Deutschland 1918‑1939
Januar-Februar 1933
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Rudolf Hilferding, "Zwischen den Entscheidungen", Die Gesellschaft, 1933, Nr. 1 (Auszüge)[1]. |
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[...] Die Stellung der Regierung Schleicher weist in ihrer Stellung zum Reichstag eine gewisse Analogie zu den Obrigkeitsregierungen der kaiserlichen Zeit auf. Die Entschlüsse des Reichstags sind für das Schicksal dieser Regierung nicht das Entscheidende. Im Konfliktsfall ist der Reichstag der politisch schwächere Teil, gegen den sich die Regierungsgewalt zu behaupten suchen wird. Die Sozialdemokratie steht zu der Obrigkeitsregierung in Opposition. Der Gedanke einer parlamentarischen Tolerierung ist schon deshalb absurd, weil dazu alle Voraussetzungen fehlen. Kommunisten und Nationalsozialisten verfügen über die Mehrheit für Mißtrauensvoten und für Aufhebung von Notverordnungen. Tolerierung oder Mitarbeit ist keine Erwägung für die Sozialdemokratie, sondern für die Nationalsozialisten. Aber mit der Opposition gegen die Präsidialregierung ist das politische Problem nicht erschöpft. Die Situation ist nicht so einfach wie zur Zeit, als das liberale Bürgertum seinen Kampf gegen den Absolutismus für das parlamentarische System gekämpft hat. Die Präsidialregierungen sind in Deutschland nur möglich, weil das Parlament durch die Diktaturparteien, die Nationalsozialisten, Deutschnationalen und Kommunisten, außer Funktion gesetzt ist. Der Kampf gegen die Präsidialregierung muß also verbunden sein mit dem Kampf um ein arbeitsfähiges Parlament und das erfordert Kampf gegen die Diktaturparteien. Denn die Präsidialregierungen sind das Sekundäre, das Primäre ist die Lahmlegung des Parlaments. Für die Sozialdemokratie handelt es sich dabei um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Kommunisten. Deshalb versagt jetzt die Einheitsfrontparole, die in den ersten Nachkriegsjahren zur Zeit der Übermacht der Sozialdemokratie und der unerschütterlichen Autorität der Gewerkschaften noch ihren Sinn haben konnte, aber jetzt nur Verwirrung stiften kann. Die Kommunisten suchen eine Einheit der Arbeiterbewegung auf unmittelbar revolutionärer Basis zur revolutionären Aktion der sofortigen Machtergreifung. Dazu brauchen sie die Unterordnung der Arbeiter unter die Führung der revolutionären Avantgarde, der kommunistischen Leitung. Die Einheit setzt also die Unterwerfung der sozialdemokratischen Massen unter ihre Führung, die Zerstörung der Sozialdemokratie, ihres Wesens, ihrer organisatorischen Selbständigkeit voraus. Wenn wir Sozialdemokraten von Einheit sprechen, so denken wir an die Einheit einer Arbeiterbewegung in ihrem Kampfe für die von ihr selbst, in demokratischer Selbstbestimmung jeweils gesetzten Ziele. Dieselben Worte bezeichnen ganz verschiedenen Inhalt. In der gegenwärtigen Situation aber sich auf pseudo-revolutionäre Aktionen einzulassen, hieße dem Faschismus zum sicheren Siege im Bunde mit der Staatsmacht verhelfen ‑ ein Spiel, dem wir uns von Anfang an versagen müssen, denn es endete nicht in der Revolution, sondern in der Konterrevolution. Die Aufgabe ist nicht leicht. Es widerstrebt dem Arbeiter, den Kampf gegen die eigenen Klassengenossen zu führen, und dies erst recht angesichts der faschistischen Gefahr, die nichts dringender erforderte als die Einheit der proletarischen Aktion. Aber die Erfüllung der Aufgabe ist unerläßlich, weil die Taktik der kommunistischen Führung zugleich die parlamentarische wie die außerparlamentarische Aktionskraft der Arbeiterklasse lähmt. Denn der immer erneute Versuch, die "Einheitsfront" zur Entlarvung der sozialdemokratischen Führung, zur Abtrennung der sozialdemokratischen Massen auszunutzen, die "echt revolutionäre Haltung" der Kommunisten mit dem "Verrat der Sozialdemokraten" zu kontrastieren, verwandelt naturgemäß jede außerparlamentarische Aktion in ein putschistisches Abenteuer. Deshalb ist der grundsätzliche Kampf gegen die kommunistische Führung, das Ringen um den kommunistischen Arbeiter nur die andere Seite des Kampfes gegen die Präsidialregierung, des Kampfes um die Zurückeroberung der Demokratie, die, neu erobert und neu gesichert, erst wirklich der Kampfboden wird, auf dem die Arbeiterklasse ihre Ziele erreichen kann. Unterdessen bleibt die politische Situation labil und ungewiß. Die Wirtschaftskrise stellt die Regierung Schleicher vor Probleme, bei deren Lösungsversuchen sie ebenso ihre Position verlieren kann wie ihre Vorgängerin, und die Gefahr, die schon bei der Regierung Papen gegeben war, kann aufs Neue erstehen, die Rettung zu suchen in dem Abdanken in die Hände des Faschismus. Es ist ja überhaupt das Charakteristische der Zeit, daß zwischen dem Lauf der Wirtschaftskrise und dem Ablauf der rebellischen Auflehnung, die sie auf dem politischen Feld erzeugt hat, eine Art Wettlauf stattfindet, und es im Ungewissen bleibt, ob die Krise zu Ende geht, bevor die Rebellion ihren Weg genommen hat. So stehen wir zwischen den Entscheidungen. Die faschistische Bewegung ist in Deutschland aus der Staatsmacht, deren Ergreifung so unmittelbar bevorzustehen schien, ferngehalten worden dank der Taktik der Sozialdemokratie, die durch ihre Tolerierungspolitik den Zusammenschluß des Bürgertums zu einer reaktionären Masse unter faschistischer Führung vermieden und den Eintritt der Faschisten in die Regierung während ihres Aufstiegs verhindert hat. Dieselbe Taktik hat das Zentrum in seiner Opposition gegen die Regierung der Restauration festgehalten und damit diese der Stütze der einzigen festgefügten bürgerlichen Partei beraubt. Die Nationalsozialisten aber sind in die Legalität gebannt, die ihnen nur die Wahl läßt, als dienendes Glied in einem Bürgerblock den beginnenden Abstieg zu beschleunigen oder ihm in einer Opposition erst recht nicht zu entgehen, die ihre ungeduldig auf Rettung wartenden Anhänger enttäuscht. Es ist dieser beginnende Abstieg, der die Gefahr des Kompromisses zwischen Hitler und Schleicher verringert, denn die absteigende Partei hat die Chance, die Alleinmacht durch die Verdrängung ihrer Regierungspartner doch noch zu erobern in verschwindend geringerem Maße als die aufsteigende. So sind die bisherigen Entscheidungen gegen den Faschismus und gegen die Restauration gefallen. Ihre endgültige Gestalt wird aber die politische Entwicklung erst von den wirtschaftlichen Ereignissen erfahren. |
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Über das Treffen Franz von Papen mit Adolf Hitler, 4. Januar 1933 |
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Kurt von Schröder[2]: Am 4. Januar 1933 trafen sich Hitler, von Papen, Heß, Himmler und Keppler in meinem Hause in Köln. Hitler, von Papen und ich gingen in mein Arbeitszimmer, wo wir uns während einer etwa zwei Stunden dauernden Unterredung entschlossen. ließ, Himmler und Keppler nahmen an dieser Besprechung nicht teil, hielten sich aber im nächsten Zimmer auf. [...] Die Aussprache fand nur zwischen Hitler und Papen statt. Ich selbst hatte im Verlauf der Unterhaltung nichts zu bemerken. Das Treffen begann um etwa 11.30 Uhr. [...] Dann erzählte von Papen Hitler, daß es ihm als Bestes erschiene, die Konservativen und die Deutschnationalen, die ihn unterstützt hätten, mit den Nationalsozialisten zu vereinigen, um eine Regierung zu bilden. Er, schlug vor, diese neue Regierung solle, wenn möglich, von Hitler und von Papen auf der Grundlage der Gleichberechtigung geleitet werden. Darauf hielt Hitler eine lange Rede, in der er erläuterte, wenn er zum Kanzler ernannt würde, sei es für ihn unbedingt notwendig, an der Spitze der Regierung zu stehen, aber die Anhänger Papens könnten in seine (Hitlers) Regierung als Minister eintreten, wenn sie einwilligten, mit ihm eine Politik zu verfolgen, durch die vieles geändert würde. Diese Änderungen, so erläuterte er damals, würden die Ausschaltung der Sozialdemokraten, Kommunisten und Juden aus den führenden Stellen in Deutschland und die Wiederherstellung der Ordnung im öffentlichen Leben einschließen. Von Papen und Hitler erzielten ein grundsätzliches Übereinkommen, so daß viele Punkte, die sie miteinander in Konflikt gebracht hatten, ausgeschaltet wurden und sie einen Weg zueinander finden konnten. Sie stimmten darin überein, weitere Einzelheiten auszuarbeiten. Dies könne in Berlin oder einem anderen passenden Ort erledigt werden. Kurt von Schröder[3]: Das Hauptbestreben der Industriellen zu dieser Zeit war es, einen starken Politiker in Deutschland zur Macht kommen zu sehen, der eine Regierung bilden konnte, die lange Zeit an der Macht bleiben würde. Als am 6. November 1932 die NSDAP ihren ersten Rückschlag erlitt und damit ihren Höhepunkt überschritten hatte, wurde die Hilfe der deutschen Schwerindustrie besonders dringend. Joseph Goebbels (5. Januar 1933)[4]: [...] Die Unterredung zwischen dem Führer und Herrn von Papen in Köln hat stattgefunden. Sie sollte geheim bleiben, aber durch eine Indiskretion ist sie in die Öffentlichkeit gedrungen, und Schleicher läßt sie nun ganz groß in der Presse ausposaunen, Man scheint zu ahnen, was hier gespielt wird. Die Journaille lügt das Blaue vom Himmel herunter. Eins wird die amtierende Regierung auch wissen: daß es im Ernst uni ihren Sturz geht. Wenn dieser Coup gelingt, dann sind wir nicht mehr weit von der Macht entfernt. |
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Schilderung Otto Braun seiner Unterredung mit Kurt von Schleicher, 6. Januar 1933 Auszüge)[5] |
