Deutschland 1918‑1939

15.‑30. November 1918

Geschrieben:
Januar 2013


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1918 (15.‑30. November)

 

Verlautbarung des Vollzugsrats, 15. November 1918[1]

 

Um eine einheitliche Regelung der Demobilisierung durchführen zu können, ist eine Neuordnung der Kommandoverhältisse notwendig.

Die stellvertretenden Generalkommandos, der Generalstab und die Oberste Heeresleitung werden von jetzt ab dem Kriegsminister unterstellt.

Dessen Weisungen haben alle militärischen Kommandobehörden Folge zu leisten. Das Kriegsministerium sowie alle Reichsbehörden unterstehen der Kontrolle des Vollzugsrates des Arbeiter- und Soldatenrates.

Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates

Molkenbuhr, Rich. Müller

 

 

Vereinbarung zwischen den großen Arbeitgeberverbände und den Gewerkschaften der Arbeitnehmer, 15. November 1918[2]

 

Die großen Arbeitgeberverbände vereinbaren mit den Gewerkschaften der Arbeitnehmer das Folgende:

1. Die Gewerkschaften werden als berufene Vertretung der Arbeiterschaft anerkannt.

2. Eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Arbeiter und Arbeiterinnen ist unzulässig.

3. Die Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände werden die Werkvereine (die sogenannten wirtschaftsfriedlichen Vereine) fortab vollkommen sich selbst überlassen und sie weder mittelbar noch unmittelbar unterstützen.

4. Sämtliche aus dem Heeresdienst zurückkehrenden Arbeitnehmer haben Anspruch darauf, in die Arbeitsstelle sofort nach Meldung wieder einzutreten, die sie vor dem Kriege inne hatten. Die beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände werden dahin wirken, daß durch Beschaffung von Rohstoffen und Arbeitsaufträgen diese Verpflichtung in vollem Umfang durchgeführt werden kann.

5. Gemeinsame Regelung und paritätische Verwaltung des Arbeitsnachweises.

6. Die Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sind entsprechend den Verhältnissen des betreffenden Gewerbes durch Kollektivvereinbarungen mit den Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer festzusetzen. Die Verhandlungen hierüber sind ohne Verzug aufzunehmen und schleunigst zum Abschluß zu bringen.

7. Für jeden Betrieb mit einer Arbeiterschaft von mindestens 50 Beschäftigten ist ein Arbeiterausschuß einzusetzen, der diese zu vertreten und in Gemeinschaft mit dem Betriebsunternehmer darüber zu wachen hat, daß die Verhältnisse des Betriebes nach Maßgabe der Kollektivvereinbarung geregelt werden.

8. In den Kollektivvereinbarungen sind Schlichtungsausschüsse resp. Einigungsämter vorzusehen, bestehend aus der gleichen Anzahl von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern.

9. Das Höchstmaß der täglichen regelmäßigen Arbeitszeit wird für alle Betriebe auf 8 Stunden festgesetzt. Verdienstschmälerungen aus Anlaß dieser Verkürzung der Arbeitszeit dürfen nicht stattfinden.

10. Zur Durchführung dieser Vereinbarungen sowie zur Regelung der zur Demobilisierung, zur Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens und zur Sicherung der Existenzmöglichkeit der Arbeitnehmerschaft, insbesondere der schwer Kriegsbeschädigten, zu treffenden weiteren Maßnahmen wird von den beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen ein Zentralausschuß auf paritätischer Grundlage mit beruflich gegliedertem Unterbau errichtet.

11. Dem Zentralausschuß obliegt ferner die Entscheidung grundsätzlicher Fragen, soweit sich solche namentlich bei der kollektiven Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse ergeben, sowie die Schlichtung von Streitigkeiten, die mehrere Berufsgruppen zugleich betreffen. Seine Entscheidungen haben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindliche Geltung, wenn sie nicht innerhalb einer Woche von einem der in Frage kommenden beiderseitigen Berufsverbände angefochten werden.

