganzen Reiche,
insbesondere in Berlin und Umgebung, empfehlen, den Generalstreik mit
Beginn des 23. März zu beendigen und die Arbeit allenthalben wieder
aufzunehmen. Die unterzeichneten Gewerkschaften und Parteien verpflichten
sich, falls die Forderungen der Gewerkschaften nicht erfüllt und die
Zusagen der Regierung gebrochen werden, von neuem zusammenzutreten und über
die erneute Aufnahme des Generalstreiks zu entscheiden.
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Aufruf
Parteivorstand SPD, 22. März 1920[24]
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Arbeiter! Parteigenossen! Der Generalstreik
hat die Staatsstreichregierung Kapp-Lüttwitz hinweggefegt. Die
gewerkschaftlichen Verbände, mit denen unsere Partei den Kampf Schulter an
Schulter durchgeführt hat, haben sich damit nicht zufriedengegeben. Sie
haben die Fortsetzung des Generalstreiks beschlossen, bis auch für die
Zukunft die notwendigen Sicherungen einer freiheitlichen, dem Wohle des
arbeitenden Volkes dienenden Entwicklung erreicht sind. Erst nach günstigem
Abschluß der mit den Regierungsparteien geführten Verhandlungen beschlossen
Partei und Gewerkschaften Streikabbruch. Diese Parole muß jetzt restlos
befolgt werden.
Mit dem Abbruch des Generalstreiks ist aber
unsere Arbeit noch nicht getan. Sie beginnt erst. Ihr Ziel ist Festigung
der Republik. Unter einer Regierung, die entschlossen ist, die Verbrechen
der Reaktion bis auf die Wurzeln auszurotten, Fortschritt zum Sozialismus
auf dem Boden der Demokratie. Durch unsere Partei geht ein energischer Ruck
nach links. Mit Fehlern der Vergangenheit muß rücksichtslos aufgeräumt
werden.
Aber weder wollen wir in den Wahnsinn einer
bolschewistischen Rätediktatur hineinrennen noch den Bürgerkrieg gegen alle
Volksgenossen führen, die Uniform tragen. Genossen! Nicht jeder, der in
Uniform steckt, ist ein Meuterer und Gegenrevolutionär. Lernt unterscheiden!
Laßt euch nicht in ein sinnloses Gemetzel, in einen Kampf aller gegen alle
hineinhetzen von denselben Elementen, die gestern selber noch mit den
Meuterern gemeinsame Sache machten!
Die wollen nur Verwirrung schaffen, damit
die von Polizei und Gericht gesuchten Halunken, Kapp-Lüttwitz und
Konsorten, desto bequemer entwischen können. Die arbeitende Bevölkerung
aber müßte die Fortdauer der Unruhe mit dem Hungertode bezahlen!
Stellt euch alle in Reih und Glied, um in
Ordnung den Kampf gegen die militaristische Reaktion für Republik,
Demokratie und Sozialismus zum vollen Siege zu führen!
Der Vorstand der Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands
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Abkommen
Bielefeld, 24. März 1920 [25]
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Die Vertreter aller beteiligten Parteien
und Erwerbsgruppen erklären, daß sie ihre Forderungen zur Entwirrung der
aus dem Kapp-Putsch entstandenen Lage mit der Verfassung und der Regierung
auf Grund folgender Vereinbarung in Einklang bringen wollen:
1. Die anwesenden Vertreter der Regierungsparteien werden bei
ihren Fraktionen dafür eintreten, daß bei der bevorstehenden Neubildung der
Regierung im Reich und in Preußen die Personenfrage von den Parteien nach
Verständigung mit den am Generalstreik beteiligten gewerkschaftlichen
Organisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten gelöst und daß diesen
Organisationen ein entscheidender Einfluß auf die Neuregelung der
Wirtschafts- und sozialpolitischen Gesetze eingeräumt wird unter Wahrung
der Rechte der Volksvertretung.
2. Sofortige Entwaffnung und Bestrafung aller am Putsch oder am
Sturze der verfassungsmäßigen Regierung Schuldigen, sowie der Beamten, die
sich ungesetzlichen Regierungen zur Verfügung gestellt haben. Es wird
Straffreiheit denen gewährt, die in der Abwehr des gegenrevolutionären
Anschlages gegen Gesetze verstoßen haben, wenn die Verstöße und Vergehen
vor Abschluß dieser Vereinbarungen, spätestens aber bis zum 25. März,
vormittags 8 Uhr, erfolgten. Auf gemeine Verbrechen gegen Personen und
Eigentum findet diese Bestimmung keine Anwendung.
3. Gründliche Reinigung der gesamten öffentlichen Verwaltungen
und Betriebsverwaltungen von gegenrevolutionären Persönlichkeiten,
besonders solchen in leitenden Stellungen, und Ersatz durch zuverlässige
Kräfte. Wiedereinstellung aller in öffentlichen Diensten aus politischen
und gewerkschaftlichen Gründen gemaßregelten Organisationsvertreter.