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Schließlich meinte er: "Nun soll am 24. Januar der Reichstag zusammentreten; mit dem Parlament kann man doch nicht arbeiten." Darin mußte ich ihm beipflichten und entschloß mich, nunmehr unter Hintansetzung mancher Bedenken persönlicher und politischer Natur, zu folgendem Vorschlag, als letzten Versuch, der verhängnisvollen Entwicklung in Deutschland eine andere Wendung zu geben: »Heben Sie die Verordnung über den Reichskommissar in Preußen auf. Ich will dann ohne Rücksicht auf meine Gesundheit die Führung der Staatsgeschäfte wieder fest in die Hand nehmen. Sie lösen den Reichstag auf, ich führe die Auflösung des Landtages herbei. Wir schieben die Wahlen bis weit in das Frühjahr hinaus, regieren inzwischen mit Verordnungen und führen einen einheitlichen nachdrücklichen Kampf gegen die Machtansprüche der Nationalsozialisten. Diese haben bei der Novemberwahl bereits zwei Millionen Stimmen verloren, haben ihren Höhepunkt überschritten und befinden sich im Rückgange. Wir brauchen nur noch nachzustoßen, um ihnen bei Frühjahrswahlen eine vernichtende Niederlage zu bereiten. Denn eine innerlich so hohle, durch Demagogie hochgetriebene, vornehmlich von Desperados und Stellenjägern aller Art geleitete und getragene, aus dunklen Finanzquellen gespeiste Bewegung stürzt ebenso lawinenartig ab, wie sie angeschwollen ist, wenn sie erst rückläufig wird und die Finanzquellen nicht mehr fließen. Ist der nationalsozialistische Spuk zerstoben, dann bekommen wir arbeitsfähige Parlamente und können der schwierigen Probleme Herr werden, um so mehr, als auch die Wirtschaftskrise offenbar ihren Höhepunkt überschritten hat und Aussicht auf Besserung der Wirtschaftslage besteht." Hätte er diesen Vorschlag akzeptiert und sich in loyaler Zusammenarbeit mit mir für seine Durchführung eingesetzt, vielleicht sähe es heute in Deutschland und Europa anders, friedlicher aus. Aber Schleicher antwortete ausweichend, und ich gewann den Eindruck, daß er nicht wollte, einmal, weil er noch immer an dem Gedanken festhielt, unter Heranziehung der von ihm bisher geförderten "wertvollen nationalen Kräfte" aus der nationalsozialistischen Bewegung zu regieren, sodann wohl auch fürchtete, durch die Wiederherstellung meiner vollen Regierungsgewalt in Preußen in zu starke Abhängigkeit von mir zu geraten. Überdies war es ihm wohl auch inzwischen zur Gewißheit geworden, daß er durch seine Doppelzüngigkeit und Treulosigkeit besonders gegen Groener, dem er so viel verdankte und mit dem sich Hindenburg noch immer kameradschaftlich verbunden fühlte, das Vertrauen des Reichspräsidenten mehr und mehr eingebüßt hatte. Und so wandte er denn auch ein: "Der alte Herr hält an der Einheit Reich-Preußen durch den Reichskommissar fest, auch wird er mir die Auflösung des Reichstages abschlagen." "Die muß er Ihnen geben", erwiderte ich ihm, "ich bin bereit, mit Ihnen zum Reichspräsidenten zu gehen, und es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn es uns nicht gelänge, ihn von der Notwendigkeit dieser Maßnahme zu überzeugen." Vergebens. Er wollte nicht, weil er aus den ersterwähnten Gründen meinem Plan innerlich widerstrebte. So mußte ich ihn mit der bitteren Erkenntnis verlassen, daß die Mission des neuen Preußens, die Demokratie in Deutschland zu sichern und zu vertiefen, ihr Ende erreicht hatte, daß mein letzter Versuch, die verhängnisvolle Entwicklung aufzuhalten, gescheitert war. Nicht der vielverkannte und Dualismus Reich-Preußen, sondern die durch verfassungswidrige Gewaltmaßnahmen erzwungene Pseudo-Einheit Reich-Preußen ließ Deutschland ins Verderben abgleiten. Mögen die äußeren Erfolge, die die derzeitigen Beherrscher Deutschlands der durch brutale Gewaltandrohung in Europa erzeugten Angstpsychose verdanken, das zeitweilig verbergen. Dem deutschen Volke, das sich aus der Verantwortlichkeit der Demokratie in die Unverantwortlichkeit der Diktatur treiben ließ, muß dieses nach innen wie nach außen auf Gewalt gestützte Regime, das dem Recht entsagt hat, mehr noch als der übersteigerte Imperialismus der wilhelminischen Zeit letzten Endes zum Verderben gereichen. |
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Ludwig Kastl an Gustav Krupp, 26. Januar 1933 (Auszüge)[6] |
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Bei Erörterung der politischen Lage [mit Staatssekretär Planck] erfuhr ich [...] als neuesten Stand das Bestreben der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten, die Harzburger Front wieder herzustellen. Man spricht von einem Kampf-Kabinett Papen-Hitler-Schacht, bei dem Papen die Spitze darstellen soll und Hitler Wehrministerium und Ministerium des Innern erhalten soll, Schacht Finanzministerium, Hugenberg Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium. Ich halte diese Kombination, an der sich keiner der gegenwärtigen Minister beteiligen wird, für äußerst bedenklich und gehe so weit zu befürchten, daß eine derartige Kombination als offene Kampfansage gegen den größten Teil der Bevölkerung angesehen würde und man nicht ohne Unruhen durchkommen würde, wenn es tatsächlich dazu käme. Im Augenblick bestehen noch immer erhebliche Zweifel, ob der Herr Reichspräsident sich auf einen solchen Vorschlag einlassen wird. Andeutungen sprechen dafür, daß man nicht ganz ohne Erfolg ihm klargemacht haben soll, daß ein solches Kabinett ein ganz großes Kabinett werden würde mit größten Aussichten auf Stabilität. Man hat sogar von einem so genannten Bombenkabinett gesprochen, worauf ich scherzweise bemerkte, daß mir bedauerlicherweise der Nachdruck mehr auf Bomben als auf Kabinett zu liegen scheine. Das Zentrum ist entschiedener Gegner und die Sozialdemokraten selbstverständlich erst recht. Ein anderer Ausweg, der versucht wird, ist der, den Reichstag am 31. d. M. zusammentreten zu lassen ‑ die Regierung wird kurzen Vertagungen widersprechen ‑ und einmal abzuwarten, was bei dem Zusammentritt des Reichstags herauskommt. Bleibt dann nichts anderes übrig als eine Auflösung, so soll hinterher die Frage erneut geprüft werden, ob man die Neuwahl bis zum November verschieben kann. Der Reichspräsident soll sich angeblich nur dann für einen solchen Weg entscheiden, wenn ein derartiger Vorschlag entweder von den Parteien selbst gebracht oder toleriert würde, so daß konkrete gesetzliche Notmaßnahmen unterbleiben könnten. In diesem Falle würde das Kabinett Schleicher bleiben. Vom Standpunkt der Wirtschaft aus gesehen, würde natürlich ein solcher Ausweg weitaus jedem anderen vorzuziehen sein. [...] |
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28. Januar |
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NSDAP[7] ohne ein Verbot der kommunistischen Partei sei eine Klärung und Beruhigung der politischen Verhältnisse nicht möglich. |
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Protokoll Sitzung Regierung, 30. Januar 1933 (Auszüge)[8] |
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Der Reichskanzler wies darauf hin, daß eine Vertagung des Reichstags ohne Mithilfe des Zentrums nicht möglich sei. Nun könne man vielleicht daran denken, die kommunistische Partei zu verbieten, ihre Mandate im Reichstag zu kassieren und auf diese Weise die Mehrheit im Reichstag zu erreichen. Nach seiner Erfahrung seien jedoch Verbote von Parteien zwecklos. Er befürchte als Folgen eines eventuellen Verbots der KPD schwere innenpolitische Kämpfe und eventuell den Generalstreik. Sicherlich gebrauche die Wirtschaft Ruhe. Wenn man jedoch die Frage aufwerfe, was für die Wirtschaft eine größere Gefahr bedeute, die mit Neuwahlen verbundene Unsicherheit und Beunruhigung oder ein Generalstreik, so müsse man nach seiner Ansicht zu dem Ergebnis kommen, daß ein Generalstreik für die Wirtschaft weit gefährlicher sei. Es sei schlechterdings unmöglich, die 6 Millionen Menschen zu verbieten, die hinter der KPD ständen. Vielleicht könne man nach Auflösung des Reichstags bei den dann bald vorzunehmenden Neuwahlen doch eine Mehrheit für die jetzige Reichsregierung gewinnen. Am allerbesten werde es sein, wenn der Reichstag sich freiwillig vertage. Der Reichswirtschaftsminister und Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft führte aus, daß er gewiß keine Sehnsucht nach einem Generalstreik habe. Nach seiner Überzeugung werde es jedoch nicht möglich sein, um die Unterdrückung der KPD herumzukommen. Anderenfalls werde man keine Mehrheit im Reichstag erreichen, jedenfalls keine Zweidrittelmehrheit. Nach der Unterdrückung der KPD sei die Annahme eines Ermächtigungsgesetzes durch den Reichstag möglich. Es erscheine ihm zweifelhaft, ob im Falle der Unterdrückung der KPD ein Generalstreik ausbrechen werde. Er ziehe die Unterdrückung der KPD den Neuwahlen vor. Reichsminister Göring teilte mit, daß die Kommunisten für heute abend (30. 1.) eine Demonstration geplant hätten, die er verboten habe. Nach seinen Feststellungen würde die SPD im Augenblick einen Generalstreik nicht mitmachen. Die Sozialdemokratie dränge zur Zeit auf eine Aussprache im Reichstag. Nach seiner Auffassung sei es am besten, möglichst bald den Reichstag aufzulösen und zu Neuwahlen zu kommen. Der Reichskanzler habe sein Wort dahin verpfändet, daß auch nach den Neuwahlen die jetzige Zusammensetzung des Reichskabinetts nicht geändert werde. Der Reichskanzler bestätigte die Richtigkeit dieser Mitteilung. Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß in den Reihen des Stahlhelms Jubel über die Bildung der jetzigen Reichsregierung herrsche. Die Zwistigkeiten zwischen dem Stahlhelm und den SA seien nicht mehr vorhanden. Nach seiner Ansicht sei es mißlich, wenn die erste Handlung der jetzigen Reichsregierung in einem Verbot der KPD bestehe und dann ein Generalstreik einsetze. Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichskommissar für Preußen wies darauf hin, daß das deutsche Volk jetzt Ruhe gebrauche. Nach seiner Ansicht sei es am besten, zunächst vom Reichstag ein Ermächtigungsgesetz zu verlangen. Nach Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes könne die Lage immer noch erneut geprüft werden. Der Reichskanzler führte aus, daß ein Generalstreik nicht leicht genommen werden dürfe. Zur Unterdrückung eines eventuellen Generalstreiks dürfe Reichswehr nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden. Der Reichswehrminister dankte dem Reichskanzler für diese Auffassung und betonte, daß der Soldat als einzig möglichen Gegner einen äußeren Feind anzusehen gewohnt sei. Der Reichsminister des Auswärtigen untersuchte unter außenpolitischen Gesichtspunkten die Frage, ob eine Auflösung der KPD mit eventuell folgendem Generalstreik oder Neuwahlen zum Reichstag vorzuziehen seien. Er kam zu dem Ergebnis, daß die Auflösung der KPD mit eventuell folgendem Generalstreik weit bedenklicher sei. Der Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß die Finanzen des Reichs, der Länder und Gemeinden nur durch eine allmähliche Besserung der Wirtschaftslage in Ordnung zu bringen seien. Die Auflösung der KPD betrachte er als letztes politisches Mittel. Staatssekretär Dr. Meissner stellte zur Erwägung, ein Ermächtigungsgesetz des Inhalts zu beantragen, daß die Reichsregierung zur Vornahme der Maßnahmen ermächtigt werde, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendig seien. Ein derartiges Ermächtigungsgesetz erfordere nur eine einfache Mehrheit im Reichstag. Reichskommissar Dr. Gereke führte aus, daß das Zentrum die Regierung nicht werde tolerieren wollen. Baldige Neuwahlen zum Reichstag würden erforderlich werden. Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichskommissar für das Land Preußen schlug vor, daß der Reichskanzler baldigst in einem Interview sich gegen Gerüchte über Gefährdung der Währung und gegen Gerüchte über die Antastung von Beamtenrechten aussprechen möge. |
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Aufruf Parteivorstand und Fraktion SPD, 30. Januar 1933[9] |
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Arbeitendes Volk! Republikaner! Im Kabinett Hitler-Papen-Hugenberg ist die Harzburger Front wieder auferstanden. Die Feinde der Arbeiterklasse, die einander bis vor wenigen Tagen auf das heftigste befehdeten, haben sich zusammengeschlossen zum gemeinsamen Kampf gegen die Arbeiterklasse, zu einer reaktionären großkapitalistischen und großagrarischen Konzentration. Die Stunde fordert die Einigkeit des ganzen arbeitenden Volkes zum Kampf gegen die vereinigten Gegner. Sie fordert Bereitschaft zum Einsatz der letzten und äußersten Kräfte. Wir führen unseren Kampf auf dem Boden der Verfassung. Die politischen und sozialen Rechte des Volkes, die in Verfassung und Gesetz verankert sind, werden wir gegen jeden Angriff mit allen Mitteln verteidigen. Jeder Versuch der Regierung, ihre Macht gegen die Verfassung anzuwenden oder zu behaupten, wird auf den äußersten Widerstand der Arbeiterklasse und aller freiheitlich gesinnten Volkskreise stoßen. Zu diesem entscheidenden Kampf sind alle Kräfte bereitzuhalten. Undiszipliniertes Vorgehen einzelner Organisationen oder Gruppen auf eigene Faust würde der gesamten Arbeiterklasse zum schwersten Schaden gereichen. Darum her zur Eisernen Front! Nur ihrer Parole ist Folge zu leisten! Kaltblütigkeit, Entschlossenheit, Disziplin, Einigkeit und nochmals Einigkeit ist das Gebot der Stunde! |
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Aufruf Gewerkschaften, 30. Januar 1933[10] |
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An die Mitglieder der Gewerkschaften! Die politische Lage hat sich in entscheidender Weise geändert. Das Schwergewicht der neuen Reichsregierung liegt bei Parteien und Gruppen, die bisher offen für die soziale Entrechtung der Arbeiter und Angestellten, für die Zerschlagung der Demokratie und für die Ausschaltung des Parlaments eingetreten sind. Die Gefahr liegt nahe, daß sie jetzt ihre Pläne zu verwirklichen trachten. Gewerkschaftsmitglieder! Die Lebensinteressen der gesamten Arbeiterschaft stehen auf dem Spiel. Um Angriffe gegen Verfassung und Volksrechte im Ernstfalle wirksam abzuwehren, ist kühles Blut und Besonnenheit erstes Gebot. Laßt euch nicht zu voreiligen und darum schädlichen Einzelaktionen verleiten. Berlin, den 30. Januar 1933 Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Allgemeiner freier Angestelltenbund Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände |
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Vorwärts, 30. Januar 1933 (Auszüge)[11] |
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Gegenüber dieser Regierung der Staatsstreichdrohung stellt sich die Sozialdemokratie und die ganze Eiserne Front mit beiden Füßen auf den Boden der Verfassung und der Gesetzlichkeit. Sie wird den ersten Schritt von diesem Boden nicht tun. Sie wird vielmehr durch Ausnutzung aller verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel den allerschärfsten Kampf gegen diese Regierung führen. Sie überlaßt die Verantwortung für den Ausbruch eines Ringens, das beiderseits nicht mehr mit den normalen Waffen des politischen Kampfes geführt werden sollte, ausschließlich ihren Gegnern [...] Auf alle Fälle hat ein geschichtlicher Kampf um das Schicksal des deutschen Volkes begonnen. Die Situation ist voller Gefahren. Sie birgt aber auch die Möglichkeit einer überraschend schnellen günstigen Entwicklung in sich. Wir wissen, daß an ihrem Ende der Sieg der Arbeiterklasse, der Demokratie und des Sozialismus steht. Er ist vielleicht näher, als mancher denkt! Kaltblütig, zuversichtlich und, wenn es die Sache der Freiheit fordert, zu letzten Opfern bereit, gehen wir der Zukunft entgegen, die unser sein wird trotz alledem! |
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Hitler Reichskanzler, Papen Vizekanzler, Hugenberg Wirtschaftsdiktator, die Frick und Goebbels an der Spitze der Polizei, Stahlhelmmann Seldte Arbeitsminister. Dies neue Kabinett der offenen faschistischen Diktatur ist die brutalste und unverhüllte Kriegserklärung an die deutsche Arbeiterklasse, an das werktätige Volk. Die Betrugsmanöver des "sozialen Generals" sind zu Ende. Die Zuspitzung der Krise, der machtvolle revolutionäre Aufschwung der Massen zwingt die Bourgeoisie, das nackte Gesicht ihrer Diktatur in äußerster Brutalität zu enthüllen. [...] Diese faschistischen Anschläge sollen den Kurs auf die volle Zerschlagung aller Arbeiterorganisationen einleiten. [...] Die Kommunistische Partei Deutschlands wendet sich vor der gesamten proletarischen Öffentlichkeit mit dem Aufruf zugleich an den ADGB, an den Afa-Bund, an die SPD und die christlichen Gewerkschaften mit der Aufforderung, gemeinsam mit den Kommunisten den Generalstreik gegen die faschistische Diktatur der Hitler-Hugenberg-Papen, gegen die Zerschlagung der Arbeiterorganisationen, für die Freiheit der Arbeiterklasse durchzuführen. Die KPD appelliert an die Millionen der sozialdemokratischen, freigewerkschaftlichen, christlichen und Reichsbannerarbeiter in Stadt und Land wie an die unorganisierten Arbeitermassen: Führt gemeinsam mit euren kommunistischen Genossen in allen Betrieben und Arbeiterwohnvierteln Massendemonstrationen, den Streik, den Massenstreik, den Generalstreik durch! [...] Es lebe die proletarische Einheitsfront gegen die faschistische Hitler-Diktatur! Fort mit den Hitler, Papen, Hugenberg! Es lebe der Generalstreik! Es lebe der Kampf für die Freiheit der Arbeiterklasse! Es lebe der Kampf für eine Arbeiter- und Bauernrepublik! Berlin, den 30. Januar 1933. Kommunistische Partei Deutschlands (Cf. Vollständiger Text ►) |
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Deutsche Führerbriefe, 31. Januar 1933 (Auszüge)[12] |
Die Regierungskrise hat durch die Berufung Hitlers zum Reichskanzler erfreulich schnell die Lösung gefunden, die wir seit dem Sommer unentwegt trotz nicht geringer Kritik und Anfeindungen als die beste gefordert haben. |
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Bericht Sitzung Bundesausschuß ADGB, 31. Januar 1933[13] |