12. Diese Vereinbarungen treten am Tage der Unterzeichnung in Kraft und gelten vorbehaltlich anderweiter gesetzlicher Regelung bis auf weiteres mit einer gegenseitigen dreimonatigen Kündigung. Diese Vereinbarung soll sinngemäß auch für das Verhältnis zwischen den Arbeitgeberverbänden und den Angestelltenverbänden gelten.

Berlin, den 15. November 1918

 Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.

Gesamtverband deutscher Metall-Industrieller.

Arbeitgeberverband für den Bezirk der nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller.

Zechenverband.

Verband deutscher Waggonfabrikanten.

Arbeitgeberverband der deutschen Textilindustrie.

Berliner Arbeitgeberverband der chemischen Industrie.

Arbeitgeberverband der deutschen Papier-, Pappen-, Zellstoff- und Holzstoffindustrie.

Reichsverband der deutschen Klavierindustrie und verwandter Berufe.

Deutscher Arbeitgeberverband für das Baugewerbe.

Arbeitgeberschutzverband deutscher Schlossereien und verwandter Gewerbe.

Bund der Arbeitgeberverbände Berlins.

Zentralverband deutscher Arbeitgeber in den Transport-, Handels- und Verkehrsgewerben.

Schutzverband deutscher Steindruckereibesitzer.

Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein, Kattowitz.

Verein deutscher Eisen- und Stahlindustrieller, Hauptvorstand Berlin.

Verein deutscher Eisen- und Stahlindustrieller, östliche Gruppe, Kattowitz.

Zentralverband der deutschen elektrotechnischen Industrie.

Arbeitgeberschutzverband für das deutsche Holzgewerbe.

Arbeitgeberverband im Rohrlegergewerbe.

Allgemeiner deutscher Arbeitgeberschutzverband für das Bäckergewerbe.

Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands.

Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands.

Verband der deutschen Gewerkvereine (H.D.).

Polnische Berufsvereinigung.

Arbeitsgemeinschaft der kaufmännischen Verbände.

Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände.

Arbeitsgemeinschaft der technischen Verbände.

Dr. Sorge, Hilger, Hugo Stinnes zugleich für Beukenberg, Hugenberg, Vögler, Springorum, von Raumer zugleich für A. von Rieppel, Dieterich, Paul Mengers, Dr. Emil Laufen, C. A. Siemens, Rathenau, E von Borsig, Direktor Albert Müller, Heinrich, Ernst Purschien, Peuker.

C. Legien, A. Stegerwald, Gustav Hartmann, Hugo Sommer, Dr. A. Timmann, Dr. Höhle, Paul Wettermeyer. Dr. Tänzler in Vollmacht für Kommerzienrat Avellis, Schrey, Lammers.

Diesen Vertrag veröffentlichen wir mit dem Ersuchen an die Leiter der Reichsbetriebe, seine Bestimmungen in den von ihnen geleiteten Betrieben zu beachten. Den Leitern der Landes- und kommunalen Betriebe wird das Gleiche empfohlen.

Der Rat der Volksbeauftragten.

Ebert.

Haase.

 

 

 

Provisorische Statuten der Arbeitsgemeinschaft von den Organisationen der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, 4. Dezember 1918 (Auszüge) [3]

 

Durchdrungen von der Erkenntnis und der Verantwortung, daß die Wiederaufrichtung unserer Volkswirtschaft die Zusammenfassung aller wirtschaftlichen und geistigen Kräfte und allseitiges einträchtiges Zusammenarbeiten verlangt, schließen sich die Organisationen der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen.

§ 1

Die Arbeitsgemeinschaft bezweckt die gemeinsame Lösung aller die Industrie und das Gewerbe Deutschlands berührenden wirtschaftlichen und sozialen Fragen sowie aller sie betreffenden Gesetzgebungs- und Verwaltungs-Angelegenheiten.

