Deutschland 1918‑1939

Januar-Februar 1920

Geschrieben:
Januar 2013


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1920 (Januar-Februar)

 

13. Januar

 

Berlin, Verordnung "betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Reichsgebiete mit Ausnahme von Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden und der von ihnen umschlossenen Gebiete nötigen Maßnahmen": (Cf. le texte .)

Jede Betätigung durch Wort, Schrift oder andere Maßnahmen, die darauf gerichtet ist, lebenswichtige Betriebe zu Stillegung zu bringen, wird verboten.

Als lebenswichtige Betriebe gelten die öffentlichen Verkehrsmittel sowie alle Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Gas, Wasser, Elektrizität und Kohle.

 

 

Artikel Essener Arbeiter-Zeitung , nach den Berliner Ereignissen vom 13. Januar 1920 (Auszüge)[1]:

 

Im Ruhrrevier ziehen sich schwere Wetterwolken zusammen. Kommen sie zur Entladung, so ist es um unsere Wirtschaft geschehen; dann steht unsere ganze Lebensmöglichkeit als Industrievolk auf dem Spiel. Den Spartakisten, Syndikalisten und den Unabhängigen, die seit ihrem Leipziger Parteitag aufgehört haben, Sozialdemokraten zu sein, geht's ums Ganze. Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand, und wenn auch dabei die ganze Wirtschaft in Trümmer geht. Sie suchen durch die uferlosesten Forderungen die Leidenschaft der Massen aufzustacheln und glauben dadurch die alten Bergarbeiterorganisationen zu sprengen, die ihnen in ihrem Bestreben hinderlich sind... Die wirtschaftliche Auswirkung phantastischer Forderungen macht den Zusammenbruchstrategen keine Kopfschmerzen. Sie wollen eben den Zusammenbruch, weil sie des Köhlerglaubens sind, daß er sie zur Herrschaft führt. Ihre Spekulation ist sehr einfach: Erst wird die Lebensmittel- und Rohstoffversorgung erschüttert durch die Eisenbahnerstreiks. Dadurch kommen Zehntausende von Fabriken, ferner die Licht- und Kraftwerke zum Stillstand. Die dadurch herbeigeführte Arbeitslosigkeit und der Hunger radikalisieren die Arbeitermassen und erzeugen eine solche Verzweiflungsstimmung, daß die Arbeiter für jedes staatsstreichlerische Experiment reif werden. Diesem Präludium des Zusammenbruchs folgt der Zusammenbruch selbst durch die Kämpfe im Bergbau, die man willens ist, herbeizuführen. Lodert dann der Brand in allen Ecken des Reiches auf, so ist der Augenblick da, die Regierung zu stürzen und die Rätediktatur einzuführen. Der Kampf gegen den bolschewistischen Wahnsinn wird im Ruhrrevier ausgefochten, das die Kommunisten und ihre unabhängigen Helfershelfer als den wichtigsten Kampfboden ausersehen, von der zutreffenden Erkenntnis ausgehend, daß das Ruhrrevier die Herzkammer des Deutschen Reiches ist.

 

 

20. Januar

 

Ruhr, Unterredung Hugenberg-Schlicke [2].

Hugenberg:

er habe den Eindruck, daß die Bergarbeiterführer wohl genügend Einsicht besäßen, die Situation zu durchschauen, und daß es ihnen seiner Ansicht nach letzten Endes nur erwünscht sein könnte, wenn sie durch eine feste, unzweideutige Haltung der Regierung in ihrer Aufgabe erleichtert würden, den Bergarbeitermassen begreiflich zu machen, daß ihre Forderungen unannehmbar seien.

A. Schlicke:

Wenn zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern keine Einigung zu erzielen sei, so werde in dieser Frage die Regierung mit den Arbeitgebern zusammengehen.

Schlicke:

die Regierung werde unter allen Umständen festbleiben, das übrige müsse Noske machen.

 

 

23. Januar

 

Ruhr, Severing  [3]:

Eine Verkürzung der Arbeitszeit bedeute daher nichts anderes als den gänzlichen Zusammenbruch des Wirtschaftslebens. Dahin dürfte es die Regierung nicht kommen lassen, soweit sie die Macht habe, es zu verhindern. Sie hat nicht bloß die äußere Ruhe aufrecht zu erhalten, ihre Aufgabe besteht auch darin, das Wirtschaftsleben in Gang zu halten, gewaltsame Eingriffe in dasselbe könne und werde sie nicht dulden und dagegen alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Anwendung bringen, evtl. auch gegen die Gewerkschaften selbst. Er hoffte, daß die Gewerkschaftsvertreter sich diesem unbeugsamen Entschluß der Regierung nicht widersetzten.

 

 

16. Februar

 

Ruhr, Bauer [4]:

daß die Bergarbeiter gewissermaßen sich zu Feinden des ganzen deutschen Volkes machen würden

 

Fußnoten



[1]. H. Spethmann: Zwölf Jahre Ruhrbergbau 1914‑1925 - Band 2, S. 57 (Bibliographie )

[2]. http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1980_2.pdf S. 179-180.

[3]. http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1980_2.pdf S. 180-181.

[4]. http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1980_2.pdf S. 188.