4. Schnellste Durchführung der Verwaltungsreform auf
demokratischer Grundlage unter Mitbestimmung auch der wirtschaftlichen
Organisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
5. Sofortiger Ausbau der bestehenden und Schaffung neuer
Sozialgesetze, die den Arbeitern, Angestellten und Beamten volle soziale
und wirtschaftliche Gleichberechtigung gewährleisten. Schleunige Einführung
eines freiheitlichen Beamtenrechtes.
6. Sofortige Inangriffnahme der Sozialisierung der dazu reifen
Wirtschaftszweige unter Zugrundelegung der Beschlüsse der
Sozialisierungskommission, zu der Vertreter der Berufsverbände
hinzuzuziehen sind. Die Einberufung der Sozialisierungskommission erfolgt
sofort. Übernahme des Kohlen- und des Kalisyndikats durch das Reich.
7. Auflösung aller der Verfassung nicht treu gebliebenen
konterrevolutionären militärischen Formationen und ihre Ersetzung durch
Formationen aus den Kreisen der zuverlässigen, republikanischen
Bevölkerung, insbesondere der organisierten Arbeiter, Angestellten und
Beamten, ohne Zurücksetzung irgendeines Standes. Bei der Reorganisation
bleiben erworbene Rechtsansprüche treu gebliebener Truppen und
Sicherheitswehren unangetastet. Unter die danach aufzulösenden Truppen
fallen nach der Ansicht der Kommission die Korps Lützow, Lichtschlag und
Schulz.
8. Wirksame Erfassung, gegebenenfalls Enteignung der verfügbaren
Lebensmittel und verstärkte Bekämpfung des Wucher- und Schiebertums in
Stadt und Land. Sicherung der Erfüllung der, Ablieferungsverpflichtungen
durch Gründung von Lieferungsverbänden und Verhängung fühlbarer Strafen bei
böswilliger Verletzung der Verpflichtungen.
9. Die verfassungsmäßigen Behörden walten ihres Amtes nach
gesetzlichen Vorschriften. Die jetzt bestehenden Vollzugs- und
Aktionsausschüsse haben in Gemeinschaft mit der Gemeindebehörde die
Ortswehr aufzustellen und die Waffenabgabe zu regeln. Dies muß spätestens
innerhalb zehn Tagen geschehen. Danach tritt an die Stelle jener Ausschüsse
ein aus der organisierten Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenschaft
gebildeter Ordnungsausschuß, der im Einvernehmen mit den zuständigen
Gemeindeorganen bei der Durchführung des Sicherheitsdienstes mitwirkt.
10. Zur Unterstützung der ordentlichen Sicherheitsorgane wird, soweit
erforderlich, eine Ortswehr in Stärke bis zu 3 auf 1000 Einwohner
aus den Kreisen der republikanischen Bevölkerung, insbesondere der
organisierten Arbeiter, Angestellten und Beamten gebildet. Für die Zeit,
während welcher sie zum Dienst eingezogen sind, werden sie, soweit nicht
der Staat die Kosten übernimmt, von der Gemeinde bezahlt. Durch die Bildung
der Ortswehren sind die Einwohnerwehren aufgehoben.
11. Die sämtlichen Beteiligten verpflichten sich, ihren ganzen
Einfluß dahin auszuüben, daß die Arbeiterschaft restlos zur gewohnten
Arbeit sofort zurückkehrt. Die Arbeitgeber sind gehalten, die rückkehrenden
Arbeiter wieder einzustellen.
12. Es erfolgt sofortige Abgabe der Waffen und Munition sowie die
Rückgabe requirierten und erbeuteten Heeresgerätes an die Gemeindebehörden.
13. Alle Gefangenen sind sofort, spätestens bis zum 27. März,
mittags 12 Uhr, zu entlassen.
14. Bei loyaler Einhaltung dieser Vereinbarungen wird ein Einmarsch
der Reichswehr in das rheinischwestfälische Industriegebiet nicht erfolgen.
Nach der Erklärung des Bevollmächtigten des Wehrkreiskommandos 6 und
des Reichskommissars wird das Wehrkreiskommando in politisch-militärischen
Angelegenheiten nur auf schriftliche Anweisung des gesamten
Reichswehrministeriums handeln. Ferner erklärt der Reichskommissar, daß er
einen Vertrauensmann der Arbeiterschaft berufen werde, der bei allen
politisch-militärischen Handlungen, über die der Reichskommissar mit zu
befinden hat, gehört werden soll.
15. Der verschärfte Ausnahmezustand soll sofort aufgehoben werden,
der allgemeine Ausnahmezustand dann, wenn die unter Ziffer 9 bis 12
festgesetzte Regelung erfolgt ist.