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In seinem Bericht vor dem Bundesausschuß gab Leipart einen Überblick über die Entwicklung der politischen Lage. Die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften haben sich am Sonnabend und Montag wiederholt bemüht, beim Reichspräsidenten vorstellig zu werden, um im Sinne ihrer in diesen Tagen veröffentlichten Erklärungen auf ihn einzuwirken. Leider vergeblich, da der Reichspräsident nicht in der Lage war, die Vertreter der Gewerkschaften zu empfangen. Leipart erinnerte an den Briefwechsel des Reichspräsidenten mit Hitler vor wenigen Monaten. Im November lehnte Hindenburg es ab, Hitler ein Präsidialkabinett anzuvertrauen. Er stellte ihm vielmehr damals strengere Bedingungen als jemals einem früheren Kanzlerkandidaten. Er verlangte von ihm, daß er seine parlamentarische Mehrheit nachweise, wenn er auf die Kanzlerschaft Anspruch erhebe. Jetzt war hiervon keine Rede mehr. Hitler hat damals erklärt, er halte es für notwendig, daß der deutsche Kanzler in dieser Zeit die Aufgabe habe, für eine zeitlich fixierte und materiell begrenzte Aufgabe sich eine Ermächtigung vom Parlament zu verschaffen. Bekanntlich ist schon gestern von dem Gedanken an ein solches Ermächtigungsgesetz geredet worden. Was von dieser Regierung sozialpolitisch zu erwarten ist, zeigt das Verhalten des Reichsarbeitsministers, zeigen die sachlichen Umgruppierungen im Reichsarbeitsministerium und im neugebildeten Krisenministerium. Auch die Haltung gegenüber einer Persönlichkeit wie dem Staatssekretär Grieser läßt die innere Einstellung des neuen Arbeitsministers klar erkennen. Die Einordnung der Tarifabteilung in das Krisenministerium Hugenbergs läßt keinen Zweifel, wohin der Kurs geht. Keine staatliche Lohnpolitik, vielleicht auch keine Schlichtung mehr, selbst nicht in dem jetzt schon entarteten Sinne! Auf anderen Gebieten des Tarifrechts wird die gewerkschaftsfeindliebe Haltung des neuen Mannes bald genug hervortreten. Die Arbeiterschaft wird mehr als je auf ihre eigene Kraft angewiesen sein. Es bedarf keiner Hervorhebung, daß die Gewerkschaften zu dieser Regierung in Opposition stehen. Das kann und wird sie nicht hindern, die Interessen der Arbeiterschaft auch gegenüber dieser Regierung zu vertreten. Die Gewerkschaften werden die Ansprüche der Arbeiter auf Gleichberechtigung in Staat und Wirtschaft mit genau der gleichen Entschiedenheit weiterverfechten wie seither. Organisation ‑ nicht Demonstration: das ist die Parole der Stunde. Die Gewerkschaften haben Jahrzehnte hindurch in diesem Geiste gehandelt. Sie werden dieser Losung durch verstärkte Werbetätigkeit auch in der kommenden Zeit treu bleiben. Graßmann ergänzte den Bericht Leiparts durch Ausführungen über die verschiedenen Möglichkeiten der politischen Entwicklung. Alles kommt auf die Geschlossenheit der Organisationen, auf die Erhaltung: und den Ausbau einer einheitlichen Front der Arbeiterschaft in ihren Gewerkschaften an. Dieser Gedanke ist auch bestimmend für die Haltung der Gewerkschaften gegenüber jeder Partei, die sich etwa das Recht zur Führung gewerkschaftlicher Aktionen anmaßen sollte. Die Aussprache ergab in eindrucksvollster Weise die einmütige Übereinstimmung aller Verbandsvertreter mit der Haltung, die der Bundesvorstand in diesen entscheidungsschweren Tagen eingenommen hat. Es verstehe sich von selbst, daß die Zusammensetzung dieser Regierung zu stärksten Bedenken Anlaß gibt. Die Gewerkschaften werden im einzelnen Falle ihre Haltung zu dieser Regierung von ihren Taten abhängig machen. Sie stehen bereit, wenn nötig jeden Tag, neue Entscheidungen zu treffen. Die Haltung der gewerkschaftlichen Führung kann und darf sich aber nicht von gefühlsmäßigen Gesichtspunkten bestimmen lassen. Daß die deutsche Arbeiterschaft, soweit sie den Geist der deutschen Arbeiterbewegung in sich aufgenommen hat und gewerkschaftlich geschult ist, sich gegen diese sozialreaktionäre Regierung am liebsten in unmittelbarer Aktion zur Wehr setzen würde, ist menschlich begreiflich, aber sachlich falsch. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Gewerkschaften die Interessen der deutschen Arbeiterschaft schädigen würden, wenn sie diesen Impulsen nachgeben würden. Die Ruhe und die Zuversicht, die für die Verhandlungen des Bundesausschusses kennzeichnend war, kommt nicht von ungefähr, sie stammt aus der genauen Kenntnis der reichen Widerstandskräfte der deutschen Arbeiterschaft, die in ihrer jahrzehntelangen Geschichte schon manchen Gegner kommen und gehen sah, von dem die Sage ging, daß er die Arbeiterbewegung endgültig vernichten werde. Dieses Bewußtsein der Kraft, das keiner großen Geste bedarf und der Disziplin der Arbeiterschaft sicher ist, ist die feste Grundlage der ruhigen Haltung der gewerkschaftlichen Führung in den letzten Tagen. Leipart faßte die Aussprache zusammen. Die gegenwärtige Regierung mag ‑ in rücksichtsloser Ausnutzung von Machtverhältnissen, die gegenwärtig günstig für sie zu liegen scheinen ‑ eine tariflose Zeit, vielleicht gar einen weiteren Abbau der Lohne durchsetzen, sie mag aus der Rumpelkammer veralteter Vorstellungen reaktionäre Pläne heraufholen und Einrichtungen schaffen, die den bestehenden Rechten und dem Freiheitswillen der deutschen Arbeiterschaft widersprechen ‑, die deutsche Arbeiterschaft weiß nicht nur aus der Erfahrung der letzten Jahre, sondern aus ihrer ganzen Geschichte, daß auf eine lange Periode sozialen Aufstieges auch einmal ein Rückschlag, ja vorübergehende Erfolge bewußten Rückschritts folgen können. Diese Erfahrung wird den Glauben an die Macht und die Zukunft der gewerkschaftlichen Organisation in ihren Anhängern nicht ertöten, dieser Glaube wird auch diejenigen wieder ergreifen und zu ihren Fahnen führen, die heute die wirtschaftliche Not unseren Organisationen entfremdet hat. Keine deutsche Regierung wird die deutsche Arbeiterschaft und ihre Organisationen überwältigen können, weil sie ihren Geist nicht unterdrücken kann. Es wird auch dieser Regierung nicht gelingen. |
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Vorwärts, Leitartikel von Friedrich Stampfer, 31. Januar 1933[14] |
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Nun erst recht! Gegen die Einigkeit der Arbeiterfeinde: Einigkeit der Arbeiter! Mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler ist der Entscheidungskampf zwischen Demokratie und Faschismus, zwischen Kapital und Arbeiterklasse in ein neues Stadium getreten. Entschieden ist er noch lange nicht! Die Arbeiterklasse, die Demokratie und der Sozialismus sind nicht geschlagen. Stimmungen der Resignation oder der Verzweiflung sind den politisch geschulten Massen der Sozialdemokratie unbekannt. Sie werden kaltblütig beobachten und sich zu entscheidendem Handeln bereithalten, sowie die Stunde es erfordert. Wenn es gestern Leute gegeben hat, die zähneklappernd zu Bett gegangen sind, so waren es bestimmt keine Sozialdemokraten! Aber wahrscheinlich waren es Nationalsozialisten, die sich fragten, wie ihre Partei es ertragen wird, daß ihr Führer mit Papen und Hugenberg an der Spitze einer großkapitalistischen Regierung steht. Wenn gestern Leute zähneklappernd zu Bett gegangen sind, so mögen es die Deutschnationalen gewesen sein, die nicht wissen, wann und wie sie ihre lieben Bundesgenossen wieder loswerden können. Es mögen Großkapitalisten gewesen sein, die daran dachten, was aus ihrem Geschäft werden soll, wenn es drüber und drunter geht. Den meisten Grund, zähneklappernd zu Bett zu gehen, hatte aber der neue Reichskanzler selbst, der nun alle Versprechungen erfüllen soll, die er gemacht hat. Wer möchte da in seiner Haut stecken? Adolf Hitler, ein Mann aus dem Arbeiterstande, Führer einer Partei, die sich heute noch eine Arbeiterpartei und sozialistisch nennt, steht an der Spitze einer Regierung der großagrarisch-großkapitalistischen Reaktion. Wie ihm diese Regierung, wie dieser Regierung dieser Chef bekommen wird, wird die nächste Zeit lehren. Die neue Regierung hat sich beeilt zu erklären, daß sie sich auf den Boden der Verfassung und des Gesetzes stellt und daß sie nichts gegen Verfassung und Gesetz unternehmen will. Sie kann daher, ohne ihr Wort zu brechen, auch nicht die Kommunistische Partei verbieten. Der "Vorwärts" hat gestern vor kopflosen Parolen gewarnt. Wie recht er hatte, zeigen die Erklärungen des neuen Reichsinnenministers Frick. Die Herren erklären, sie stehen auf dem Boden der Legalität. Wir nehmen diese Erklärung ohne Vertrauen zur Kenntnis und denken darum nicht daran, uns vom Boden der Legalität abdrängen zu lassen. Wenn er verlassen werden soll: meine Herren, nach Ihnen! Wir wollen aber versuchen, Sie schon vorher davon zu überzeugen, daß Ihnen dieses Experiment verdammt schlecht bekommen würde. Das Mittel der Arbeitseinstellung ist ein legales Mittel. Seine Anwendung zur Abwehr eines Angriffs auf die Freiheitsrechte des Volkes, auf die sozialen und politischen Rechte der Arbeiterklasse ist hundertmal gerechtfertigt. Aber taktische Vernunft rät, mit ihm hauszuhalten, damit ein entscheidender Augenblick nicht eine abgekämpfte Arbeiterschaft finde. Sehr bald kann alles anders sein ‑ in Zeiten wie den jetzigen ändern sich die Verhältnisse und die Taktik sehr schnell! Heute Generalstreik machen, hieße die Munition der Arbeiterklasse zwecklos in die leere Luft verschießen! Auf die Einigung aller Feinde der Arbeiterklasse gibt es nur eine Antwort: Einigung der Arbeiterklasse! Das Gewesene ist gewesen, ein neuer Kampfabschnitt hat begonnen. Alles ist zu gewinnen, wenn die Arbeiter einig sind, alles ist zu verlieren, wenn sie es nicht sind! Darum keine Zänkereien, keine Stänkereien, keine Sonderparolen und Sonderaktionen! Keine falschen Einheitsfrontmanöver, sondern echte Einheit der Arbeiterklasse! Sie ist nur zu erreichen durch ehrliches Zusammenstehen in Not und Kampf! Klassenkampf, nicht Bruderkampf! Her zur Eisernen Front! Proletarier Deutschlands vereinigt euch! |
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Rudolf Breitscheid[15]: [...] Die Entwicklung ist zwangsläufig gewesen, und doch muß eine Einschränkung gemacht werden. Bei aller Anerkennung der Notwendigkeit der Entwicklung dürfen wir nicht an der Schuld derjenigen vorübergehen, die an der Beschleunigung dieser Entwicklung mitgeholfen haben. Das haben einmal die Nationalsozialisten getan dadurch, daß sie die Demokratie bekämpft und die Diktatur proklamiert haben. Für sie hatte das, von ihrem Standpunkt aus gesehen, einen Sinn, es war die Politik, die zur Vorbereitung ihrer Sache notwendig war. Verbrecherisch war aber, daß die Kommunisten dasselbe taten. Sie haben ebenso wie die Nationalsozialisten gegen uns Front gemacht und den Willen zur Demokratie gelähmt mit dem Erfolg, daß die Gegner der Arbeiterschaft den Weg zur Macht für sich gebahnt fanden.