§ 2

Die Organe der Arbeitsgemeinschaft sind:

1. der Zentralvorstand und der Zentralausschuß,

2. die Fachgruppen mit Gruppenvorstand und Gruppenausschuß,

3. die Untergruppen mit Untergruppen-Vorstand und Untergruppen-Ausschuß.

§ 3

Sämtliche Organe werden paritätisch aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern gebildet, die beiderseits in getrennter Abstimmung gewählt werden. [ ... ]

§ 4

Für jeden selbständigen Industrie- und Gewerbezweig kann eine Fachgruppe gebildet werden.

Die Fachgruppe ist die zentrale Arbeitsgemeinschaft der organisierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Industrie- oder Gewerbezweiges. Ihre Aufgabe besteht in der selbständigen Regelung der ihren Industrie- oder Gewerbezweig betreffenden Fachfragen und zwar unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Zentralvorstandes und des Zentralausschusses. [ .. ,]

§ 5

Innerhalb der Fachgruppen können auf sonderfachlicher, bezirklicher oder örtlicher Grundlage Untergruppen gebildet werden.

Die Untergruppe ist die Arbeitsgemeinschaft der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des industriellen oder gewerblichen Sonderzweiges oder des örtlich abgegrenzten Industriegebiets. [ ... ]

§ 6

Die Organe der Fachgruppen und Untergruppen werden durch die beiderseitigen Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewählt, wobei für eine Vertretung der Minderheit Sorge zu tragen ist.

§ 7

Der Zentralausschuß ist die Arbeitsgemeinschaft der organisierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer der gesamten Industrie und des gesamten Gewerbes Deutschlands.

Seine Aufgabe besteht in der Beratung und Regelung aller derjenigen Fragen, die sämtlichen Fachgruppen, also der gesamten Industrie und dem gesamten Gewerbe Deutschlands, gemeinsam sind, sowie derjenigen Fragen, die über den Bereich einer einzelnen Fachgruppe hinausgehen .[...]

§ 8

Der Zentralvorstand besteht aus je zwölf (12) Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die von dem Zentralausschuß aus seiner Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit zunächst für drei Jahre gewählt werden. Wahl durch Zuruf zulässig. Je drei dieser Vertreter müssen den Zentralstellen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände angehören.

Für jeden Vertreter ist ein Stellvertreter zu wählen.

Der Zentralvorstand vertritt die Arbeitsgemeinschaft nach außen. Er führt die Beschlüsse des Zentralausschusses aus und ist zur Auslegung von Kollektivverträgen und zur Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten berufen, soweit dies in den Kollektivvereinbarungen vorgesehen ist. Er entscheidet über die Aufnahme weiterer Organisationen. Er verwaltet die Mittel der Arbeitsgemeinschaft und stellt ihre Beamten an. [...]

Für die Richtigkeit:

         gez. Ernst von Borsig             gez. Legien

 

 

 

Bekanntmachung des Vollzugsrats, 15. November 1918[4]

 

Die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen für alle in den Betrieben Groß-Berlins beschäftigten Personen ist Aufgabe der freien Gewerkschaften. Der Ausschuß der Gewerkschaftskommission Berlins und der Umgebung wird ermächtigt, sämtliche erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates

gez. Molkenbuhr, Rich. Müller

 

 

 

Bekanntmachung des Vollzugsrats, 16. November 1918[5]

 

Die verschiedenen Bekanntmachungen der Reichsregierung und anderer Behörden, auch die Bekanntmachung der Gewerkschaftskommission von Berlin sind geeignet, Mißverständnisse über die Rechte der Arbeiterausschüsse bzw. -Räte aufkommen zu lassen. Die Unternehmer betrachten die Arbeiterausschüsse bereits als aufgelöst und weigern sich, diesen die Kontrolle über den Betrieb einzuräumen.