16. Herr Reichspostminister Giesberts wird die Frage der Versorgung
der Hinterbliebenen und Verletzten im Reichskabinett vortragen, mit dem
Bestreben, daß die Kosten vom Reiche übernommen werden. Die Kommission
spricht die Erwartung aus, daß das Reich die Kommunalverbände für alle
ihnen aus den Unruhen erwachsenen Kosten und Schäden schadlos hält.
17. Weder den Arbeitern, die an den Kämpfen teilgenommen haben,
noch den Mitgliedern der Polizei und der Einwohnerwehren und den
Mannschaften der Reichswehr dürfen Nachteile und Belästigungen wegen ihrer
Teilnahme erwachsen.
Giesberts, Reichspostminister; Severing;
Thielemann; Heinr. Meyer; F. Klupsch; E. Sasse; Cuno; Stens;
Imbusch; Kloft; Hamm; Dr. Jarres; Max Herbrig; Paul; Oettinghaus; O. Braß;
W. Enz; Fritz Charpentier; O. Triebel; Mehlich, Protokollführer.
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Willi Cuno,
Hagen, 25. März 1920[26]
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Arbeitertruppen bei Wesel setzen Kampf
fort, weil Ultras in Mülheim, Oberhausen, Hamborn Vereinbarungen nicht
anerkennen. Unabhängige Führer Ernst und Stemmer werden bedroht. Abgesehen
von Kampffront gegen Wesel steht nur Posten Schernbeck westlich Dorsten
nördlich der Lippe, verweigert Zurückgehen. Von Dorsten bis Hamm sind alle
Arbeitertruppen südlich Lippe zurückgenommen. Infolge Vormarsches der
Reichswehr auf Lünen Beunruhigung. In Dortmund Generalstreik ausgerufen, um
[?]. 2. Trotzdem wollen unabhängige Führer Vereinbarung durchführen, können
es aber nur, wenn bei Operationen zum [Ent]satz Wesel tunlichst
Überschreitung der Lippe vermieden wird. Politisch wichtig, die zu
positiver Arbeit bereiten Unabhängigen Bochum, Hagen, Remscheid von
Kommunisten in Mühleim, Oberhausen, Hamborn zu trennen.
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Aufforderung
Regierung an di aufständischen Truppen Rheinland-Westfalen, 28. März
1920[27]
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Die Regierung hat durch die
"Bielefelder Verhandlungen" versucht, ohne Anwendung von Gewalt
die Ruhe und Ordnung im Ruhrgebiet wieder herzustellen. Der Versuch ist
gescheitert. Die rote Armee hat sich nicht danach gerichtet. Die Angriffe
auf Wesel sind mit der größten Heftigkeit fortgesetzt worden, die
Gefangenen wurden nicht freigegeben, die Abgabe der Waffen nicht durchgeführt,
die Verhältnisse haben sich im Gegenteil noch verschlimmert. Zahlreiche
Notschreie aus allen Teilen der Bevölkerung berichten über Verbrechen und
Gewalttätigkeiten, die von den roten Truppen begangen werden; das zwingt
die Regierung zum energischen Handeln, um möglichst bald wieder geordnete
Verhältnisse in diesen Gebieten herzustellen und die Bevölkerung vor
Willkürakten zu schützen. Um aber allen Verführten nochmals Gelegenheit zu
geben, zur Vernunft zurückzukehren, will die Regierung noch eine letzte
Frist gewähren, ehe sie mit Waffengewalt einschreitet. Sie fordert daher
bis zum 30. März, 12 Uhr mittags, eine ausreichende Sicherheit für den
Militärbefehlshaber des Wehrkreises VI, Generalleutnant v. Watter in
Münster, für die Annahme und Durchführung folgender Bedingungen:
1. Uneingeschränkte Anerkennung der verfassungsmäßigen
Staatsautorität.
2. Wiedereinsetzung der staatlichen Verwaltungs- und
Sicherheitsorgane, soweit sie nicht durch Eintreten für die
Kapp-Lüttwitz-Regierung belastet sind.
3. Sofortige Auflösung der roten Armee.
4. Völlige Entwaffnung der gesamten Bevölkerung einschließlich
Einwohnerwehren unter Aufsicht der rechtmäßigen staatlichen Organe. - Die
Art und Zeit der Durchführung der Entwaffnung wird durch den Inhaber der
vollziehenden Gewalt näher bestimmt werden.
5. Sofortige Freigabe der Gefangenen.
Falls diese Bedingungen angenommen werden,
wird die Reichsregierung von einem Angriff absehen, andernfalls erhält der
Inhaber der vollziehenden Gewalt Freiheit des Handelns zur vollen
Wiederherstellung gesetzmäßiger Zustände.
Die Reichsregierung:
Der Reichswehrminister: Der
Reichskanzler:
gez. Geßler gez.
Müller
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