[...] Hitler ist zwar Reichskanzler, aber es sitzen mehrere Aufpasser des Reichspräsidenten im Kabinett, wie Papen, Krosigk, von Neurath. Wir dürfen überzeugt sein, daß sie dahin gebracht worden sind durch den Reichspräsidenten, um Herrn Adolf Hitler, dem Mann, dessen Idee doch die Alleinherrschaft ist, Schranken zu setzen und Fesseln aufzuerlegen. Ich glaube, es wäre bedenklich, wenn die Sozialdemokratische Partei und wenn die Arbeiterschaft überhaupt durch irgendwelche ungestümen und voreiligen Aktionen eine Entwicklung, die sich innerhalb der Regierung vollziehen muß, hindern und hemmen würde; wenn sie dazu beiträgt, diese einander widerstrebenden Kräfte zusammenzuschweißen. [...] Wir stehen selbstverständlich zu der Regierung Hitler in der schärfsten Opposition, viel schärfer als zu der Regierung Papen und Schleicher. Selbstverständlich haben wir auch gestern ein Mißtrauensvotum gegen das Kabinett ausgesprochen. Aber das genügt nicht, vor allen Dingen denen genügt es nicht, die draußen im Lande mit einer begreiflichen Erregung die Nachricht von der Ernennung Hitlers aufgenommen haben. Wir können die Erregung verstehen, wir können begreifen, daß der Groll gewachsen ist und daß sie laut oder leise an uns die Frage richten, was wir zu tun gedenken, daß sie wissen wollen, ob die Partei und die Gewerkschaften darauf vorbereitet sind, um etwas zu unternehmen. Es ist begreiflich, daß man in Diskussionen jetzt in erster Linie spricht von den außerparlamentarischen Aktionen und die Frage ventiliert: Massenstreiks, Einzelstreiks, Demonstrationen mit dem Ziel, daß etwas anderes und mehr daraus wird als eine Manifestation in der Öffentlichkeit. Wir stellen die Gegenfrage: Ist der Augenblick zu einer großen außerparlamentarischen Aktion gekommen? Welches Ziel soll eine solche außerparlamentarische Aktion haben, und wenn wir bereit sind, sie zu unternehmen, verspricht diese Aktion dann Erfolg? Ich will meine Meinung dazu sagen. Wenn Hitler sich zunächst auf dem Boden der Verfassung hält, und mag das hundertmal Heuchelei sein, wäre es falsch, wenn wir ihm den Anlaß geben, die Verfassung zu brechen, ihn von dem Boden des Rechtes entfernen, abgesehen von dem Grund, daß wir in demselben Augenblick die widerstrebenden Kräfte innerhalb des Kabinetts zusammenschweißen. Wenn Hitler den Weg der Verfassung beschreitet, steht er an der Spitze einer Rechtsregierung, die wir bekämpfen können und müssen, mehr noch als die früheren, aber es ist dann eben eine verfassungsmäßige Rechtsregierung. Man wird den Einwand erheben, Hitler denkt nicht daran, auf dem Wege zu bleiben, er wird die Verfassung brechen. Die Konsequenz ist die, daß wir alles zu tun haben, um für den Augenblick dieses Verfassungsbruches gerüstet zu sein. Dann ist es zu spät, wird man sagen, dann hatte er die Möglichkeit, bereits etwas zu tun. Aber wenn wir heute etwas unternehmen, glaubt nur, daß in derselben Minute von seiten der Regierung alles geschehen würde, um uns durch das Verbot von Zeitungen, Versammlungen, durch Hindernisse aller Art unsere Aktionsfähigkeit gegen die Regierung zu rauben. [...] Ich glaube sagen zu können: Wir stehen jetzt in einem Klassenkampf in seiner reinsten Form. Es stehen zwei Fronten einander gegenüber: die Arbeiterklasse auf der einen, die vereinigte Reaktion, der vereinigte Kapitalismus, unterstützt von den braunen Scharen des Herrn Hitler, auf der anderen Seite. Nie gab es eine klarere, einwandfreiere Klassenkampfsituation als in diesem Moment, in dieser Zeit. Parteigenossinnen und -genossen! Wir müssen uns bewußt sein, daß nach Hitler nichts anderes mehr kommen kann und kommen darf als eine Regierung, auf die die Arbeiterschaft den maßgebenden Einfluß ausübt. Für diese Entscheidungsstunde gilt es frei zu sein, für diese Entscheidungsstunde gilt es die Kräfte zu sammeln. Zu früh losschlagen hieße nur die Lebensdauer des Gedankens der Autorität verlängern. Wir müssen wissen, was wir wollen, und wir müssen wollen, was wir wissen; aber wir müssen an diese Dinge mit jener Kaltblütigkeit herangehen, die nicht durch irgendwelches hysterisches Geschrei getrübt werden darf. Wir müssen auch, wenn wir es für richtig halten, in diesem Augenblick innerhalb der Bahn bleiben, die wir bisher beschritten haben. Ich wiederhole: Wir müssen alles tun, um im einzelnen gerüstet zu sein für den Moment, wo Hitler von der Demokratie abweicht.
Peter Graßmann[16] Die Gewerkschaften, auf deren Bedeutung Breitscheid angesichts der neuen politischen Konstellation besonders hinwies, sind sich des Ernstes der Lage bewußt. Ich darf gegenüber Meldungen, die gestern zu uns kamen und die dahingingen, daß bereits in einigen großen Versorgungs- und öffentlichen Betrieben Stimmung für ein Vorprellen der Arbeiterschaft vorhanden sei, sagen, daß nach Prüfung der Dinge sich folgendes ergeben hat: Man sprach von einem heute morgen einsetzenden Streik in der Reichsdruckerei und in den Gaswerken. Es ist möglich, daß es in der Reichsdruckerei zu kleineren Unruhen kommt, daß aber die Entrepreneure mit dem Ziel der Herbeiführung eines Sowjetdeutschlands die anderen davon abhalten werden, sich der Aktion anzuschließen. Ich darf für Berlin sagen, daß die städtischen Betriebe fast ausschließlich in den Händen der Organisation sind, daß anscheinend die Gewähr dafür vorhanden ist, daß sie nur den Weisungen ihrer Organisation folgen werden. Wir waren zusammen und sind durchaus der Meinung, daß im Augenblick ein Vorprellen einzelner Belegschaften verhütet werden muß, weil damit die Schaffung einer Rechtsbasis vermieden wird. Wir sind uns über den Ausgang der Zwangsmaßnahmen klar. Wir rechnen ernstlich damit, daß die Möglichkeit besteht ‑ der Name Hugenberg gibt eine Gewähr dafür ‑, unter der Bezeichnung eines neuen Burgfriedens eine Situation zu schaffen, durch die politische Streiks vermieden werden sollen und dadurch auch die Führung wirtschaftlicher Streiks eingeengt wird. Wir rechnen mit der letzten Möglichkeit nicht heute und morgen, aber in absehbarer Zeit stellt man vielleicht auch solche Streiks unter schärfste Strafen. Wenn die Arbeiterschaft sich jetzt zu verfrühtem, unzweckmäßigem politischen oder gewerkschaftlichen Vorprellen bereit findet, tastet man eventuell die Gewerkschaften selbst an, nimmt die Führer in Schutzhaft, beschlagnahmt die Häuser und Kassen usw. Wir betrachten die Lage als sehr ernsthaft. Trotzdem haben wir gestern eine kurze Erklärung an die Mitglieder herausgegeben, in der sie aufgefordert werden, nur Weisungen ihrer Organisation zu folgen. Es kann nichts anderes geben, als daß unsere Mitglieder nur dann in Aktion treten, wenn es von oben herab befohlen wird, damit wir nicht vorher erwürgt am Boden liegen. In dieser Situation, verzeihen Sie, wenn ich das sage, betrachte ich die Wiedereinführung der Solidarität aller Richtungen als ein großes politisches Plus. Um einen gewissen Einfluß zu behalten auf bestimmte politische Parteien, haben wir auf eine sehr ruhige Proklamation, die heute im "Vorwärts" zu finden ist, Wert gelegt. Wir richten uns ein auf ein Bereitsein für längere Dauer. Das kostet Nerven, das fordert Takt. Ich bitte die Parteipresse, uns in den Bemühungen zu unterstützen. Es muß immer wieder gesagt werden: Leute, seid wachsam, haltet Euch bereit, tut nichts, ehe nicht von denen, die das Gesamtmaß der Verantwortung tragen, die Weisung ergeht, jetzt muß losgeschlagen werden. Ich bin mit Breitscheid der Meinung, daß ein befristeter Generalstreik in dem Moment ein politischer Unsinn wäre. Er würde das herbeiführen, was Breitscheid bereits gesagt hat. Ein solches Ruhenlassen der Arbeit würde, wenn man es ohne zwingende Veranlassung einsetzte, nach einer derartigen Generalprobe jede spätere Aktion in ihrer Wirkung verpuffen lassen. Wir haben ja auch vor dem Kapp-Putsch kein Probeexempel gemacht, und trotzdem hat es geklappt. Wir wollen uns den Generalstreik als die äußerste Eventualität aufheben. Für eine in der Verteidigung befindliche Truppe, wie wir das sind, kann ich Ihnen sagen, daß, soweit es im menschlichen Ermessen liegt, die notwendigen Vorbereitungen, die seit langem getroffen sind, nachgeprüft und vervollständigt wurden. Ferner kann ich sagen, daß im Gegensatz zu dem, was an nervösen Störungen sich da und dort abgespielt hat, heute morgen verschiedene Betriebsdeputationen auch von außerhalb bei uns waren, die ihre Besorgnisse nicht glaubten dem Telefon anvertrauen zu dürfen und denen wir erklärt haben, welche Haltung wir einnehmen. Sie haben volles Einverständnis mit unserer Haltung bekundet und sind gegangen mit der Versicherung: Wenn Ihr ruft, sind wir da. |