Demgegenüber erklärt der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldaten-Rates folgendes: Bis zur endgültigen Neuwahl der Fabrikarbeiterräte, die unter Aufsicht der Gewerkschaften vorgenommen wird, bleiben die bestehenden Arbeitsausschüsse in Kraft. Diesen Ausschüssen steht das Kontroll- und Mitbestimmungsrecht über alle aus dem Produktionsprozeß entstehenden Fragen zu.

Der Vollzugsrat.

 

 

Philipp Scheidemann, 18. November 1918[6]

 

Extraits d'un article paru dans le Vorwärts, 18 novembre 1918:

Kein politisches und kein wirtschaftliches Gedeihen ohne Nationalversammlung: das muß die Parole für die Reichsleitung sein.

"nach außen wieder verhandlungsfähig, nach innen wieder geschäftsfähig"

 

 

Vereinbarung zwischen dem Rat der Volksbeauftragten und dem Volzugsrat, 22. November 1918[7]

 

Die Revolution hat ein neues Staatsrecht geschaffen. Für die erste Übergangszeit findet der neue Rechtszustand seinen Ausdruck in nachstehender Vereinbarung zwischen dem Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrats von Groß-Berlin und dem Rat der Volksbeauftragten:

1.   Die politische Gewalt liegt in den Händen der Arbeiter- und Soldatenräte der deutschen sozialistischen Republik. Ihre Aufgabe ist es, die Errungenschaften der Revolution zu behaupten und auszubauen, sowie die Gegenrevolution niederzuhalten.

2.   Bis eine Delegiertenversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte einen Vollzugsrat der deutschen Republik gewählt hat, übt der Berliner Vollzugsrat die Funktionen der Arbeiter- und Soldatenräte der deutschen Republik im Einverständnis mit den Arbeiter- und Soldatenräten von Groß-Berlin aus.

3.   Die Bestellung des Ratender Volksbeauftragten durch den Arbeiter- und Soldatenrat von Groß-Berlin bedeutet die Übertragung der Exekutive der Republik..

4.   Die Berufung und Abberufung der Mitglieder des entscheidenden Kabinetts der Republik und - bis zur endgültigen Regelung der staatlichen Verhältnisse - auch Preußens erfolgt durch den zentralen Vollzugsrat, dem auch das Recht der Kontrolle zusteht.

5.   Vor der Berufung der Fachminister durch das Kabinett ist der Vollzugsrat zu hören.

Sobald als möglich wird eine Reichsversammlung von Delegierten der Arbeiter- und Soldatenräte zusammentreten. Der Termin wird noch bekanntgegeben werden.

Im Anschluß an diese Vereinbarung, die das grundsätzliche Verhältnis der Arbeiter- und Soldatenräte zur Reichsregierung festsetzt, sollen, alsbald Richtlinien für die Arbeiter- und Soldatenräte herausgegeben werden.

 

 

 

Bekanntmachung des Volzugsrats, 23. November 1918)[8]

 

An die Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands!

Der Vollzugsrat des Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenrats hat nach Verständigung mit den Volksbeauftragten des Reichs und Preußens diesen die exekutive Regierungsgewalt übertragen. Er hat sich aber das weitestgehende Kontrollrecht über die Regierung vorbehalten.