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Adolf Hitler (Auszüge)[17] |
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Soll aber Deutschland diesen politischen und wirtschaftlichen Wiederaufstieg erleben und seine Verpflichtungen den anderen Nationen gegenüber gewissenhaft erfüllen, dann setzt dies eine entscheidende Tat voraus: die Überwindung der kommunistischen Zersetzung Deutschlands. |
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Protokoll Sitzung Parteivorstand SPD und Vertreter des ADGB, 5. Februar 1933[18] |
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Anwesend: Otto Wels, Vorsitzender der SPD, Hans Vogel, Crispien, Litke, Künstler, E. Schmidt, Dittmann, Rudolf Hilferding, Friedrich Stampfer (SPD-Vorstand, Chefredakteur des ”Vorwärts”); Crummenerl, Hildenbrand, Breitscheid (PV); Hertz (MdR); Friedrich Adler (SA!); Theodor Leipart, Vorsitzender des ADGB, Graßmann, Eggert, Hermann Schlimme (ADGB-Bundesvorstand), Spliedt (ADGB); Aufhäuser (AJA- Bund). Wels erklärt, er habe die Sitzung mit Vertretern der Gewerkschaften einberufen, um zu besprechen, welche letzten Abwehrmaßnahmen eventuell zu treffen wären. Aus den Betrieben kämen immerzu Anfragen, zu welchem Zeitpunkt die Arbeit niedergelegt werden sollte. Die Genossen seien beruhigt worden, die Diskussion in den Betrieben über die Einheitsfront sei aber sehr stark. Verhaftungen und Zeitungsverbote mehrten sich, und es bestände die Gefahr, daß aus irgendeinem besonderen Anlaß der Stein ins Rollen käme. Ein gewisser Anstoß dazu sei die Schlägerei und Verhaftung in Lübeck mit Genossen Leber gewesen, die unter der Arbeiterschaft eine große Erregung ausgelöst habe. Dazu käme die Auflösung des Landtags durch Notverordnung und andere reaktionäre Maßnahmen, die so aufpeitschend wirken könnten, daß die Arbeiter nicht mehr zu halten seien. Wir wüßten uns gewiß fern von jeder Nervosität und Überstürzung, aber wir müßten uns auch einig werden, was gegebenenfalls zu tun wäre. Wenn ein Generalstreik käme, wäre ja an Wahlen nicht zu denken. Wenn die Lawine ins Rollen komme, müßten wir doch versuchen, sie in unsere Bahnen zu leiten. Crummenerl berichtet, daß ein gewisser Herzfelde vom Malik-Verlag telefonisch angerufen habe, um mit Genossen aus dem Büro über Bestrebungen für eine Einheitsfront mit den Kommunisten zu reden. Es war niemand weiter im Büro als Nau, der mit ihm gesprochen habe. Es stellte sich heraus, daß Herzfelde Münzenberg nahesteht; hinter der Sache stände jedenfalls nicht die Zentrale der KPD. Hertz verweist darauf, daß durch einen Artikel im "Montag-Morgen" es wiederum klar hervorgehe, daß die KPD noch immer in ihren alten Anschauungen befangen sei. Vogel meint, daß ein ernsthafter Versuch von der KPD für irgendwelchen Nichtangriffspakt nicht vorliege. In den Betrieben würde aber geflissentlich die Meinung verbreitet, daß die KPD uns ein Angebot gemacht habe. Sicher sei aber, daß die Arbeiter nur unseren Parolen folgen würden und nicht denen der Kommunisten, was ja bisher auch bereits bewiesen wurde. Crispien erklärt, er habe den Eindruck aus den letzten Versammlungen und aus der Stimmung in Arbeiterkreisen, daß die Entschlossenheit und Kraft sehr gestiegen sei. Graßmann erklärt, daß von den Gewerkschaften alle Vorbereitungen für einen Eventualfall getroffen seien. Leipart teilt mit, daß auch er mit Einheitsfrontvorschlägen bedacht worden sei, und zwar von Leuten wie Käthe Kollwitz und Einstein. Auch habe man von ihm verlangt, er müßte eine Deutsche Arbeiterpartei gründen. Er führe das hier nur als Kuriosum an. Der ADGB habe mit den Christlichen und Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften gesprochen. Besonders die Christlichen seien sehr scharf in Abwehrstellung. Er aber müßte doch die Frage aufwerfen, welches Ziel wir bei einem Generalstreik stellen könnten. Die Arbeiter, die jetzt noch in Stellung seien, würden doch jedenfalls befürchten, ihren letzten Arbeitsplatz zu verlieren. Die Begeisterung würde also wahrscheinlich nicht sehr stark für einen Generalstreik sein. Wahrscheinlich würden sie unseren Parolen folgen. Dann müsse aber auch bedacht werden, daß die Nazis mit ihrer SA sehr stark seien, die bei einem Streik die Betriebe besetzen würden. Wenn wir als Ziel nur erklären könnten: Wir rufen zum Generalstreik auf, um wieder verfassungsmäßige Zustände zu schaffen, würde das wohl als Parole nicht ausreichend sein, und er frage sich, ob wir andere Parolen hätten. Und wenn selbst die kommunistischen Arbeiter mitmachten, so sei in der Bewegung doch immer eine gewisse Spaltung, denn wir kämpften für die Verfassung und die Kommunisten dagegen. Die Technische Nothilfe durch die Nazis würde einsetzen, und es käme sofort zu Zusammenstößen. Ein Proteststreik, etwa auf Stunden beschränkt, hätte doch keinen Zweck. Er käme deshalb zu dem Ergebnis, daß wir doch noch zuwarten müßten, bis ein offener Verfassungsbruch vorliege. Die Kommunisten hätten gewiß damit nicht ganz unrecht, wenn sie sagen, wir kämen in immer schwierigere Situationen. Täglich schreite die Reaktion in ihren Maßnahmen fort. Jedenfalls aber müßten wir uns sehr überlegen, welche Verantwortung wir damit übernähmen. Stampfer: Nach dem gewissen Erfolg, den wir im Landtag bei der Abstimmung über den Auflösungsantrag mit den Kommunisten haben, scheine es ihm doch notwendig, den Kommunisten direkt ein Angebot zu machen. Wir müßten mit ihnen sprechen, wie sie sich zu einem Generalstreik stellten. Er sei nicht so ganz gegen einen befristeten Generalstreik von etwa einem Tag. Das wäre ein Demonstrationsstreik, durch den auch gewissermaßen ein Ventil geöffnet würde. Aber das sei nur möglich, wenn vorher eine Verständigung mit der KPD stattfände. Dabei müßte ihnen ganz klipp und klar gesagt werden, daß unser Ziel nicht die Errichtung eines Sowjetdeutschlands wäre. Vogel verweist darauf, daß die Leitung der deutschen Kommunistischen Partei ja nicht nur in der Zentrale liege, sondern in Moskau. Wenn bei der nächsten Präsidentenwahl Hindenburg nicht mehr kandidiert, die Kommunisten wieder mit ihren 6 Millionen Stimmen für einen Sonderkandidaten stimmten, so sei mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß Hitler gewählt werde. Sie scheinen nicht so viel Überlegung zu haben, daß sie sich sagen, daß es auch ihnen dann an Kopf und Kragen gehe. Von einer Einigkeit mit ihnen könnte natürlich keine Rede sein, es würde sich nur um eine gewisse Koalition handeln können. Graßmann meint, wenn wir Stampfers Ausführungen folgen wollten, wäre es schon am besten, wir würden abdanken. Aus einer Unterredung mit den Kommunisten käme sicher nichts heraus. Er erinnere nur an die Gegenparole, die sie 1922 herausgegeben hätten, und an ihr Verhalten nach dem Rathenau-Mord, sie hielten doch nach der Leninschen Anweisung nicht ihr Wort. Wäre das alles nicht, dann ständen wir auch anders zum Generalstreik. Er habe gestern erst eine Riesenversammlung in Düsseldorf abgehalten, in der wieder zum Ausdruck kam, daß unsere Genossen und Gewerkschafter absolutes Vertrauen zu uns hätten. Was sich bis jetzt politisch ereignet habe, sei immer noch keine Veranlassung zum Losschlagen. Wir dürften das nicht verfrüht tun, wir befänden uns doch jetzt in einer Situation wie etwa im Juli. Wir müßten uns jetzt zunächst für die Wahl einsetzen. Das ewige Gerede, daß wir mit den Kommunisten wegen der Einheitsfront verhandeln sollten, macht unsere Leute nur irre. Dittmann meint, bei den Kommunisten herrsche sicher eine zwiespältige Stimmung. Sicher sei, daß im wesentlichen die Turkestaner* die Leitung hätten. Wir hätten keine Ursache, uns von der Reaktion mit den Kommunisten zusammentreiben zu lassen. Stampfer sollte nicht dieser ewigen Idee nachhängen, sondern im "Vorwärts" uns scharf gegen die Kommunisten abgrenzen. Hilferding bedauert, daß Stampfer sich immer wieder mit der Idee beschäftige, wir müßten mit den Kommunisten reden. Eine Besprechung habe doch überhaupt nur mit der Leitung einen Zweck, unter keinen Umständen dürfte der Gedanke einer gemeinsamen Kampfleitung aufkommen. Wenn die Situation sich verschärfe und die Beunruhigung wachse, müßten wir die Führung in der Hand behalten. Es wäre doch nicht damit zu rechnen, daß ein Generalstreik einen so friedlichen Verlauf nehme wie der beim Kapp-Putsch. Es müßte doch schon in den ersten Stunden mit dem Bürgerkrieg gerechnet werden. Schlimme bemerkt, daß die Stimmung in den Betrieben für einen Generalstreik nicht sehr stark