Die Regierung kann ihre Verwaltungsaufgaben nur dann erfüllen, wenn ihre Maßnahmen nicht durch Eingriffe lokaler Arbeiter- und Soldatenräte durchkreuzt werden. Diese Arbeiter- und Soldatenräte haben in ihrem Tätigkeitsgebiet gleichfalls das volle Kontrollrecht; sie haben dafür zu sorgen, daß die revolutionären Errungenschaften gesichert und ausgebaut werden. Sie haben sich aber im allgemeinen jedes direkten Eingriffes in die Verwaltung zu enthalten. In der letzten Zeit haben Arbeiter- und Soldatenräte aus rein lokalen Gesichtspunkten heraus selbständige Verfügungen in Angelegenheiten des Ernährungswesens und der Rohstoffversorgung usw. getroffen. Dadurch werden aber die Maßnahmen der Regierung wirkungslos gemacht. Die Regierung hat unter allen Umständen dafür zu sorgen, daß der Verkehr (Eisenbahn usw.) für das ganze Reich einheitlich geregelt wird, die Ernährung und die Rohstoffversorgung für das ganze deutsche Volk gesichert werden, und das um so mehr, als die Demobilisierung an den ganzen Verwaltungsapparat ungeheure Anforderungen stellt.

Wir bitten daher die örtlichen Arbeiter- und Soldatenräte des Reiches, im Interesse der Gesamtheit folgende Richtlinien beachte zu wollen:

1.   Wo sich die Behörden in den Dienst des neuen Regimes gestellt haben, ist die Führung der Geschäfte im engeren Sinne ihnen möglichst zu überlassen. Nur die für den Geist des Ganzen entscheidenden Stellen sind, im Einverständnis mit der revolutionären Bewegung, neu zu besetzen, wenn eine scharfe Kontrolle nicht ausreichend erscheint. Im übrigen ist eine laufende wachsame Kontrolle, verständig ausgeübt, einzurichten. Alle störenden Eingriffe in die Verwaltung müssen unterbleiben.

2.   Verhaftungen dürfen nur in dringenden Fällen unter Verständigung mit den dafür maßgebenden Stellen erfolgen, soweit es nicht um Festnahmen im gewöhnlichen Ordnungs- und Sicherheitsdienst handelt.

3.    Beschlagnahmen irgendwelcher Art (Lebensmittel, Rohstoffe, Kohlen, Gelder) dürfen nur im Einverständnis mit den maßgebenden Stellen erfolgen. Eine Beschlagnahme von Lebensmitteln oder lagernden Vorräten, die für Kommunalverbände und sonstige öffentliche Körperschaften anderer Orte oder für das Heer bestimmt sind, darf unter keinen Umständen erfolgen.

4.   Eine Beschlagnahme öffentlicher Kassen, die im Einverständnis mit der Regierung des Reiches oder der Einzelstaaten von den Gemeindeverwaltungen oder sonstigen öffentlichen Körperschaften verwaltet werden, ist absolut unzulässig, ebenso jeder willkürliche Eingriff in Bankdepots.

5.   Alle Eingriffe in den Schiffahrts-, Eisenbahn- und Postverkehr müssen absolut unterbleiben.

[...]

Berlin, den 23. November 1918

Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin, Richard Müller, Brutus Molkenbuhr, Bergmann, Felix Bernhagen, Franz Büchel, Max Cohen, Ernst Däumig, Heinrich Denecke, Paul Eckert, Ch. Gelberg, Gierth, Gustav Heller, Ernst Jülich, Georg Ledebour, Max Maynz, Ernst Neviandt, Hermann Müller, Paul Neuendorf, Obuch, Hans Paasche, Walter Portner, Colin Roß, Oskar Rusch, Otto Strobel, Friedrich Trippe, Walz, Paul Wegmann

Die Delegierten Badens: Krayer, Baer

Der Delegierte Bayerns: Hädrich

 

 

 

Richtlinien des Vollzugsrats, 23. November 1918[9]

 

Für die Wahrnehmung der politischen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter und Angestellten wird innerhalb des Betriebes ein Betriebsrat gewählt. [...]

Aufgaben der Betriebsräte

Die Betriebsräte haben die Aufgabe, gemeinsam mit den Betriebsleitungen bzw. der Direktion alle die Arbeiter und Angestellten betreffenden Fragen zu regeln. Sie entsenden zu diesem Zweck einige ihrer Mitglieder, ohne deren Zustimmung die Betriebsleitung bzw. die Direktion in den vorerwähnten Fragen keine Beschlüsse fassen kann. Alle anderen Fragen unterstehen nicht dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte.