sei. Auch die Beamten hätten wir nicht mehr völlig auf unserer Seite. Jetzt müßte zunächst Stimmung für die Wahlen gemacht werden. Künstler meint, der Verkehrsstreik wäre für uns ein Anschauungsunterricht gewesen. Mit jeder Maßnahme der Hitler-Regierung wachse in den Arbeiterkreisen der Widerstand. Es ergebe sich für uns die Frage, ob wir die Arbeiter immer weiter zurückhalten sollten, wenn sich die Stimmung steigere und sie schließlich den kommunistischen Parolen Folge leisteten. Stampfers Artikel** wäre in den Betrieben sehr gut aufgenommen worden. In der KPD sei auch schon eine andere Einstellung, das habe die Rede Piecks im Landtag*** bewiesen. Aufhäuser wünscht, daß wir uns nicht so viel mit akademischen Erörterungen beschäftigen sollten, die politische Atmosphäre könnte sich in kurzer Zeit sehr stark erhitzen. Stampfers Artikel habe eine sehr gute Wirkung gehabt, er könne aber Stampfer darin nicht folgen, daß die Haltung der Eisernen Front für die Partei bestimmend sein müsse. Je mehr wir zu starken Abwehrmaßnahmen entschlossen seien, desto mehr werde die Leitung in unserer Hand bleiben. Die Maßnahmen gegen uns gingen löffelweise weiter. Er erinnere nur an das Staatsbegräbnis, das am heutigen Tage stattfinden solle. Die Aktion gegen Preußen, alles würde nach dem Muster Mussolinis weitergetrieben. Er sei auch dafür, von jeder vorläufigen Maßnahme Abstand zu nehmen, aber die Einzelakte spitzten sich doch dermaßen zu, daß mit einer spontanen Auslösung der Wählermassen zu rechnen wäre. Er glaube überhaupt nicht an ein Stattfinden der Wahlen. Als Ziel käme nach seiner Meinung doch nur in Frage, daß wir erklären müßten, wir wollten die politische Macht übernehmen. Wels: Die Aussprache habe wohl gezeigt, daß wir in unseren Ansichten völlig einig gingen und daß jeder der Meinung sei, wir müßten uns an die Spitze der Bewegung stellen. In der Wahlbewegung müßte immer wieder herausgestellt werden, daß Hitler den Vierjahresplan verlange. * Dittmann meint damit die “moskauhörige Fraktion in der KPD-Führung”. ** Ein Artikel Stampfers vom 1. Februar spricht sich für einen "Nichtangriffspakt" der SPD mit der KPD aus. *** Im Verlaufe der Sitzung des preußischen Landtags am 4. 2. 1933 war Pieck dem national-sozialistischen Antrag auf Auflösung des Landtags entgegengetreten. |
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Schilderung Wilhelm Hoegner über die Sitzung am 5. Februar 1933[19] |
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Ich hatte Breitscheid gefragt, ob ihm über geplante Abwehrmaßnahmen der Gewerkschaften nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler etwas bekannt sei. Er teilte mir am 23. Juli 1935 mit: "Ich erinnere mich nur einer Sitzung des Parteivorstandes vom 5. Februar 1933, an der die Mitglieder des Gewerkschaftsvorstandes Leipart und Graßmann und außerdem Friedrich Adler von der Sozialistischen Internationale teilnahmen. Graßmann sprach damals das stolze Wort: “Wir brauchen nur auf den Knopf zu drücken, dann steht alles still”". Er, Breitscheid, habe diese Worte in den folgenden Tagen noch mehrfach gehört, nur ‑ "es ist eben nicht auf den Knopf gedrückt worden". |
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7. Februar |
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Versammlung Eiserne Front, O. Wels [20]: Ein Stacheldraht von Verboten, Strafandrohungen umgibt uns, wohin wir blicken. Die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte, Freiheit des Wortes und der Schrift, sind in einer nie dagewesenen Weise eingeengt. Wir erinnern an das alte Wort: Gestrenge Herren regieren nicht lange! Es sind nicht starke Regierungen, die die Gewalt zu ihrem Regierungsprinzip erheben. Es ist das Gefühl der Schwäche, das Gefühl der Ohnmacht, das aus all diesen drakonischen Strafbestimmungen spricht. Die Arbeiterschaft wird durch solche Bestimmungen nicht eingeschüchtert. Sie hat in anderen Zeiten den Kampf zu führen gewußt mit ihren ureigensten Mitteln und wird ihn führen in der Art, wie sie es für richtig hält. Disziplin und Geschlossenheit! Das ist es, was die Eiserne Front in ihrem Kampf für die Freiheit zusammenhält. Die Eiserne Front folgt ihren eigenen Parolen. Die Eiserne Front weiß, in diesem Sinne geht unser Kampf um die Einheit des erwerbstätigen Volkes. Vorwärts [21]: Berlin ist nicht Rom. Hitler ist nicht Mussolini. Berlin wird niemals die Hauptstadt eines Faschistenrechtes werden. Berlin bleibt rot! |
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Interview Wolf von Helldorff in Le Petit Journal, Anfang Februar 1933[22] |
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Frage: Sie scheinen die Erklärungen der Sozialdemokratie nicht ernst zu nehmen? Glauben sie, daß die sozialdemokratische Opposition eine platonische ist...? Antwort: Die Sozialdemokraten? Wann haben Sie sie schon handeln gesehen? Am 20. Juli, als ihre Preußenregierung davongejagt wurde? Und seitdem? Es sind gesetzte Leute. Trotz ihrer vielen Reden ist ihre Partei nicht wirklich gefährlich. Der Feind, den wir Vernichten müssen, das ist der Kommunismus. Das ist eine lebenswichtige Frage. |
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Peter Graßmann, 13. Februar 1933 (Auszüge)[23] |
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Der Streik ist die letzte Maßnahme im wirtschaftlichen Kampf, anzuwenden nur, wenn alle anderen Mittel versagen. Und erst recht der Generalstreik [...] Der Generalstreik ist eine furchtbare Waffe nicht nur für den Gegner; ihn veranlassen und verantworten kann man nur, wenn es gar nicht mehr anders geht, wenn es sich um Leben und Sterben der Arbeiterklasse handelt. |
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Aufruf ADGB und Afa-Bund, 15 Februar 1933[24] |
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An die Mitglieder der Gewerkschaften! Zum sechstenmal innerhalb eines Jahres werdet Ihr an die Wahlurne gerufen. Bei allen diesen Wahlen stand die gleiche Frage zur Entscheidung, die Schicksalsfrage von der künftigen Gestalt des deutschen Staates, von dem Geist seiner Gesetzgebung und seiner Verwaltung. Soll die Staatsgewalt einer kleinen Herrenschicht, soll sie der Diktatur einer Partei, soll sie einer Einheitsfront der sozialen Reaktion überantwortet oder soll das Volk wieder souverän im Staate werden? Um diese Frage geht der erbitterte Kampf Er ist noch nicht entschieden, trotzdem seit langem schon die Staatsgewalt nicht mehr vom Volke ausgeht, sondern beim Reichspräsidenten und seinen Ratgebern konzentriert ist. Ihr habt bisher bei jeder Wahl Euren Gegnern innerhalb und außerhalb der Regierung Euren festen Willen entgegengestellt, die Souveränität des Volkes in vollem Umfange wiederzugewinnen. Ihr habt das Volksrecht gegen jegliches Diktaturgelüst verteidigt. Wirtschaftliche Not und politischer Terror haben Euren Freiheitswillen nicht gebrochen. Euer Kampf war nicht vergebens, wenn auch zur Zeit die soziale Reaktion im Sattel sitzt. Denn heute ist Euer rechtmäßiger Widerstand gegen jeglichen Umsturz der stärkste, der einzig wirksame Schutz der Verfassung und Eurer Rechte. Deutsche Arbeiter und Angestellte, Frauen und Männer! Ihr wißt, was auf dem Spiel steht. Ihr kennt die Geschichte der letzten vierzehn Jahre, Ihr habt nicht vergessen, wie sie wirklich gewesen ist. Ihr glaubt keine schwarzweißroten Märchen über den Marxismus. Ihr wißt, was Ihr der deutschen Arbeiterbewegung zu verdanken habt. Erst als die Staatsgewalt vom Volke ausging, erst im November 1918, wurde die Schmach des Dreiklassen-Wahlrechts ausgelöscht. Erst damals wurden die letzten Schranken der Koalitionsfreiheit niedergerissen. Erst damals wurde das Sklavenrecht der Landarbeiter, die Gesindeordnungen, beseitigt. Erst seit jenen Tagen wurde der Bau der deutschen Sozialpolitik zum Bollwerk der inneren Freiheit unseres Volkes. Erst damals wurde das deutsche Arbeitsrecht zu der Brücke zwischen Arbeiterbewegung und Nation, an deren Grundpfeilern Eure Feinde heute rütteln. Gewerkschaftsmitglieder! Die Staatsgewalt darf nicht jenen Mächten und politischen Gruppen ausgeliefert werden, die ihre Willkür an Stelle Eures rechtschöpferischen Willens setzen wollen. So unabsehbar die wirtschaftliche Not ist, Ihr habt noch viel zu verlieren. Schützt Euer Recht! Verteidigt am 5. März das neue Deutschland gegen den Generalangriff seiner inneren Feinde. Ihr wißt in welcher Front Ihr diesen Freiheitskampf führt. Ihr wißt, wem Ihr Eure Stimme zu geben habt. Eure Entscheidung wird fallen für Volksherrschaft gegen Diktatur, für ein freies, sozialistisches Deutschland! Die Bundesvorstände des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Allgemeinen freien Angestelltenbundes. |