Gemeinsame Aufgaben der Betriebsräte und Gewerkschaften

Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter und Angestellten haben sich die Betriebsräte mit den freien Gewerkschaften zu verständigen. Die Betriebsräte können Verhandlungen mit der Betriebsleitung bzw. Direktion aufnehmen. Den Gewerkschaften ist über diese Verhandlung rechtzeitig und laufend Bericht zu erstatten. Führen die Verhandlungen der Betriebsräte mit der Betriebsleitung bzw. Direktion zu Differenzen, so müssen, bevor die Arbeiterschaft weitere Schritte unternimmt, die Gewerkschaften zugezogen werden.

Die Gewerkschaften müssen auch ihrerseits die Initiative zur Regelung allgemeiner Berufsfragen ergreifen. Sie unterstehen der Kontrolle des Vollzugsrates der A.- und S-Räte Groß-Berlin.

Allgemeine Richtlinien

Die Sozialisierung der Betriebe darf nur von der sozialistischen Regierung systematisch und organisch in Berücksichtigung der gesamten inneren und außenpolitischen Verhältnisse vorgenommen werden.

Die Frage der Akkordarbeit kann im gegenwärtigen Augenblick grundsätzlich nicht geregelt werden, sie muß vielmehr bis zum Wiederaufbau eines geregelten Wirtschaftslebens zurückgestellt werden.

Zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit dürfen Entlassungen nicht erfolgen, bevor die Arbeitszeit bis zu 4 Stunden herabgesetzt ist. Der Lohnausfall wird durch die Arbeitslosenfürsorge geregelt. Die bisher gewählten Betriebsräte und Arbeiterausschüsse üben ihre Tätigkeit bis zur erfolgten Neuwahl der Betriebsräte aus. Bestimmungen über Vornahme der Wahlen werden demnächst bekanntgegeben. Desgleichen auch die Bestimmungen zur Vornahme der Wahl der Arbeiterräte.

Der Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte Groß-Berlins

[Richard Müller] [Molkenbuhr]

 

 

24. November

 

Paul Lobe, Vorsitzender der schlesischen SPD [10]:

Brächte ein Putsch die Spartakusgruppe in Berlin an die Macht, so müßten wir uns eben selbständig machen.

 

Fußnoten



[1]G. A. Ritter, S. Miller (Hg.): Die Deutsche Revolution 1918‑1919, (Bibliographie ).

Engel_etc_Bd1_2 S. 64-65 (Bibliographie ).

[2]G. A. Ritter, S. Miller (Hg.): Die Deutsche Revolution..., (Bibliographie ).

http://www.digam.net/dokument.php?ID=2410,

http://www.stmuk.bayern.de/blz/web/100081/07.html.

[3]G. A. Ritter, S. Miller (Hg.): Die Deutsche Revolution..., S. 239-241 (Bibliographie ).

[4]G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1818/1919 - Band 1, S. 64. (Bibliographie ).

[5]G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte... - Band 1, S. 92-93. (Bibliographie ).

[6]G. A. Ritter, S. Miller (Hg.): Die Deutsche Revolution..., S. 366 (Bibliographie ).

G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte... - Band 1, S. 134 (Bibliographie ).

[7]G. A. Ritter, S. Miller (Hg.): Die Deutsche Revolution..., S. 119 (Bibliographie ).

G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte... - Band 1, S. 292. (Bibliographie ).

http://www.stmuk.bayern.de/blz/web/100081/02.html.

[8]G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte... - Band 1, S. 312. (Bibliographie ).

[9]G. Engel, B. Holtz, I. Materna (Hg.): Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte... - Band 1, S. 293. (Bibliographie ).

[10]G. Doose: Die separatistische Bewegung in Oberschlesien (1918‑1922), S 13 (Bibliographie ).