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Verordnung Hermann Göring, 17. Februar 1933[25] |
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Ich glaube, mir einen besonderen Hinweis darauf ersparen zu können, daß die Polizei auch nur den Anschein einer feindseligen Haltung oder gar den Eindruck einer Verfolgung gegenüber nationalen Verbänden (SA, SS und Stahlhelm) und nationalen Parteien unter allen Umständen zu vermeiden hat. Ich erwarte vielmehr von sämtlichen Polizeibehörden, daß sie zu den genannten Organisationen, in deren Kreisen die wichtigsten staatsaufbauenden Kräfte enthalten sind, das beste Einvernehmen herstellen und unterhalten. Darüber hinaus sind jede Betätigung für nationale Zwecke und die nationale Propaganda mit allen Kräften zu unterstützen. Von polizeilichen Beschränkungen und Auflagen darf insoweit nur in dringendsten Fällen Gebrauch gemacht werden. Dafür ist dem Treiben staatsfeindlicher Organisationen mit den schärfsten Mitteln entgegenzutreten. Gegen kommunistische Terrorakte und Überfälle ist mit aller Strenge vorzugehen und, wenn nötig, rücksichtslos von der Waffe Gebrauch zu machen. Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schußwaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schußwaffengebrauchs von mir gedeckt; wer hingegen in falscher Rücksichtsnahme versagt, hat dienststrafrechtliche Folgen zu gewärtigen. Der Schutz der immer wieder in ihrer Betätigung eingeengten nationalen Bevölkerung erfordert die schärfste Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen gegen verbotene Demonstrationen, unerlaubte Versammlungen, Plünderungen, Aufforderung zum Hoch- und Landesverrat, Massenstreik, Aufruhr, Pressedelikte und das sonstige strafbare Treiben der Ordnungsstörer. Jeder Beamte hat sich stets vor Augen zu halten, daß die Unterlassung einer Maßnahme schwerer wiegt als begangene Fehler in der Ausübung. Ich erwarte und hoffe, daß alle Beamten sich mit mir eins fühlen in dem Ziele, durch die Stärkung und Zusammenfassung aller nationalen Kräfte unser Vaterland vor dem drohenden Verfall zu retten. |
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Aussage Hjalmar Schacht (Auszüge)[26] |
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Justice Jackson: Nun, bei dieser Zusammenkunft, auf die Sie sich beziehen ‑ es ist Beweisstück D‑203, das Protokoll der Zusammenkunft ‑, hat Göring im wesentlichen folgendes gesagt, nicht wahr?: "Das erbetene Opfer würde der Industrie sicherlich um so leichter fallen, wenn sie wüßte, daß die Wahl am 5. März die letzte sicherlich innerhalb zehn Jahren, voraussichtlich aber in hundert Jahren sei." Sie hörten das, nicht wahr? Schacht: Ja. |
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Tagebuch Joseph Goebbels (Auszüge)[27] |
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20. Februar 1933. [...] Abends rede ich wieder in den überfüllten Tennishallen. Jetzt ist es eine wahre Lust, Versammlungen abzuhalten. Man hat wieder ein Thema, man hat Begeisterung, Schwung und Hingabe an die Sache, man hat ein Publikum, das mitgeht, man darf reden, wie es einem ums Herz ist, und braucht den Gegner nicht zu schonen. wir treiben für die Wahl eine ganz große Summe auf, die uns mit einem Schlage aller Geldsorgen enthebt. Ich alarmiere gleich den ganzen Propagandaapparat, und eine Stunde später schon knattern die Rotationsmaschinen. Jetzt werden wir auf Höchsttouren aufdrehen. wenn keine außergewöhnliche Panne mehr unterläuft, dann haben wir bereits auf der ganzen Linie gewonnen. |
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28. Februar |
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(Text der Verordnung: ►.) : Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen. |
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4. März 1933 Gewerkschaftszeitung, über die Sitzung des Bundesausschusses des ADGB, 28. Februar 1933 (Auszüge)[28] |
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Die Aussprache ergab volle Übereinstimmung über die vom Bundesvorstand in der letzten Zeit befolgte Politik. Die jüngsten Ereignisse, der Brand im Reichstag und seine politischen Folgen, wurden in ihrer weittragenden Bedeutung gewürdigt. Die Vertreter der Gewerkschaften sprachen ihren Abscheu und ihre Entrüstung über die Brandstifter aus. Die Gewerkschaften nehmen die deutsche organisierte Arbeiterschaft entschieden in Schutz gegen den Verdacht, daß einer aus ihren Reihen zu den Anstiftern des Attentats gehöre. Sie erblicken in der Brandstiftung nicht nur einen Anschlag gegen den Sitz des Parlaments, sondern einen Angriff gegen den Parlamentarismus überhaupt. Die deutschen Gewerkschaften und ihre Mitglieder gehören zu den treuesten Hütern der Demokratie und der parlamentarischen Ordnung. Sic verwerfen Terrorakte jeglicher Art auf das entschiedenste und sie sind auch in dieser Auffassung der Gefolgschaft der Arbeiter und Arbeiterinnen gewiß. Die Verbandsvertreter sind sich bewußt, daß die gegenwärtige politische Situation an die Schulung und erprobte Disziplin der Arbeiterschaft unerhörte Anforderungen stellt. Die deutschen Arbeiter werden aber ebenso, wie es die Pflicht der Verbandsleitungen ist, auch unter den heutigen schweren Verhältnissen kühles Blut bewahren und sich nicht von ihrem rechtmäßigen Kampf gegen alle Gefahren für die verfassungsmäßigen Freiheiten abdrängen lassen. |
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[1]. Article rédigé durant la deuxième moitié de décembre 1932.
http://www.kommunisten-online.de/historie/sozialfaschismus.htm.
E. Kolb: Umbrüche deutscher Geschichte 1866/71, 1918/19, 1929/33, S. 367 (Bibliographie ►)
R. Hilferding (Hg.): Die Gesellschaft - Jahrgang 1933 - Heft 1, (Bibliographie ►)
[2]. http://www.digam.net/dokument.php?ID=3708.
[3]. D. Kahn: Die Steuerung der Wirtschaft durch Recht im nationalsozialistischen Deutschland - das Beispiel der Reichsgruppe Industrie, S. 67 (Bibliographie ►)
http://www.digam.net/dokument.php?ID=3708.
[4]. J. Goebbels: Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern vom 1. Januar 1932 bis zum 1. Mai 1933, S. 235 f. (Bibliographie ►)
http://www.digam.net/dokument.php?ID=3709.
[6]. http://www.digam.net/dokument.php?ID=3712.
http://www.digam.net/expo/grossindustrie/ksg45.pdf
[7]. K. Drobisch, G. Wieland: System der NS-Konzentrationslager - 1933‑1939, S. 22 (Bibliographie ►).
[8]. http://www.glasnost.de/hist/ns/19330130protokoll.html.
H. Michaelis, E. Schraepler (Hg.): Ursachen und Folgen - Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart - Band 9 - Das dritte Reich - Die Zertrümmerung des Parteienstaates und die Grundlegung der Diktatur, S. 5 (Bibliographie ►).
[9]. http://www.teachsam.de/geschichte/ges_deu_ns_33-45/ns_33-34/ns_machtueb/quel/machtueb_quell_2.htm
http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/chronik/band2/e235f1027.html.
IML beim ZK der SED (Hg.): Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Band 5 - Von Januar 1933 bis Mai 1945, (Bibliographie ►).
[10]. http://geschichte.verdi.de/stichworte/1933/0130.
ADGB (Hg.): Gewerkschafts-Zeitung - Jahrgang 43 (1933) , S. 65 (Bibliographie ►).
http://www.sassenbach-gesellschaft.de/app/download/6155783986/Heft+1+-+Theodor+Leipart.pdf?t=1339244402
[11]. W. Ruge, W. Schumann (Hg.): Dokumente zur deutschen Geschichte - Band 8 - 1929‑1933, (Bibliographie ►).
http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/chronik/band2/e235f1027.html
[12]. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12156
Blätter für deutsche und internationale Politik - Band 27 - Ausgaben 1‑4, (Bibliographie ►)
[13]. ADGB (Hg.): Gewerkschafts-Zeitung - Jahrgang 43 (1933), (Bibliographie ►)
http://geschichte.verdi.de/stichworte/1933/0131/data/sitzung_adgb_31_01_33.pdf
http://www.sassenbach-gesellschaft.de/app/download/6155783986/Heft+1+-+Theodor+Leipart.pdf?t=1339244402
[14]. H. Hauptmann (Hg.): Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Nürnberg - Von der Errichtung der Diktatur bis zur Kapitulation des faschistischen Deutschland 1933‑1945, (Bibliographie ►)
[15]. http://www.kommunisten-online.de/historie/sozialfaschismus.htm.
http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/chronik/band2/e235f1029.html
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[17]. http://der-fuehrer.org/reden/deutsch/33-2-1.htm.
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